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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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besuche eine Freundin in Schnierlhausen, hatte
sie erklärt, aber nur bis morgen Abend. Samstagabend sei sie zurück. Denn sie
habe ja eine Karte ergattert für die Theaterpremiere im Palasthaus. Öme wusste,
dass sie auch gesagt hatte, um welches Stück es sich handele. Aber das hatte er
vergessen. Das Feuer der Vorbereitung hatte ihn augenblicklich erfasst.
    Jetzt war alles ganz einfach.
    Er würde in ihr Haus
eindringen, durch die Terrassentür einbrechen. Er würde ihre teuren Gemälde stehlen.
Sie passten bequem in den leeren Rucksack, den er auf dem Rücken trug. Der
Platz reichte sogar, um die Kunstwerke mit kleinformatigen Handtüchern
abzupolstern und sie so vor jeder Beschädigung zu bewahren.
    Außerdem hatte er sich mit
einem schweren Gummihammer ausgerüstet, der einen griffigen, unterarmlangen
Stiel besaß. Das richtige Werkzeug, um die Scheibe einzuschlagen.
    Auf dem Kopf trug Öme eine
schwarze Wollmütze, die ihm bis zu den Brauen reichte und manchmal über die
Augen rutschte. Sie war nicht geeignet für Regen und hatte sich voll gesogen.
Vielleicht mit Kopfschmerzen als Folge, morgen — aber was bedeutete das schon
angesichts seiner heroischen Tat.
    Er wusste, wie es weiterging.
Kein Verdacht würde auf Angela fallen. Ihr Alibi bei der Freundin war sicher.
Einen Versicherungsbetrug konnte man Angela nicht unterstellen, denn der lag ja
auch wirklich nicht vor. Angela war ahnungslos wie ein Baby mit Schnuller. Sie
würde entsetzt sein. Und sich aufregen. Aber irgendwann — nach der üblichen
Untersuchung und anfänglichem Weigern — würde die Versicherungsgesellschaft
zahlen müssen. Und Angela wäre ihrer Schulden ledig.
    Doch auch dann, dachte Öme,
darf ich mit meiner köstlichen Überraschung noch nicht auf sie zugehen. Zügeln
muss ich mich. Abwarten bis zum richtigen Moment. Aber immer wieder die Trauer
schüren um den Verlust der Kunstwerke. Natürlich laufen die polizeilichen
Ermittlungen ins Leere. Das Gras des Vergessens wächst über den Diebstahl. Doch
dann komme ich.
    Ob sie wohl in Tränen
ausbricht, überlegte er, wenn ihr klar wird, was ich für sie getan und riskiert
habe?
    Er fror etwas. Das lag an der
Aufregung. Er trat von einem Fuß auf den andern und spähte die Straße entlang.
Alles still. Weit vorn schlich eine graue Katze über die Fahrbahn. Genau in der
Mitte machte sie Halt und putzte sich hinter dem Ohr. Eine Kirchturmuhr schlug.
Die Sebastianskirche, dachte er. Und: Worauf warte ich noch?
    An der Rückfront des
Grundstücks war der Jägerzaun niedrig. Öme kletterte hinüber, blieb mit dem
Schritt hängen, tat sich weh und biss die Zähne zusammen. Wäre ihm das auch
passiert mit einer Körpergröße, wie Harald Riemer sie besaß? Dieser Mistkerl!
Sollte sich begraben unter seinen neun Lederjacken.

    Öme zwängte sich durch die
Hecke. Ein Ast zog ihm die Mütze vom Kopf. Er setzte sie wieder auf. Außen
fühlte sie sich kälter an als der Regen, aber innen war die Feuchtigkeit warm.
    Er äugte über den Rasen zum
Haus. Es gab einen kleinen Gartenteich und vereinzelte Büsche. Der rückseitige
Balkon verdichtete die Dunkelheit auf der Terrasse. Doch Öme gewahrte helle
Gartenmöbel, die Angela schon aus dem Winterquartier hervorgeholt hatte wegen
einiger sonniger Tage im März.
    Er lief über den Rasen. Der
hatte sich schwammtriefend voll gesogen mit Regen, und Öme, der sommerliche
Schönwetter-Turnschuhe trug, hatte quietschnasse Füße, noch ehe er die Terrasse
erreichte. Nass oben und unten, dachte er. Nachher muss ich ein heißes Bad
nehmen — am besten gleich mit dem Erkältungsschaumbad.
    Er stand vor der Terrassentür
und horchte zur fernen Straße hin. Von dort, von der anderen Seite des Hauses
her, war nichts zu hören. Er zog den schweren Gummihammer unter der Regenjacke
hervor. Mit zaghaften Schlägen begann er, die Glastür zu zertrümmern. Die
Scheibe knirschte, knackte, splitterte. Alles fiel nach innen und wurde
aufgefangen von Gardine und Vorhang.
    Nein, dachte er, das hört man
nicht weit. Nicht mal bei den Büschen dort ist es zu hören.
    Jetzt ging alles Zug um Zug. Er
trug Handschuhe. Sobald er im Terrassenzimmer war, gebrauchte er seine kleine
Taschenlampe — denn hierher konnte man von keinem der Nachbargrundstücke aus
sehen. Er war ja schon hier gewesen, eingeladen von Angela — zusammen mit
Harald Riemer. Er, Öme, kannte sich aus. Die Bilder hingen im Treppenhaus. Eine
breite Holztreppe, versehen mit wuchtigem, handgeschnitztem Geländer,

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