Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
Vom Netzwerk:
Spielverkehr mit dem Umland anzukurbeln, eine ganz besondere Punktwertung ausgedacht: Spielten zwei Berliner Vereine untereinander, gab es zwei Punkte für den Sieg und einen für ein Unentschieden, siegte ein Berliner Verein aber in Nauen oder Cottbus, wurden ihm in der Tabelle acht Punkte für einen Sieg und vier Punkte für ein Unentschieden gutgeschrieben.
    An sich saß man nach dem Spiel noch ein Weilchen beim Bier zusammen, doch heute hatte es Hermann Kappe eilig, denn um 14 Uhr war Ferdinand von Vielitz vom Görlitzer Bahnhof abzuholen. So verabschiedete er sich schnell von seinen Mannschaftskameraden und eilte aus der Umkleidekabine, um sich auf sein Fahrrad zu schwingen und hinüber in den Südosten zu radeln. Doch als er ins Freie kam, prallte er zurück, standen da doch Klara Göritz und sein Freund Gottlieb Lubosch, plauderten und lachten.
    «Lasst euch nicht stören!», rief er hinüber.
    «Wir sind da, um dich abzuholen.» Lubosch kam herbei, ihm die Hand zu schütteln, während Klara, sichtlich befangen, sich nicht rührte.
    «Mich abholen? Zu eurer Verlobungsfeier?» Kappe war derart getroffen, Klara verloren zu haben, und in einem Maße narzisstisch gekränkt, dass er ziemlich kopflos reagierte.
    «Wieso denn das?», fragte Lubosch.
    «Na, das sieht man doch.»
    Der Freund lachte, lachte ihn aus. «Das will nun ein Kriminaler sein! Mit diesem Minimum an Menschenkenntnis! Nein, du, ich schwöre dir, bei Klara auf Granit gebissen zu haben. Sie hat mich nur mitgenommen, damit ich zwischen dir und ihr vermittle.»
    Ferdinand von Vielitz freute sich auf das Wiedersehen mit Berlin. Viele Jahre seines Lebens hatte er in der Hauptstadt verbracht, und sie war für ihn noch immer der Nabel der Welt, aber viel zu hektisch für seine angegriffenen Nerven. Darum wäre er womöglich gar nicht für ein paar Tage von Storkow herübergekommen, aber zum einen wollte er seinen Ziehsohn Hermann Kappe und verschiedene Menschen aus seinem ersten Leben - wie er es nannte - gerne wiedersehen, und zum anderen hätte man im Polizeipräsidium seine Aussagen zum Fall Weißagk gern zu Protokoll genommen, bevor man die Akten dem Staatsanwalt übergab. Dazu kam sein Wunsch, wieder einmal ein Theater zu besuchen oder ins Konzert zu gehen. Und für das «Maison Riche» fühlte er sich auch noch jung genug, schließlich musste er seinem Ruf als «alter Genießer» gerecht werden.
    Als der Zug in den Görlitzer Bahnhof eingelaufen war, ließ er das Abteilfenster herunter, um nach Kappe Ausschau zu halten, doch der war nirgends zu entdecken. Tief enttäuscht, erwog er schon, einfach im Zug sitzenzubleiben und wieder nach Hause zu fahren, da sah er Kappe auf den Bahnsteig laufen, verfolgt von einem Bahnbediensteten. Offenbar hatte die Zeit nicht mehr gereicht, eine Bahnsteigkarte zu kaufen.
    «Ich bin im Dienst!», rief Kappe dem Bahnmenschen zu und zeigte ihm seine Dienstmarke. «Ich bin hier, um den Mann da zu verhaften!»
    Er zeigte auf das Abteilfenster, und Vielitz zog sich schnell zurück. Schon hatte Kappe das Laufbrett geentert und die Abteiltür aufgerissen. «Entschuldigung, Herr Major, aber Klara Göritz hat mich daran gehindert, pünktlich wie sonst zu sein.»
    «Die Liebe ist allemal ein ausreichender Entschuldigungsgrund.» Vielitz zog Kappe ins Abteil hinein und umarmte ihn.
    «Au!» Kappe schrie auf. «Meine Wunde auf dem Rücken. .. Die Kugel von Weißagk.»
    Vielitz schüttelte ihm die Hand. «Meinen herzlichen Glückwunsch! Dass du ihm das Handwerk gelegt hast. .. wichtiger aber noch, dass du alles überlebt hast!»
    «Na ja. ..» Kappe wusste, dass der Major Bescheidenheit als hohe Tugend schätzte.
    «Und wenn ich die Zeitungen richtig gelesen habe, warst du es auch, der den Kohlenplatz-Mörder hinter Schloss und Riegel gebracht hast, diesen. .. wie hieß er noch mal? Dlugy, ja. Junge, und das alles erst nach einem halben Jahr Berlin! Da kann die Stadt sich aber freuen, dass sie dich bekommen hat. Na, nachher musst du mir das alles ganz genau erzählen und mich durch die Moabiter Straßen führen. Ich will alles sehen, aber erst fahren wir mal in mein Hotel und speisen gemeinsam, denn mich hungert schon fürchterlich.»
    Wie bei jedem Berlin-Besuch logierte der Major im «Hotel zum Deutschen Offizier-Verein» in der Dorotheenstraße 33 / 34, und natürlich nahmen sie eine Droschke, um dorthin zu gelangen. Der Kutscher musste aber einen Umweg über die Urbanstraße fahren, denn von Vielitz ließ es sich nicht nehmen,

Weitere Kostenlose Bücher