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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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ein Vakuum, über das man sich bei allem Leichtsinn manchmal trübe Gedanken gemacht hatte. Nun ja, man war in die Provinz verschlagen worden, aber immerhin, die Leere hatte sich gefüllt — mit dem Bild einer sympathischen kleinen Stadt, deren Straßen so angenehm nach Bier und frischem Mist rochen.
    Herr Xaver Pflanz musterte den jungen Mann, der da, den Hut mit der aufgeschlagenen Krempe so unternehmungslustig ins Genick geschoben, heranschlenderte und vor der Speisekarte vor dem gläsernen Aushang stehenblieb, unauffällig, aber mit dem sicheren Metzgerblick, der einen Schlachtochsen umfaßte, abwog und das Urteil über den Preis auch schon parat hatte: Ein bißl schlampig, nicht viel dahinter, no, wenn’s hoch kam, leistete er sich das Gulasch zu einsvierzig und eine Halbe Bier, — wahrscheinlich aber nur die abgebräunte Milzwurst zu einszwanzig.
    Den Aschenkegel seiner Zigarre behutsam balancierend trat der Pflanz einen kleinen Schritt näher: „Grüß Gott, der Herr, hab die Ehre, ergehmster Diener…“ Es klang liebenswürdig, aber völlig unverbindlich. Bitte sehr, hier wurde kein Gast mit dem Lasso eingefangen. Es kam etwas vom schönen Wetter hinterdrein, und die Erwähnung der Tatsache, daß die Rindsrouladen der Frau heute besonders gut gelungen seien. Aber sie wären eben nicht jedermanns Sache.
    Lothar Lockner gab den Gruß zurück. Es war nett, so an der Tür empfangen zu werden und einen kleinen Schwatz zu halten. Wo gab es das sonst noch außer in solch einem kleinen Nest?
    „Fremd hier, der Herr? Auf der Durchreise, wie? In Geschäften? Gute Vertretung wahrscheinlich... Schauns, das kriegt man in den Blick, ob einer mit Markenartikeln oder mit Glump reist.“
    Nett auch, daß einem hier so ein wenig auf den Zahn gefühlt wurde: „Fremd schon, aber immerhin seit vier Stunden in Aldenberg ansässig und polizeilich gemeldet...“
    „Da schau her! Gewissermaßen ein ganz junger Aldenberger!“
    Noch vor ein paar Stunden hätte er den Redakteur wie ein Reklameschild vor der Brust getragen. Er war inzwischen vorsichtiger geworden: „Nicht gerade Reisender in Markenartikeln...“
    „Da schau her! Richtig spannend machen Sie’s, Herr...“
    „Ich heiße Lockner, damit Sie es gleich wissen, denn ich werde in Zukunft oft bei Ihnen einkehren. Ihr Lokal ist mir besonders warm empfohlen worden...“
    „Da schau her! Empfohlen... Gut, sag ich! Das hört man gern. Und ich bin der Pflanz — einfach der Pflanz vom Lamm... Und von wem denn empfohlen, wenn man fragen darf?“
    „Von Herrn Lobmüller...“
    „Vom Alisi Lobmüller, dem alten Wamperling, von meinem guten Freund Alois Lobmüller... Da schau her! Ich sag’s ja immer: Freunde in der Not...“
    „Gehen tausend auf ein Lot!“ ergänzte Lockner und grinste den Lammwirt an. Der Pflanz schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn, so daß der sorgfältig gehütete Aschenkegel von der Zigarre abfiel und vor seinen Füßen zerstäubte. Er brach in ein herzliches Gelächter aus. „Da sehn’s, was man für einen Blödsinn daherredet, wenn der Tag lang ist. — Also vom Lobmüller empfohlen... hm, dann sind Sie vielleicht gar...“
    Lothar Lockner nickte ein wenig zaghaft: „...der neue Redakteur vom ,Aldenberger Anzeiger’, ja, der bin ich.“
    „Da schau her!“ sagte der Pflanz nun schon zum sechsten- oder siebtenmal und griff nach Lothar Lockners Arm, schwenkte ihn herum und führte ihn, als hätte er ihn soeben verhaftet, in das ebenerdige Lokal.
    „Resi, Kathi, Wally!“ brüllte er unbekümmert um die zehn oder zwölf Gäste, die sich bereits an den weiß gedeckten Tischen zum Essen niedergelassen hatten. Dieses Weibervolk! Dieses Personal! Wenn man nicht dauernd dahinter war und ihnen Dampf machte, dann standen sie herum, ratschten und ließen die Gäste verhungern und verdürsten. Er spielte Theater, die Rolle des überbürdeten Mannes, der schwer schuften und sich um alles kümmern mußte, wenn das Haus nicht verludern und vor die Hunde gehen sollte.
    Die Kellnerin stürzte mit der Abendkarte heran. Der Lammwirt drückte Lothar Lockner auf einen Stuhl am Honoratiorentisch, auf dem ein bronzegegossener Trompeter von Säckingen auf dem seidengestickten Tuch an seiner Fanfare verkündete, daß hier der Stammtisch sei.
    „Ich glaube, ich nehme ein Gulasch...“
    Der Pflanz blinzelte und bog in den Kneippsandalen, die er der Bequemlichkeit wegen daheim immer trug, die großen Zehen nach oben. Gulasch zu einsvierzig — no, was hatte

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