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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Sohle abzurollen.
    „Also, Herr Schmölz, was verschafft mir das Vergnügen?“ fragte Lothar Lockner und winkte den kleinen Mann näher an seinen Schreibtisch heran.
    „Es ist z’wegen dem“, sagte er mit einer tiefen Baßstimme und drehte den verbeulten Hut noch rascher zwischen seinen Knien, „daß ich heiraten möcht.“
    „Was Sie nicht sagen!“ rief Lothar Lockner überrascht; er schoß ein wenig nach vorn, hob die Augenbrauen und nickte Herrn Schmölz ermunternd zu.
    „Und es ist z’wegen dem, daß ich keine nicht kennen tu, de wo i heiraten kunnt“, fuhr Herr Schmölz fort und bemühte sich dabei, nach der Schrift zu sprechen, „und da hab i gmoant — i moan — da habe ich gemeint, Sie kunnten mir da ebbes schrieftlich aufsetzen...“ Er hob eine riesige Hand mit hornigen Fingern und schwarzen Nägelrändern und machte mit einem imaginären Halter zwischen den Fingern eine Bewegung, wie Kinder den Blitz zeichnen, ab und auf und ab und auf.
    „Ah, ich verstehe! Sie wollen eine Heiratsannonce aufgeben. Ist es nicht so, Herr Schmölz?“
    „Akkurat dees war’s!“ nickte Herr Schmölz, ließ die Hand sinken und lächelte Lothar Lockner aus seinem verhutzelten Gesicht verschämt an, während er sich mit dem rechten Daumennagel das Schwarze unter dem Nagel des linken Zeigefingers säuberte. Er drehte dabei den Oberkörper, als kitzle ihn jemand leicht in die Rippen. „Ich krieg nämlich, wenn ich verheiratet bin, vom Magischtrat eine Dienstwohnung!“
    „Da schau her!“ rief Lothar Lockner und winkte Herrn Schmölz gratulierend zu.
    „Als Hausmoaster!“ ergänzte Herr Schmölz; „aber ich krieg sie nur, wenn ich verheiratet bin, und schnell gehn müßt’s aa, weil sie sunst ein anderer kriegt, de Dienstwohnung...“
    „Ich verstehe vollkommen, Herr Schmölz, Ihnen pressiert’s, nicht wahr? — Und nun soll ich Ihnen wohl die Heiratsanzeige aufsetzen, wie? — Das ist klar, das ist einfach meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit einem alten Abonnenten gegenüber...“
    Er sah, daß Herr Schmölz sehr verlegen wurde. — „Oder wie? Sollten Sie etwa gar kein Bezieher unseres Blattes sein?“
    Herr Schmölz wand sich wie die ganze Laokoongruppe, er ließ den Hut plötzlich in der entgegengesetzten Richtung kreisen: „Mei’, Herr Redakteur, i bin Junggesell, net wahr — aber meine Hausleut, bei denen ich wohnen tu, die halten den „Anzeiger’ — und ich spitz halt am Abend ein wenig mit hinein...“ Er hob drei riesige Finger zum Schwur: „Aber wenn ich verheiratet bin, dees schwör i Eahna...“
    „Schon gut, Herr Schmölz, schon gut“, sagte Lothar Lockner mild, „bei mir werden auch die zukünftigen Bezieher reell bedient. Also fangen wir an!“ — Er setzte sich an die Maschine und spannte ein Blatt ein: „Sie sind von Beruf?“
    „Straßenkehrer...“
    „Wissen Sie, da schreiben wir besser: Städtischer Angestellter, nicht wahr?“
    Herr Schmölz sah Lothar Lockner mit einem bewundernden Blick an; nie im Leben wäre er auf diese elegante Wendung gekommen.
    „Wie alt sind Sie, Herr Schmölz?“
    „Fünfundvierzig...“
    Lothar Lockner sah ihm prüfend ins Gesicht: „Da schreiben wir also fünfundvierzig — und wie groß? — einszweiundfünfzig? — da tun wir ein paar Zentimeter dazu, sagen wir mal: einsachtundfünfzig — einen Zollstock wird die Dame ja nicht dabei haben — dafür erwähnen wir die Dienstwohnung um so deutlicher... sucht... na, was suchen Sie denn, Herr Schmölz?“
    Herr Schmölz hob die Schultern, kicherte ein wenig und wutzelte mit dem Daumen am nächsten Nagel., «
    „A Frau halt...“, meinte er mit einem verschmitzten Blick.
    „Ja gewiß doch!“ rief Lothar Lockner und sah, daß Fräulein Klühspieß die Tür einen Spalt weiter öffnete, „aber was für eine? Soll sie groß, klein, dick, dünn, üppig, jung, stark, stramm, mager, blond, schwarz — oder soll sie nur reich sein?“
    Die Vielfalt der Möglichkeiten, die sich Herrn Schmölz plötzlich bot, als würfe er einen Blick in den Harem des Scheichs von Kufra, schien ihn zu verwirren.
    „Ja mei’...“, stammelte er, „da sollst di auskenna...!“ Aber schließlich kam es heraus, daß er an eine Witfrau gedacht hatte, nicht zu alt und noch gut beieinander, und im Besitz von ein paar Möbelstücken und ein wenig Wäsche. Auch gegen ein kinderloses Fräulein hatte er nichts einzuwenden, wenn sie arbeitsam war und ein paar Spargroschen mitbrachte. Die körperlichen Reize seiner

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