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Es blieb nur ein rotes Segel

Es blieb nur ein rotes Segel

Titel: Es blieb nur ein rotes Segel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nahm sie dann und legte sie, das Gesicht nach unten, in eine der breiten Schubladen.
    »Was halten Sie übrigens von Helene von Orleans?«
    »Eine faszinierende Schönheit, ein großer Geist. Aber der Zarewitsch zieht sich innerlich zurück, wenn man von ihr spricht. Er liebt Alice, nachdem sie ihm aus ›La Traviata‹ vorgesungen hat.«
    »Das kann man ändern!« Alexander III. hieb die Fäuste aneinander. »Lassen Sie dem Intendanten der Hofoper wissen, daß ›La Traviata‹ nicht mehr gegeben wird! Bei Gott, es gibt doch genug andere Opern …«
    Es war eine der typischen Anordnungen des Zaren, über die niemand lange nachdachte.
    Im Hause des Trödlers Minajew, in der ersten Etage, genauer in der Wohnung der Rosalia Antonowna Bondarewa, fand eine Woche später eine entscheidende Unterredung statt.
    Boris Davidowitsch war mit einer Pergamentrolle erschienen und hatte sie auf dem nicht ganz sauberen Tisch ausgebreitet. Er beschwerte sie mit einer Teetasse und einem Blumentopf, damit sie sich nicht wieder zusammenrollte, Rosalia blickte das Papier etwas dümmlich an.
    Es schien ein Plan zu sein – auf jeden Fall hatte sie keine Ahnung davon.
    »So sieht die neue Wohnung aus!« sagte Boris fröhlich. »Große helle Zimmer. Unter den Fenstern fließt der Jekaterininskikanal. Es ist ein großes Haus im Renaissancestil und gehört einem schwerreichen Kaufmann namens Stroitsky …«
    »Wen Gott segnet und wer kräftig betrügen kann, dem scheint immer die Sonne.«
    Rosalia saß vor der Zeichnung, drückte eine irdene Schüssel in den Schoß und rührte einen Mehlteig an. Matilda übte heute bis zum Abend, und wenn sie müde nach Hause kam, wollte sie das Töchterchen mit duftenden, gefüllten Blinis erfreuen.
    Nun war auch Boris noch gekommen, gut denn, so macht man etwas mehr Teig, auch er wird Blinis gern essen, man kann nicht immerzu Gänse und Hühner, Störe oder gar Hummer verspeisen.
    Rosalia hatte sich noch nicht daran gewöhnt, einen Hochwohlgeborenen als Schwiegersohn zu haben, und sie erzählte es auch niemand. Nie würde sie das tun! Wußte man denn, wie lange so eine Laune anhält? Eines Tages war das Herrchen weg, verheiratet oder nicht, und dann blieb ihnen nichts als Spott. Was sollte man dann tun als armer Mensch? Das Recht wird immer nur aus dicken Börsen bezahlt …
    »Du kennst die ehrbaren Stroitskys?« fragte sie vorsichtig.
    »Wassilij Arkadjewitsch, der älteste Sohn, ist bei der Garde zu Pferde! Einer der wenigen Bürgerlichen … so reich sind die Stroitskys.«
    »Sie müssen wahre Gauner sein!« Rosalia rührte heftig in ihrem Teig. »Was willst du mit der Zeichnung?«
    »Wir werden nächste Woche umziehen, Mütterchen …«, sagte Boris leichthin.
    »Wer wird umziehen?« Rosalia starrte auf die große Zeichnung.
    »Wir! Du und Matilda. Was du da siehst, ist der Grundriß eurer neuen Wohnung.«
    »Das da?« Sie tippte mit dem Quirl auf die Rolle. »Unsere Wohnung? Wieso denn?«
    »Ich habe sie von den Stroitskys gemietet. Zunächst für ein Jahr …«
    »So so! Für ein Jahr!« Sie sah Soerenberg mit schrägem Kopf an. »Bist du verrückt, Boris Davidowitsch?«
    »Matilda muß hier raus!« rief er und beugte sich über den Plan. »Es ist völlig unmöglich, daß sie länger hier lebt …«
    »Unmöglich ist das?«
    Rosalia Antonowna wuchtete ihre Schüssel auf den Grundriß der neuen Wohnung und wischte ihre Hände an ihrer Schürze ab. »Matilda ist hier geboren und aufgewachsen«, sagte sie laut. »Sie hat nie die Räude oder die Krätze gehabt, ab und zu höchstens einen Floh, aber den haben wir hier alle. Nicht eine Wanze sitzt mehr in der Wand, die Schaben habe ich vernichtet und eine Laus läßt Minajew schon gar nicht hinein! Jedes Kleidungsstück, das er kauft, hängt er erst in den heißen Rauch, ehe er es wieder anbietet. Hier ist es sauber, Borja, sehr sauber! Hier waren wir glücklich, hier lernte mein Schwänchen tanzen, hier hat sie auch gelernt, den Menschen zu mißtrauen! Das ist überhaupt das wichtigste im Leben! Und jetzt sollen wir hier weg? Ich in eine solche Wohnung? Am vornehmen Jekaterininskikanal? In ein reiches, aber ranziges Haus …«
    »Renaissance, Mütterchen! Das ist prunkvoller Baustil …«
    »Vielleicht für einen Stroitsky, aber nicht für eine Bondarewa! Boris Davidowitsch, ich gehe nicht von hier weg!«
    Sie stemmte die Beine gegen die ausgetretenen Dielen und drückte das Kinn an – ganz Abwehr.
    »Versucht es nur, versucht es! Wegtragen müßt ihr

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