Es duftet nach Liebe (German Edition)
rümpfte immer nur die Nase, wenn der typische Geruch der Tiere an ihr hing. Pferde waren was für Mädchen. Jungs interessierten sich für Autos oder Trecker und Motorräder. Sie spielten Fußball, tranken heimlich Bier und zockten.
Alle Jungen in meiner Klasse und im Freundeskreis taten es und ich hielt mit. Ich war fünfzehn und wollte um jeden Preis dazugehören. Ich wollte wie sie sein. Ganz normal.
Die komischen Gefühle, eigenartigen und peinlichen Reaktionen meines Körpers mussten eine vorübergehende Sache sein. Das war die Pubertät. Was anderes durfte es nicht sein. Wenn ich es mir oft genug vorsagte, glaubte ich daran.
Es gab niemanden, dem ich davon erzählen konnte. Homosexualität war zu keiner Zeit ein Gesprächsthema in unserer Familie.
An jenem Abend radelte ich missmutig zum Reitstall. Ich verfluchte meine jüngere Schwester Carolin, die die Zeit vergessen und kleinlaut angerufen hatte, dass sie es auf gar keinen Fall vor 19 Uhr heimschaffen würde. Meine Mutter war strikt in solchen Dingen: Ein Mädchen durfte auch auf dem Land nach 19 Uhr nicht mehr alleine unterwegs sein. Keine Ahnung, wie sie dazu kam, aber es war eine fixe Idee, die nicht nur Carolin auf die Nerven ging.
Es wurde erst viel später dunkel und von dem Reitstall zu uns waren es nur sechs Kilometer. Als ich in die Auffahrt zum Hof einbog und mich schlecht gelaunt nach Carolin umsah, entdeckte ich ihn. Er war groß, hatte ganz kurze Haare und Reithosen an. Mit einem Pferd an der Hand stand er vor der Weide und winkte mich prompt heran. „Hey, kannst du mir mal eben helfen?“
Das Tier zappelte herum und flößte mir viel Respekt ein. Ich stellte das Fahrrad ab und näherte mich vorsichtig. Hoffentlich wollte er nicht, dass ich das Viech festhielt. Der Geruch von frisch gemähtem Gras wogte heran und er lächelte mich an.
„Machst du mir mal das Tor auf? Janosch ist ein Spinner. Er springt dauernd zurück, weil der Strom knackt. Irgendjemand hat den Strom zu früh wieder angestellt.“
„Da ist Strom drauf?“ Argwöhnisch betrachtete ich das Holztor. Der Junge schüttelte den Kopf und deutete auf eine dünne weiße Schnur. „Nur in der Litze. Du musst da an dem Plastegriff anfassen, dann kriegst du keine gewischt.“
Unsicher befolgte ich seine Anweisungen und behielt das braune Pferd im Blick, welches ein merkwürdig schnorchelndes Geräusch von sich gab und mit großen Augen mein Tun beäugte. Als ich das Holztor zur Seite drückte und die Litze aushakte, versuchte es sich sogar loszureißen. Aber der andere Junge hielt ihn fest. Unwillkürlich bewunderte ich ihn. Das Tier erschien mir gefährlich und er beherrschte es souverän.
Lachend klopfte er den Hals und führte das Pferd auf die Wiese.
„Mach gleich zu“, rief er mir zu und bändigte das Tier. Erst als ich das Tor wieder zugedrückt hatte, ließ er es los und es schoss davon, vollführte wilde Bocksprünge.
Grinsend kletterte er über das Tor und nickte mir zu.
„Den sticht gerade der Hafer.“ Lässig lehnte er sich an das Tor und sah dem Pferd nach. „Ich bin Steffen. Du bist neu hier, oder?“
„Ich soll nur meine Schwester abholen“, erklärte ich und fragte mich, warum mich seine graublauen Augen so faszinierten. Er hatte etwas an sich, was mir total gut gefiel und der Geruch von Schweiß, gemischt mit Pferd, erschien mir plötzlich höchst attraktiv. Diese kurzen Haare verlockten meine Finger.
„Hast du keinen Namen?“ Erst als er sich ganz zu mir umdrehte und mich fragend musterte, bemerkte ich, dass ich ihn noch immer anstarrte.
„Äh, klar, ich bin Marcel.“
„Danke für die Hilfe. Ich hätte sonst noch eine Stunde hier gestanden.“ Steffen fluchte und stieß sich vom Zaun ab. „Komm, die Mädchen sind hinten bei dem Fohlen.“
Ich folgte ihm, konnte den Blick kaum von seinem Körper nehmen. Eigentlich fand ich enge Hosen an Männern peinlich, bei ihm sahen sie jedoch gut aus, auch wenn sie am Hintern Falten schlugen.
Carolin war mit zwei anderen Mädchen im Stall und zeigte mir aufgeregt das neugeborene Fohlen.
Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, denn ich fand Steffen viel interessanter, der allerdings bald darauf verschwand.
Nur wenige Tage später fragte ich Carolin, ob ich zum Stall mitkommen dürfte. Sie war überrascht, doch ich schob das Fohlen vor, welches ich mir noch einmal ansehen wollte. Fortan war ich öfter dort. Anfangs vor allem, weil ich Steffen wiedersehen wollte, der der Sohn des Hofbesitzers war.
Ich
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