Es duftet nach Liebe (German Edition)
den drei Espressi ähnlich sahen, die er gerade getrunken hatte, lächelten ihn verstehend an. Der Mann trug einen cremefarbenen Anzug, mit einem schwarzen Hemd darunter. Als er sich kurz umdrehte, fiel Daniel sofort der kleine Mozartzopf auf, der auf schmalen Schultern ruhte. Füllig und pechschwarz. Der ganze Mann erschien extrem mager, seine gerade Haltung wirkte jedoch geradezu aristokratisch auf Daniel.
„Was schief lief? Ich habe eine tolle Familie hinter mir, meine Arbeit ist interessant. Stressig und doch spannend. Und doch werde ich sie aufgeben. Vielleicht weil ich an einen Punkt gekommen bin, an dem ich mir eingestehe, dass ich sie nicht auf ewig machen möchte. Und privat? Ich habe es nicht mehr ausgehalten, wie man mich behandelte. Wie den letzten Dreck unterwerfen sollte ich mich. Ich sollte mich nicht so anstellen. Doch das tat ich. Im Endeffekt hätte ich nur noch ja gesagt. Die Chance verpasst, mich selbst zu verwirklichen. Ich habe jetzt erstmal Urlaub, aber ich gehe nicht zurück. Ich kann nicht zurückgehen.“ Daniels Stimme war trotzig, als erwartete er, dass ihm sein Zuhörer widersprach. Es war ihm einfach so herausgerutscht. Ob peinlich oder nicht, im Augenblick war ihm das völlig egal. Mit beiden Händen umklammerte er die heiße Tasse, die ihm zugeschoben wurde. Als er sie dankbar zum Mund hob, merkte er, dass nur wenig von seinem geliebten Gebräu in seiner Tasse zu finden war. Fragend sah er den Älteren an.
„Du hast heute schon genügend Kaffee getrunken. Berausche dich am Duft, nicht mehr am Getränk selbst.“ Sein Tonfall erinnerte ihn an Stefan. Daniel sah ihn verstimmt an. Diesen Ton kenne ich doch … nicht mehr mit mir! Gerade wollte er eine ablehnende Antwort geben, doch kurz davor sah er den anderen an. Die Kohleaugen lächelten verschmitzt. Allem Anschein nach amüsierte er sich über Daniel. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das ihn sofort für sich einnahm. Daniel lächelte verlegen zurück. Allein dadurch kehrte Ruhe in ihm ein.
„Sie haben recht. Das waren jetzt einige Kaffees. Vielleicht sollte ich zum Alkohol übergehen … Wo ist denn die nächste Kneipe?“ Der Mann schüttelte den Kopf. Wohl wissend, dass es Daniel nicht ganz ernst meinte.
„Hier gibt’s genügend Kneipen, du musst nur die Augen aufmachen. Nix da. Du bleibst schön hier, mein Junge. Wie wäre es, mit etwas zu essen? Ich biete hier nur einfache süße Stückchen an. Gehst du mit? Ich schließe in einer halben Stunde.“
Daniel nickte spontan. Er wollte nach seinem Gepäck greifen, doch der Ältere winkte ab.
„Du kannst es hier lassen. Wir gehen nicht weit.“ Der ältere Mann ließ Daniel die Koffer in einen Raum hinter der Bar bringen. „Ich heiße übrigens Malte.“ Daniel nickte ihm zu, murmelte seinen Namen und folgte seiner neuen Bekanntschaft nach draußen. Tief atmete er die andere Luft ein, die ihn ab heute fortan begleiten würde. Er fühlte sich wohl dabei, wie er feststellte.
Daniel merkte erst jetzt, dass er seit Tagen nichts Richtiges gegessen hatte. Der ständige Stress mit Stefan hatte meistens nur Fast Food zugelassen, und die letzten Tage mit Florian hatten ihn nicht wirklich zu einer ruhig verbrachten warmen Mahlzeit kommen lassen. Jetzt genoss er es um so mehr. Er sprach darüber, was er beruflich machte. Und wieder hörte Malte ihm zu.
Nach dem Essen sagte ihm Malte, dass er noch mal in die Bar müsste, weil er noch aufräumen wollte. Langsam gingen sie wieder zurück, wo er Daniel einen Espresso ausgab. Daniel sog tief den Duft des frisch gemahlenen Kaffees ein. Er saß wieder am Ende der langen Theke. So konnte er bequem beobachten, wie und was Malte alles saubermachte.
Ich würde hier nicht nur süße Kuchenköstlichkeiten anbieten, sondern auch diverse Schokoladenspezialitäten. Getränke, vielleicht auch Pralinen. Der Ort ist eine Goldgrube. Klein, fein, ein Ort, wo man gerne kurz innehält, weil einem die Düfte die Sinne vernebeln , dachte er.
Daniel rührte sich zuerst nicht vom Fleck, auch weil das Wetter nicht dazu passte, lange Spaziergänge zu machen. Aber er war kein Mensch, der sich stundenlang auf seinem Hintern ausruhen konnte. Er zog sich die Jacke an, nickte dem Barmann zu, und ging vor die Tür. Es war kühl, doch die Luft schien ihm seltsam rein und klar. Er wandte sich zu seiner Linken, um die Gasse entlang zu gehen. Die Häuser waren nicht allzu hoch, zwei Stockwerke vielleicht. Alle waren in kräftigen, bunten Farben angemalt.
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