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Es blieb nur ein rotes Segel

Es blieb nur ein rotes Segel

Titel: Es blieb nur ein rotes Segel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und das sollte man anerkennen! Jawohl, verdammt noch mal, ihr Hundesöhne, um mit Rosalia Antonowna zu reden …
    Man band sie erst los, als die Scheinwerfer ausgingen und die Dekorationen abgebaut wurden. »Danke!« sagte sie artig. »Gott belohne euch dafür!« Dann gab sie jedem der beiden Arbeiter einen Tritt vors Schienbein und ging stolz, hocherhobenen Hauptes zu den Garderoben.
    Aber hier war Schluß – vier Gardesoldaten sperrten den Trakt ab.
    »Warum?« fragte die Bondarewa, zuerst noch freundlich.
    »Das geht dich einen Dreck an, alte Vettel!« entgegnete ein Unteroffizier. »Verschwinde!«
    Rosalia Antonowna nickte. Diese Sprache verstand sie. Sie wußte plötzlich, warum die kaiserliche Garde absperrte. Ihr Herz zuckte zwar und tiefe, mütterliche Angst stieg in ihr hoch … Nur Angst, kein bißchen Stolz, in der Sonne kaiserlicher Huld zu stehen.
    »Ich gehe schon, du Rattenschwanz!« sagte sie zu dem erstaunten Unteroffizier. »Wenn du jemals eine Tochter haben solltest, so wünsche ich dir, daß dein Haus belagert wird wie das einer läufigen Hündin! Dann denk mal an mich …«
    Sie wandte sich ab, verließ das Opernhaus, rief eine Miettroika herbei und ließ sich zum Stroitskypalais bringen. »Das ist gut«, sagte der Kutscher. »Verdienst doppelt, was? Am Tag bei der Herrschaft, abends im Theater. Ja ja, man muß zusehen, daß man immer einen warmen Hintern hat.«
    Rosalia wollte ihn anbrüllen, aber dann fiel ihr ein, daß sie ja immer noch das Bäuerinnenkostüm vom Ballett trug. Konnte man es dem Kutscher übelnehmen?
    Vor dem Palais stieg sie aus, zog an dem Klingelseil, zwei Lakaien stürzten auf den Vorplatz, glotzten sie an und verneigten sich dann.
    »Gebt dem armen Pferdequäler einen Rubel!« sagte sie laut und betrat ›ihr‹ Palais.
    Wenn er jetzt vom Bock fällt, dachte sie fröhlich, dann braucht man sich nicht zu wundern oder ihn für betrunken zu halten …
    Die Garderobe war zu eng geworden. Nur ein schmaler Gang blieb zwischen den riesigen Blumenarrangements, um den Schminktisch zu erreichen. Die spanische Wand, hinter der man sich umzog, war beiseite geschoben, um einem kleinen runden Tisch mit zwei Sesseln Platz zu machen. Der Tisch war festlich gedeckt mit schwerem Silber, Porzellan aus Meißen und Kristallgläsern aus Frankreich. Matilda prallte vor dem schweren Duft der Blüten zurück …
    Nach der Absperrung war sie allein geblieben. Zuvor hatten ihr alle Wangenküsse gegeben: die Jegorowna, Petipa, die große Zucchi, mit hektischer Röte im Gesicht, der noch immer stark transpirierende Cecchetti, der verwandelte Passukow und natürlich Petipas Konkurrent, der Erste Tänzer und Choreograph Iwanow vom berühmten Marientheater.
    Nach dem Kuß ließen sie alle Matilda allein …
    Zwischen den Blumen erkannte sie nun eine Uniform, die Gala der Gardehusaren. Sie blieb stehen und lachte glücklich, aber sehr erschöpft.
    »Boris, warum versteckst du dich? Ich habe dich sofort erkannt! Hast du gesehen, wie sie alle begeistert waren? Der Zar ist aufgestanden und hat sich über die Loge gebeugt! Er hat mir sogar zugewunken! Der Zar – mir! Wo ist Mama? Warum ist sie nicht hier? Warum habt ihr alles absperren lassen?«
    Boris Davidowitsch kam langsam um die Blumen herum. Er beugte sich über Matilda und küßte sie, fast brüderlich, auf die Stirn. Dann führte er sie zu dem kleinen, festlich gedeckten Tisch. Sie sah ihn erstaunt an, griff rasch nach seiner Hand und küßte sie. Soerenberg hatte keine Möglichkeit, sie zurückzuziehen und das zu verhindern.
    »Champagner …«, sagte sie ehrfurchtsvoll. »Französischer Champagner. Boris, wo hast du das Geschirr her? Die wundervollen Gläser! Wollen wir zwei gleich hier in der Garderobe feiern? Warum nicht zu Hause? Ich bin müde, Liebling, ich falle dir bestimmt nach dem ersten Glas Champagner um. Ich habe keine Knochen mehr, in mir ist alles aufgeweicht.«
    »Ich bin jetzt nur eine Dekoration, Matilda«, sagte Soerenberg und seine Stimme war plötzlich belegt. »Staffage – wie die Blumen und die Schleifen. Ich habe in allerhöchstem Auftrag die Frage an dich zu richten, ob du gewillt bist, eine Bitte zu erfüllen …«
    Sie starrte ihn ungläubig an und tippte dann mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. »Was ist los mit dir, Boris, mein Schatz?«
    »Der Zarewitsch bittet durch mich um die Gunst, deine Premiere hier mit dir feiern zu dürfen …«, sagte Soerenberg steif.
    »Nein …«, stammelte Matilda. Ihr Gesicht wurde

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