Es blieb nur ein rotes Segel
Antonowna laut. »Erst muß ich wissen, wer im Haus ist.«
»Es ist unbewohnt. Besorgt wird es von einem Hausmeister, einer Köchin, drei Lakaien und drei Hausmädchen. Im Garten und der Orangerie arbeiten zwei Gärtner.«
»Das sind zehn!« Rosalia schnaufte durch die Nase. »So etwas nennt er unbewohnt!«
»Ich habe sie mitgemietet.«
»Gott schütze mich!« Sie schlug schnell ein Kreuz. »Wir haben Dienstpersonal? Wenn ich mich hinstelle und rufe: He, bring mir Pantoffeln … dann rennt einer los?«
»Dazu ist er da. Es ist sein Beruf. Er führt jeden Wunsch aus.«
»Auch bei mir?«
»Du bist die Mutter Matildas. Du bist die Herrin. Sie werden vor dir besonders großen Respekt haben.«
»Vor mir? Das will ich sehen!«
Sie warf die Felle ab, sprang aus der Troika auf die Straße und zupfte ihre Pelzmütze zurecht. Unter dem Portal, in der breiten Tür, erschienen jetzt zwei Lakaien und waren sich unschlüssig, ob das die neuen Herrschaften waren.
Rosalia zeigte mit ausgestrecktem Arm auf sie.
»Sind das welche für uns?« fragte sie.
»Ja, Mütterchen«, antwortete Boris und zwinkerte Matilda zu.
»Hierher, ihr Trauertöpfe!« rief Rosalia Antonowna und winkte mit beiden Armen. »Wollt ihr wohl laufen? Glatt ist es vor dem Haus! Warum ist das Eis nicht weggehackt, he? Soll man sich die Knochen brechen? Aber nein, da sitzt man am warmen Ofen und faulenzt in den Tag hinein, statt das Nötigste zu tun! Das ist vorbei! Lernt nur Rosalia Antonowna kennen! Euch wird das Wasser auf der Haut kochen! Hierher und angepackt! Ich gehe keinen Schritt über das blanke Eis!«
So zog Rosalia in die neue Wohnung ein.
Zwei Lakaien trugen sie keuchend über das Eis ins Haus, wo der Hausmeister sie erwartete und entgeistert anstarrte.
»Warum glotzst du so?« rief die Bondarewa grob.
Das gewaltige Treppenhaus überwältigte sie. So etwas hatte sie noch nie gesehen, nicht einmal geträumt. Riesige Marmorgestalten trugen die Lampen, aber das erschreckte sie weniger als die Tatsache, daß diese Männer alle nackt waren. Zwar waren sie aus Stein und daher leblos, aber sonst war alles so natürlich wie bei einem lebenden Mann …
Rosalia drehte sich zu ihrer Tochter um, wurde rot im Gesicht und sagte leise:
»Töchterchen, das ist ein schweinisches Haus! Ich hätte nie geglaubt, daß Boris Davidowitsch so verdorben ist … Man kann ja nicht hinblicken!«
»Es sind griechische Jünglinge, Mama …«
»Na und? Sie sehen nicht anders aus als der Bauer Kulikow oder der Kutscher Brendeljew. Sich so hinzustellen! Aber so sind sie eben, die hochwohlgeborenen, reichen Herrschaften …«
In der Nacht schlief Rosalia Antonowna in einem Bett, über dem ein großes Gemälde hing: Leda mit dem Schwan. Bevor sie einschlief, nach einem innigen Gebet, das sie keinen Abend vergaß, blickte sie noch einmal das Bild an.
»Daran werde ich mich nicht gewöhnen –«, sagte sie fest entschlossen. »Ich gehe nicht nackt, auch wenn das zum vornehmen Leben gehört.«
Dann schlief sie in dem weichen, von einem seidenen Himmel überspannten Bett und träumte von Tichon Benjaminowitsch Minajew. Er stand nackt an der großen Treppe und hielt einen Leuchter hoch. Dabei grinste er dämlich.
Ausgerechnet Minajew! Rosalia spuckte ihn an – im Traum – und schritt hoheitsvoll die Marmorstufen hinauf …
Der erste Besucher in der neuen Wohnung war Mustin, der Zwerg. Er erschien in seiner Hoftracht, im orientalischen Kostüm, mit dem Turban, der in der Mitte einen runden Spiegel trug. Als Einzugsgeschenk brachte er einen weißen Papagei mit.
Rosalia Antonowna empfing ihn im Blauen Salon, so genannt, weil seine Wände mit blauer Seide ausgeschlagen waren. Sie thronte würdevoll in einem großen Sessel. Sie trug ein wallendes, mit Spitzen besetztes Kleid, das ihren gewaltigen Busen und ihr sonstiges außerordentliches Format etwas minderte.
»Mustin Fedorowitsch, daß sie als erster zu uns kommen, ist ein gutes Zeichen! Ein Narr! Wie wahr! Dieses Leben ist wirklich närrisch. Stellen Sie sich vor, ich habe zehn Mann Personal! Ich ziehe an einer Klingelschnur, und schon steht einer da! Und ich kann ihn hin und her jagen, und er sagt keinen Mucks! Wenn ich morgens aufstehe, steht ein Mädchen da und will mich waschen. Von oben bis unten, wenn ich es verlange. So etwas gibt es – warum lachen Sie nicht?«
»Das alles ist ernst genug«, antwortete Mustin Fedorowitsch. »Ich bin im Auftrag des Zarewitsch hier …«
»Hinaus mit Ihnen, Mustin! Meine
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