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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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einbringen, sind sie windige Unternehmungen, nichts weiter.
    – Ja, weil für dich einer geerbt haben muß, damit er etwas anfangen darf. Alle anderen sind Gauner und Nullen.
    Alma sagt erinnernd:
    – Ingrid –.
    – Mama, es ist so ungerecht, daß er sich zwischen zwei Menschen stellt, die sich lieben. Es ist ja nicht Peters Schuld, daß sein Vater mit Berufsverbot belegt war und ihn auch jetzt bei seinem Studium nicht unterstützen kann. In Papas Augen soll Peter die Sünden seines Vaters abbüßen. Das ist ungerecht. Papas Abneigung ist total mutwillig. Und dann erwartet er auch noch meinen Beifall.
    – Ich bin mit Sicherheit nicht mutwilliger als du, nur daß bei dir hinzukommt, daß du in keiner Sekunde dein Gehirn einschaltest.
    Man hört von draußen den Dienstwagen ihres Vaters in die Einfahrt biegen, und weil Ingrid jetzt sicher ist, daß das Gespräch nicht mehr lange dauern kann, sagt sie, was ihr als erstes in den Sinn kommt:
    – So kannst du Mama in die Tasche stecken. Bei mir funktioniert der Trick nicht.
    Richards Hals hinauf schwillt eine Ader und pumpt Blut in seinen schmerzenden Zahn. Er blickt vom Tisch auf, während Ingrids Augen den umgekehrten Weg nehmen, hinunter zu der bestrichenen Honigsemmel; als würde sie sich unter den donnernden Worten ihres Vaters ducken.
    – Das ist der Gipfel! So lasse ich nicht mit mir reden! Ich erwarte von dir, daß du dich ins familiäre Regelwerk einfügst, sonst setzt es Konsequenzen! Ist das klar?
    Dann erst einmal Schweigen. Es sieht so aus, als legten sich alle ihre Meinung zurecht. Auch Alma sucht nun sichtlich nach etwas, was sie sagen könnte. Offenbar ohne Erfolg. Nach einigen Sekunden, als habe er das Ausmaß der Unverschämtheit von Ingrids letzter Bemerkung erst mit Verzögerung begriffen, als seien ihre Worte mit einem besonders trägen Gewicht in seinen Verstand hineingefallen, haut Richard mit der Hand auf den Tisch, daß die Tassen springen.
    – Und jetzt ist Schluß! Ich stelle mich nicht länger zur Verfügung, damit du deine Launen befriedigen kannst. Solange du die Beine unter meinem Tisch hast, tust du gefälligst, was ich sage. Haben wir uns verstanden?
    Ingrid starrt ihn an, die Zähne fest aufeinandergebissen. Viel fehlt nicht, und sie würde die Blumenvase an die Wand werfen oder vom Tisch aufstehen und einfach weggehen. Fliehkräfte, vergleichbar mit denen am Kettenkarussell im Prater, wirken auf sie ein. Aber noch für mindestens zwei Jahre wird Ingrid von ihrem Vater abhängig sein, den Trumpf kann ihm keiner nehmen, sie weiß, sie sollte es nicht auf die Spitze treiben.
    Doch ob ihr Vater besser dran ist als sie? Ob er jemals so geliebt hat wie sie? Sie kann es sich nicht vorstellen, obwohl ihr das leid tut für ihre Mutter.
    – Ob wir uns verstanden haben?
    – Ja, sagt sie kleinlaut, nicht, weil sie eingeschüchtert ist, sondern in der Erkenntnis, daß ihr Vater alles andere nicht hören würde und daß sie es erst recht nicht zuwege bringt, ihn zu einer anderen Meinung zu bekehren. Somit sieht sie auch keine Möglichkeit, ehrlich und glücklich zugleich zu sein.
    – Dann kann ich mich darauf verlassen, daß du mir keine weiteren Dummheiten machst?
    Sie findet, daß es Ansichtssache ist, was man unter Dummheiten versteht, und so nickt sie, betrachtet dabei das Fensterglas und die dahinter aufragenden Obstbäume, in denen sie in ihrer Kindheit geklettert ist. Auch Otto ist dort geklettert. Sie möchte wissen, was für Erinnerungen in ihren Eltern herumgeistern, wenn sie aus dem Fenster sehen.
    Dummheiten, Dummheiten .
    – Nun, das ist ja beruhigend.
    Richard, gedunsen, rot (seine Backe ist seit gestern noch dicker geworden), zugleich auch erleichtert, daß Ingrid schweigend aus dem Fenster sieht, als wäre da draußen etwas, von dem sie sich ablenken läßt.
    – Es ist nur zu deinem Besten.
    Versöhnlich, vielleicht in der Hoffnung, er könnte verstanden werden.
    – Ich halte es genauso.
    Und obwohl sich nicht mit Bestimmtheit sagen läßt, was Ingrid damit meint, ist es Antwort genug.
    Richard steht auf, murmelt etwas von Verhandlungen bis zur Verblödung und Kompromisse erzielen . Alma drückt ihren Mund auf die gesunde Wange, die ihr Richard hinhält. Ingrid folgt dem Beispiel ihrer Mutter. Die gute Tat für heute. Richard holt sich seinen Hut, vergewissert sich vor dem Spiegel, daß der Hut gerade sitzt. Er schreitet zügig, ein wenig ächzend, erschöpft bereits in der Früh, aus dem Haus. Die Wagentür

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