Es geht uns gut: Roman
und Schließgesellschaft alle Möglichkeiten ausschöpfen will, sich vor der Zahlung zu drücken.
Crobath hält Richard einen fünfminütigen Vortrag über erhebliche Veränderungen, vor denen man stehe, anhaltende Hochstimmung in der Stadt und darüber, daß Richards Verhalten ein ungünstiges Licht auf seine politische Einstellung werfe.
Als Crobath in einem Resümee Anzeichen erkennen läßt, wieder von vorne beginnen zu wollen, indem er verkündet, daß von jedermann Opfer verlangt würden, wendet Richard vorsichtig ein:
– Ich hätte nicht angenommen, daß es sich hier um eine politische Angelegenheit handelt.
– Dann denken Sie die falschen Gedanken, entgegnet Crobath in einer Gelassenheit, die bewirkt, daß Richard sich auf eine Erwiderung nicht einlassen mag.
Richard horcht auf dünne Sandalenschritte, die sich hinter ihm über den Rasen nähern. Es ist Frieda, die Kaffee und eine Schale mit Brombeeren bringt. Beim Verrücken der Blumenvase beugt Frieda sich über Richards Schulter. Richard meint den nachgiebigen Druck einer ihrer Brüste zu spüren, er nimmt an, daß Absicht dahintersteckt, vielleicht um an die vergangene Nacht zu erinnern. Den Körper schräg zur Seite geneigt, verteilt Frieda Tassen und Schalen mit etwas sanft Schleppendem in ihren Bewegungen, das Richard ebenfalls auf sich bezieht. Er riecht den vertraut parfümierten Körper, der einen stärkeren Geruch ausströmt als die Brombeeren am Tisch. Auch Crobath heftet seine Augen auf das Mädchen, und Richard fällt ein, daß ein Teil der verschossenen Wäsche, die indirekt Gegenstand des Gesprächs ist, von Frieda getragen wird. Alma hat die passenden Stücke mit nach Hause gebracht aus der Überlegung heraus, daß man diese Stücke im Falle einer juristischen Auseinandersetzung weiterhin als Beweismittel vorlegen könnte.
Während Frieda Kaffee einschenkt, ruft Richard sich die einzelnen Vorgänge ins Gedächtnis zurück: Daß am 12. und 13. März deutsche Truppen in Österreich einmarschierten, Samstag und Sonntag, und daß am Wäschegeschäft von Almas Eltern, dem Alma als Geschäftsführerin vorsteht, die dichtbestückte Auslage von dem reichlichen Sonnenlicht an jenen Tagen verdorben wurde. Ein Mitarbeiter der Wach- und Schließgesellschaft hatte es vorgezogen, an der Westeinfahrt Fahnen zu schwingen und seine neue Staatsangehörigkeit zu feiern, anstatt seiner Arbeit in der gebotenen Weise nachzukommen.
Er sagt:
– Es läßt sich nicht wegreden, daß der Wachmann nicht auf seinem Posten war.
Und Crobath:
– Kann man es ihm vorwerfen, daß er die Bedeutung der historischen Stunde erkannt hat, wie man es im übrigen nicht anders von jedem erwartet?
Richard blickt einen Moment lang hinter der gemächlich sich entfernenden Frieda her, dann schräg zurück auf Crobath. Er ist der Meinung, dessen verdrechselter Logik nicht folgen zu müssen.
– Daraus läßt sich hoffentlich nicht das Recht ableiten, seine Pflichten zu vernachlässigen. Und wenn doch: Dann soll die Wach- und Schließgesellschaft dem Mann seinen Sinn fürs Historische vergelten und den Schaden ausgleichen, dem Anstand zuliebe.
Den Vertrag mit der Wach- und Schließgesellschaft hat Alma im vergangenen Jahr erst nach viel Zögern und langem Hin und Her verlängert. Wiederholt waren Nachlässigkeiten vorgekommen, und dann wurde der Schaden nicht gutgemacht. Den höheren Preis für die Dienste seiner Firma im Verhältnis zu anderen Offerten begründete der zuständige Inspektor damit, daß man im Schadensfall einer Firma gegenüberstehe, die voll hafte und auch praktisch haftbar gehalten werden könne. Besagter Inspektor, ein Herr Boldog, wußte über die Unstimmigkeiten der Vergangenheit Bescheid, er versprach feierlich, daß sich Ähnliches nicht wiederholen werde und daß man sich gegebenenfalls an ihn wenden solle. Man hat sich darauf verlassen.
Die Pflichtvergessenheit des Wächters wurde mitgeteilt, ebenso die Tatsache, daß an den betreffenden Tagen sommerlicher Sonnenschein herrschte, was aufgrund der Zeitungsberichte und Wochenschauen nicht einmal die Wach- und Schließgesellschaft zu bestreiten wagt. Allerdings wurde bereits in der ersten Reaktion behauptet, daß es dem Sonnenlicht Mitte März an der nötigen Kraft fehle, um die angezeigten Schäden anzurichten. Als ob den Herren nicht bekannt ist, daß bei manchen Waren bereits eine Viertelstunde Sonnenlicht genügt, um die Farben zu verderben. Dabei spielt es auch keine Rolle, wie stark die Ware
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