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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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gegangen war, daß es nicht der Teufel gewesen sein konnte, der ihn so übel zugerichtet hatte, sondern daß er beim Übersteigen des Drahtzaunes auf den Gemeindebullen von Dingharting gefallen war, der friedlich neben dem Zaun geschlafen hatte und von dem unvermuteten Aufprall wahrscheinlich nicht weniger erschrocken gewesen war als Herr Knell selber.

    *

    Jo Klapfenberg lachte herzlich, als ihr Lothar Lockner die Knell-Geschichte brühwarm erzählte. Es war doch ein Vorteil, als Redakteur an der Quelle der Ereignisse zu sitzen. Die Stadt sorgte für Unterhaltungsstoff. Er wäre ohne diese Geschichte um ein Thema verlegen gewesen, denn es war ihnen beiden nicht leicht ums Herz.
    Der Sonnenbogen war schon merklich flacher geworden. Nach kühlen, regnerischen Tagen gab der Sommer noch einmal ein letztes Gastspiel. Dann kamen jene schlimmen Tage zwischen Herbst und Winter, in denen das Laub braun auf den Straßen faulte, in denen die prächtigen Dahlien in den Gärten über Nacht zusammenfielen und aus platzenden Stengeln schleimigen Saft tropfen ließen, Tage mit grauen Morgen, wäßrigem Mitfagslicht, früher Dämmerung, kalten Räumen und feuchter Wäsche...
    „Und ohne dich...“, sagte er trüb.
    „Als ob du mich vermissen wirst...“
    Er schwieg. Was sollte er auch darauf antworten? Sie gingen zum Nussensee hinaus, jenem kleinen, warmen Waldweiher, an dem Herr Lochbichler seinerzeit den Wagen und die Gunst von Fräulein Karsten verloren hatte. Jo trug ein blaues Sommerkleid mit großen chinesischen Schriftzeichen. Lothar Lockner hatte seinen alten Trenchcoat über den Arm gehängt. — Aldenberg hatte die Tatsache, daß man die beiden in den letzten Wochen häufig miteinander antraf, zunächst mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dann neugierig beobachtet und schließlich geschluckt und verdaut, wie es letzten Endes mit allen Ereignissen geschah. Der Pflanz hatte sich zwei- oder dreimal an Lothar Lockner herangepirscht, war mit dem roten Zungenspitzl über die Lippen gefahren, hatte die Zehen in den Kneippsandalen hochgebogen und scheinheilig gefragt, ob man vielleicht demnächst zu einem erfreulichen Ereignis gratulieren könne, was dann später zu freudigen Ereignissen führen würde... Er blitzte dabei mit seinem dicken Ehering, schaute mißbilligend der Kellnerin Wally nach, murmelte: „Wirklich, ein Sack voll Hirschgeweih, das Madl...!“ und erzählte Lothar Lockner anschließend, daß er sich sozusagen als Großvater fühle.
    Zuerst war Lothar Lockner zutiefst betroffen, weil er sich einbildete, der Pflanz mache eine Anspielung auf Jos Zustand und brächte womöglich ihn damit in Verbindung, bis er dann erleichtert merkte, daß der Pflanz wegen einer Verlobung auf den Busch klopfte und von der Wahrheit keine Ahnung hatte.
    „Aber Herr Pflanz!“ sagte er mit sonoren Schwingungen in der Stimme, „Sie sind doch ein Mann von Welt! Wenn man bei jedem Mädel ernsthafte Absichten hätte, mit dem man mal spazierengeht, wo würde das hinführen... Na also! Und außerdem sitzt die, an die ich ernsthaft denke, in Würzburg. — Aber meinen Glückwunsch, Herr Pflanz! Wann ist es denn bei den jungen Leuten so weit?“
    Der Pflanz blinzelte: „In etwa sechs Wochen...“
    „Da schau her!“ rief Lothar Lockner nach kurzem Kopfrechnen, „ein Sechsmonatskind! Und da sagen die Leute, die Zeit der Zeichen und Wunder sei vorbei...“
    „Ein fleißiger Bursch, der Salteneder Franzi!“ grinste der Pflanz, aber es war nicht mehr der richtige Schwung dahinter. Es waren bei ihm nur noch stramme Redensarten. Er war auch magerer geworden. Man merkte es an der Luft zwischen Hals und Kragen. Vielleicht, daß der Enkel ihm noch einmal neuen Auftrieb geben würde.
    „Was ich noch sagen wollte, Herr Lockner, — die Wahl zwischen Würzburg und Aldenberg würde ich mir an Ihrer Stelle gründlich überlegen — falls Ihr Würzburger Mädl nicht gerade die Tochter vom Herrn Juliusspital ist. Das wäre natürlich ‘ne Partie... Aber unser Hannerl... mein lieber Herr, die kriegt mal ihre zwanzig bis fünfundzwanzig Mille mit, auf jeder Backe! Macht summa summarum achtzig bis hundert Mille... Na? Ist das vielleicht ein Dreck?“
    „Geben Sie sich keine Mühe, Herr Pflanz, ich bin nicht allzu geldgierig.“
    „Für ganz so blöd hab ich Sie eigentlich nicht eingeschätzt“, sagte der Pflanz aufrichtig; „die Liebe ist eine Himmelsmacht, aber wenn man davon runterbeißen will, da bleibt nix zwischen den Zähnen...“
    Er hatte

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