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Es blieb nur ein rotes Segel

Es blieb nur ein rotes Segel

Titel: Es blieb nur ein rotes Segel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Matilda dir getan?«
    »Von ihr geht doch alles aus …«
    »Weil sie dir nicht zu Willen war …«
    »Zu Willen!« Kramskoj lachte rauh. »Was bildet sie sich ein? Eine Sumpfblüte aus der Gosse von St. Petersburg! Die Tochter einer Magd! Vater unbekannt! Wo ist da eine Nische für so etwas wie Ehrgefühl? Das einzige, was sie anzubieten hat, liegt unter ihrem Rock!«
    »Ich habe es erwartet, daß du nicht anders reagierst.«
    Jussupow trat entschlossen an Kramskoj heran, und ehe es dieser verhindern konnte, hatte Jussupow mit dem silbernen Knauf seines Stockes zugeschlagen.
    Mit einem Stöhnen sank Kramskoj auf die Chaiselongue zurück und drückte die linke Hand gegen die Stirn. Dort bildete sich sofort, unter den Fingern spürbar, eine Beule.
    »Du Hund!« knirschte Kramskoj. »Schlägst einen Wehrlosen! Einen Krüppel! Aber auch die Jussupows sind nicht unsterblich.«
    »Ich werde mich darauf einzurichten wissen. Mit mir hast du den letzten Freund verloren. Du kannst gar nicht in Rußland bleiben!«
    »Ich werde euch alle überleben!« sagte Kramskoj dumpf. »Euch alle! Die Jussupows und Trubetzkjs, die Orlows und die Woronzows, die Scheremetjews und die Putjatins! Und den Zaren! Es wird eines Tages keine Romanows mehr geben, aber immer die Kramskojs!«
    »Das hört sich an wie die Visionen eines Irren!« sagte Jussupow betreten.
    »Warte es ab!« Kramskoj lehnte sich zurück, die Hand noch immer auf die Stirnbeule gepreßt. »Ich würde mich mit den Kommunisten verbünden, um euch zu vernichten! Verlaß mein Haus, Felix. Ich kenne dich nicht mehr!«
    »Du wirst überwacht, Valentin Wladimirowitsch!« Jussupows Stimme war kühl und ohne ein persönliches Gefühl. »Ich schweige nicht mehr, wenn du eine andere Aktivität betreibst als die, Rußland zu verlassen!«
    Grußlos verließ er den Salon.
    Kramskoj blickte ihm nach und ballte die Faust. Dann klingelte er seinem Kammerdiener und drehte ihm den Rücken zu, damit er nicht die Beule sehen konnte.
    »Man sollte sich um den Uhrmacher Stepura kümmern«, sagte Kramskoj kalt. »Kyrill Abramowitsch ist ein redseliger Mensch. Es heißt, er unterhält sich sogar mit seinen Uhren. Mich interessiert so etwas. Man sollte einmal zuhören, was er alles erzählt …«
    Am Abend schon fand man den Uhrmacher Stepura zwischen seinen Uhren mit eingeschlagenem Schädel. Ein Unbekannter hatte seine Hirnschale mit einem silbernen Hammer zertrümmert … mit dem Hammer, mit dem Stepura sonst den Klang der Glöckchen an den Spieluhren prüfte …
    Aber auch die Polizei wurde fündig: Bei den Verhören des Personals wurde immer wieder erwähnt, daß kein Fremder das Palais betreten habe, bis auf drei Arbeiter, die nicht ins Haus gehörten und in den Stroitskyräumen am Vormittag ihrer Tätigkeit nachgegangen waren.
    Der Haushofmeister, für alle diese Dinge verantwortlich, bekam zunächst rote Ohren vor Aufregung; dann mußte er sich von dem Polizeikommissär, der Tschumkassy hieß, anbrüllen lassen, er sei ein rostiger Eisentopf – aber er werde es schon sehen, man würde ihn blank scheuern.
    Boris Davidowitsch mahnte zur Mäßigung, denn aus einem verstörten Menschen sei nicht viel Vernünftiges herauszuholen, und sogar Mustin, der Zwerg, schaltete sich in das Verhör ein und befahl allen, in den Spiegel an seinem Turban zu blicken, dabei schrie er beschwörend:
    »Wehe dem, der lügt! Der Spiegel wird sofort blind! Daran erkenne ich die Sünder! Hineingeblickt und ausgepackt! Die kleinste Unwahrheit und der Spiegel verfinstert sich!«
    Es war schon eine große Sache, dieses Verhör.
    Selbst Kommissär Tschumkassy war sich nicht ganz im klaren darüber, ob Mustins Turbanspiegel wirklich so ein Zauberding war, aber er bezweifelte in keiner Weise die ungeheure Wirkung auf die Delinquenten.
    So kam also auch heraus, daß drei Arbeiter im Palais gewesen waren: ein Tischler, der ein Stuhlbein angeleimt hatte; ein Seidenspanner, der eine Tapete im Grünen Salon ausgebessert hatte; ein Schlosser, der im Magazin ein neues Riegelschloß angebracht hatte.
    Die Polizeibeamten schwärmten aus.
    In dem geleimten Stuhl fand man keine neue Bombe, hinter der Seidentapete im Salon verbarg sich kein Hohlraum für etwaige neue Untaten, der Riegel an der Magazintür funktionierte, ohne daß etwas knallte.
    Trotzdem mußte es einer dieser drei Arbeiter gewesen sein, der die Bombe in die Troika geschmuggelt hatte.
    Tschumkassy schickte seine Leute aus, und nach zwei Stunden standen die drei

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