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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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dann wendet er sich zurück und ruft:
    – Vorhänge und auch ein paar Teppiche hängen in den Bäumen!
    Er lächelt zu ihnen herüber.
    Richard ruft zurück:
    – Paß auf, daß der Teppichklopfer nicht auch an dir Arbeit findet.
    Otto läuft mit Trippelschritten weiter über den Mauerkamm, äugt nach beiden Seiten, ein Vorposten dessen, was Crobath Zukunft nennt. Für Otto und Ingrid werden Dinge Normalität sein, die Richard niemals wird annehmen wollen. Ingrid wird gar nichts anderes kennen, für sie wird sich das Verhalten ihres Vaters irgendwann ausnehmen wie das eines alten und enttäuschten Mannes, der die goldenen Zeiten im Jahre Schnee lokalisiert wie Richards beinamputierter Vater die galizischen Schlachtfelder in seinem nicht mehr vorhandenen Fuß.
    – Ihr Junge wirkt glücklich, sagt Crobath.
    Dann, nach einer Pause, unvermittelt:
    – Passen Sie auf ihn auf.
    Richard ist unsicher, was er damit anfangen und was er antworten soll. So sagt er halt nichts.
    Crobath erhebt sich. Auf dem Weg zum Wagen bedankt er sich für die Zeit, die sich Richard genommen habe, schön, sich wieder einmal gesehen zu haben, die besten Grüße an die Frau Gemahlin, Heil Hitler.
    Noch ehe Richard eine passende Verabschiedung einfällt, fährt Crobath davon. Langsam ausatmend wartet Richard, bis der Steyr-Wagen schlagseitig auf die Straße gebogen ist, dann steht er beklommen, unschlüssig da, mit in die Hüften gestemmten Armen, und starrt auf das leere Tor, wo noch für Sekunden Auspuffgrau die Luft trübt. Nach einer Weile wendet Richard sich vom Vorplatz ab, überblickt den ruhig daliegenden Garten, nirgendwo ein Mensch. Offenbar hat Otto die Mauer in weiser Voraussicht verlassen oder spaziert gerade über den Abschnitt hinter dem Haus.
    Richard ruft nach dem Buben.
    Keine Antwort.
    Otto ist und bleibt eine Rotznase, das ist Richards Meinung. Der Frage, ob es den Kindern bekommt, daß Alma die halbe Zeit nicht zu Hause ist, widmet er schon länger ein gewisses Interesse, und je mehr er darüber nachdenkt, desto einleuchtender erscheint ihm die Idee, das Geschäft abzustoßen. Seine Stelle wird er schon nicht verlieren, nein, und wenn doch, nein, wobei zuzutrauen, ach was, klar, denen ist alles zuzutrauen. Zum Glück ist er ein reicher Mann, und sowie diese Geschichte ausgestanden ist, kann er sich unauffällig halten, es wird schon nicht. Ohne sich hervortun zu wollen, aber was er von der Elektrizitätswirtschaft nicht weiß, lohnt das Wissen nicht. Ein talentierter Mann, das sagt sogar Crobath. Sich unauffällig halten. Vor Alma wird er sich mit dem Druck rechtfertigen, unter den man ihn setzt, er glaubt, als Begründung reicht das vollauf. Und dann: Weg mit dem Laden, Schluß mit den Unsicherheiten des Geschäftslebens, keine Streitereien mehr mit den Lieferanten über die Stärke des verwendeten Papiers für die Tragtaschen, die nicht halten, oder mit dem Auslagenarrangeur, der nicht, wie ausgemacht, am frühen Vormittag kommt, sondern die beste Zeit des Tages stört und zusätzlich zu seinem Honorar die Losung drückt.
    Die Herbstsaison würde gar nicht mehr eingeleitet (soweit noch möglich), und was nach einem raschen Ausverkauf liegenbliebe, könnte man unauffällig den Vertretern des niederösterreichischen Bauernbundes zukommen lassen, vielleicht statt des in Ratzersdorf versprochenen Geldes, dann hätte Richard gleich auch bei den Familien der verhafteten Kader etwas gut. Das Kindermädchen würde er entlassen (jawohl), Alma müßte er im Gegenzug das Haushaltsgeld und die halbjährlichen Garderobenzuschüsse erhöhen, gleichzeitig würde er sich bei Dr. Löwy erkundigen, ob ein Herauslösen des Bienenhauses aus der Verkaufsmasse möglich ist. Auf diese Weise könnte Alma das Steckenpferd ihres Vaters aufleben lassen und hätte daheim die Insel der Seligen. So stellt es sich Richard jedenfalls vor.
    Ingrid wackelt die vier Treppen zur Veranda herunter, von drinnen entlassen, nachdem Crobath weggefahren ist. Mit der Aufmerksamkeit eines Kindes blickt sie den Vater großäugig an, unterdessen kommt die Katze und reibt sich an Ingrids linkem Bein. Nach einiger Zeit bückt sich Ingrid, sie nennt mehrmals den Namen der Katze, dabei will sie die Katze an den Vorderbeinen hochheben, erreicht aber nur, daß die Katze sich streckt, bis sie fast so lang ist wie das Kind, ein magerer, gedehnter Leib, der mit zwei dünnen Hinterbeinen die Berührung zum Boden hält.
    Vielleicht wird auch Richard bald wieder Boden unter

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