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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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angehabt hast. Ich war von Kopf bis Fuß frisch verliebt in
dich, als du auf dieser Party aufgetaucht bist...«
    Es war einfach hinreißend, daß er etwas so
Nettes zu ihr sagte, und sie kam sich undankbar und niederträchtig vor. Sie
spürte, wie die Tränen ihre Augen verschleierten, als sie einen kleinen Koffer
herauszog, der ganz oben im Kleiderschrank lag.
     
     
     

18
     
    Die Etappe der Reise, die Gemma als Kind am
liebsten gemocht hatte, war, wenn der Zug aus der Victoria Station hinausfuhr, Tempo
zulegte und sich über die Themse wälzte. Es war, als käme man aus einem dunklen
Tunnel ins Licht. Das war der Augenblick, in dem sie wußte, daß ihre Ferien
wirklich begannen. Jetzt konnte es sich niemand mehr anders überlegen oder sie
zurückholen.
    Es war üblich gewesen, daß sie allein mit dem
Zug fuhr, seit sie das zweite Mal bei Shirley und Ken zu Besuch gewesen war.
Ihr Vater hatte sie hinbringen wollen, doch der Wagen war kaputtgegangen, und
daher hatte die ganze Familie sie zur Victoria Station begleitet. Sie hatten
geplant, alle miteinander einen Tag am Meer zu verbringen und Gemma dann für
den Rest der Woche bei ihrer Tante zu lassen. Aber als die Abfahrtszeit nahte,
hatte Estella das Einsetzen eines Migräneanfalls wahrgenommen. Sie sagte, sie könnte
unmöglich in einen Zug voller Ausflügler steigen — ihre hämische Stimme
brandmarkte Ausflügler als etwas Schlimmeres als Tiere. Bertie hatte angeboten,
mit den beiden Mädchen an die Küste zu fahren, doch Estella hatte ihn so
gequält angesehen, daß er es sich schnell wieder anders überlegte, und sie
wollten gerade alle umkehren und wieder nach Hause gehen, als er zu Gemmas
unbändiger Freude plötzlich gefragt hatte: »Warum kann Gemma eigentlich nicht
allein fahren? Shirley holt sie doch am Bahnhof ab, oder nicht? Sie ist ein
kluges Mädchen.« Gemma konnte sich noch genau daran erinnern, wie er sie
angesehen und ihr zugezwinkert hatte, ein gutmütiger Verschwörer.
    »Ich auch mitfahren, ich auch mitfahren!« Daisy
sprang auf und ab, und ihre Schreie wurden immer drohender.
    »Nein. Gemma kann unmöglich auf sich selbst und
noch dazu auf Daisy aufpassen«, sagte Estella matt.
    Gemma sah ihre Mutter an. Es klang, als hätte
sie stillschweigend ihre Einwilligung gegeben. Sie verhielt sich vollkommen
ruhig, weil sie wußte, daß jede Kleinigkeit ihren Ausflug vereiteln konnte.
    »Also, dann, Mädchen«, sagte Bertie und nahm sie
an der Hand. Er war so raffiniert, sie zum Bahnsteig zu führen, ehe Estella es
sich noch einmal anders überlegen konnte. »Du wirst gut auf dich aufpassen«,
sagte er und setzte sie in einen Wagen mit vielen Leuten.
    Gemma nickte. Sie wagte es kaum, den Mund
aufzumachen.
    Bertie bat die Dame neben ihr, Gemma im Auge zu
behalten, und sie sagte, das täte sie gern, falls sie zwischendurch ein Auge
frei hätte, da sie schon auf ihre beiden Jungen ein Auge haben müsse.
    »Was wirst du tun, wenn Shirley nicht da ist?«
fragte er plötzlich besorgt, als er ihr durch das offene Fenster einen Kuß zum
Abschied gab.
    »Ich werde warten, bis sie kommt, und wenn sie
nicht kommt, werde ich einen Polizisten bitten, mir zu helfen«, erwiderte Gemma
feierlich, und dann ertönte die Pfeife, und der Zug setzte sich in Bewegung.
    Ihr Vater rannte winkend auf dem Bahnsteig neben
ihr her, was ihr ein wenig peinlich war, da alle Insassen des Wagens zusahen.
Und dann war er verschwunden. Der Zug fuhr aus dem Bahnhof, und Gemma hatte
einen Kloß in der Kehle, weinte aber nicht, denn sie war sich vollkommen klar
darüber, daß das ihr erstes Erwachsenenerlebnis war.
     
    Gemma seufzte, und als sie langsam die Luft
ausstieß, merkte sie erst, daß sie den Atem angehalten hatte. Der Wagen war
gerammelt voll. Die plötzliche Hitzewelle hatte alle Welt dazu gebracht, an
diesem Feiertag mit Wasserbällen an den Strand zu fahren. Als der Zug über den
Fluß tuckerte, wehte durch die offenen Fenster ein angenehmer Lufthauch herein,
doch selbst diese Brise war warm und schwül und entsprach ganz und gar nicht
ihrer Erinnerung an das englische Klima.
    Sie konnte spüren, wie das harte, stoppelige
Sitzpolster durch die dünne Leinenhose die Rückseiten ihrer Beine mit einem
Muster versah. Ihr gegenüber kämpfte ein kleiner Junge mit einem Hamburger, und
geschmolzener Käse und Ketchup tropften in bedrohlicher Nähe von Gemmas
Handtasche von seinen Händen. Gemma nahm die Tasche schnell auf ihren Schoß und
schloß die Augen, da sie versuchen

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