Es gibt kein nächstes Mal
beobachtete, wie sein nackter Körper Sätze
machte und in die Höhe sprang, und als er den Störenfried endlich über dem
Kopfende des Bettes an der Wand zerquetschte, blieben zwei Blutspritzer wie
Stigmata auf der weißen Wandfarbe zurück.
Er kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden.
Daisy lief durch die Straßen, die zum Hafen
führten. Zwei alte Frauen mit ledrigen Gesichtern versuchten, ihr Spitzentücher
um die Schultern zu schlingen, und es gelang ihr, mit einem Lächeln ihrer
Bewunderung für diese Handarbeiten Ausdruck zu verleihen und gleichzeitig ihre
Armut zu bekunden, indem sie auf ihre Shorts deutete. Noch ehe dieser Urlaub
vorüber ist, sagte sie sich, habe ich wahrscheinlich den Fehler begangen, ein
solches Tuch zu kaufen, und ihr fielen die Schubladen voller Kleidungsstücke
wieder ein, die sie bei Aufenthalten in Mittelmeerländern erstanden und zu
Hause nie getragen hatte. Es muß etwas damit zu tun haben, daß man auf diese
Dinge täglich aufmerksam gemacht wird, sagte sie sich. Nach zwei Wochen ist die
Gehirnwäsche so weit gediehen, daß man tatsächlich glaubt, es gäbe keine
anderen Kleidungsstücke auf Erden als die, die man an jedem dieser Stände
hängen sieht. Vielleicht könnte ich den Konsumzwang diesmal befriedigen, indem
ich mich auf ein dreieckiges Kopftuch aus Baumwolle beschränke, auf das winzige
Goldplättchen aufgenäht sind, dachte sie.
»Fax?« fragte sie die Damen, da sie sich
vorstellte, das Wort müsse international verständlich sein. »Faxai?« probierte
sie es noch einmal, als ihr einfiel, daß im Griechischen jede Vokalverbindung,
ganz gleich, um welche Buchstaben es sich auch handeln mochte, wie ein »ai« zu
klingen schien.
Daisy folgte ihren Handzeichen zum Hafen, wo
eine Reihe von staubigen alten Mercedesmodellen mit Ledersitzen, die so sehr
abgewetzt waren, daß sie schon glänzten, in der Sonne stand. Ein Grüppchen von
Taxifahrern saß in einem Café in der Nähe. Sie rauchten Zigaretten und tranken
Kaffee aus winzigen Tassen.
Sie beschloß, das Restaurant zu suchen, in dem
sie köstliche Calamares gegessen hatten, denn der Kellner dort sprach ein recht
passables Englisch. Er gab ihr eine komplizierte Wegbeschreibung, die sie zum
Büro der Apartmentanlage zurückführte, in der sie wohnten. Der Pförtner und
seine Frau, die sich als einzige jemals die Mühe gemacht hatte, die
Gebrauchsanweisung für das Gerät zu lesen, freuten sich riesig, als das Faxen
gleich beim ersten Versuch klappte. Daisy machte sich erleichtert auf die Suche
nach Oliver. Er schlief immer noch. Seine Haut bekam schnell Farbe, und seine
Brust war schon gebräunt, bis auf die sichelförmige Narbe, die sich in der
Sonne stark gerötet hatte. Daisy breitete ihr Handtuch aus und legte sich neben
ihm in den Schatten.
»Laß uns den Wagen nehmen und einen Ausflug
machen.« Oliver drehte sich um und beobachtete, wie sie ihre Arme mit Sonnenöl
einrieb.
»Aber mir ist es zu heiß.«
»Du solltest in der Mittagssonne keine langen
Spaziergänge unternehmen. Du hast dir den Nacken verbrannt«, sagte er zu ihr.
»Laß mich ein Weilchen dösen.«
»Nein, komm jetzt. Das Schönste an der ganzen
Insel ist der Süden. Es heißt, der Norden der Insel sei wie Europa und im Süden
fühlte man sich wie in Afrika. Da gibt es Bananenplantagen«, fügte er hinzu,
als wollte er sie damit bestechen.
Nach ein paar Tagen in einer neuen Umgebung
wurde Oliver zu einem wandelnden Reiseführer. Daisy seufzte. Sie mochte die Wärme
Europas. Sie war nicht sicher, ob die drückende Glut Afrikas ihr lag, und aus
Bananen hatte sie sich noch nie besonders viel gemacht, aber sie wußte, daß
jeder Einwand zwecklos
Das ist eine Metapher für mein Leben, dachte
sie, als der Jeep voranholperte. Oliver sitzt auf dem Fahrersitz, und ich
unternehme etwas, worauf ich eigentlich überhaupt keine Lust habe, und all das
nur, weil meine Einwände enormen Wirbel und eine Wut entfachen würden, die
weitaus größer wäre als das Unbehagen, das ich auf mich nehme, wenn ich brav
mitspiele.
Vielleicht verhielt es sich bei allen Paaren so.
In der Beziehung ihrer Eltern hatte jedenfalls dieselbe Dynamik geherrscht, nur
war Estella diejenige gewesen, die das Sagen gehabt hatte.
Daisy konnte nicht entscheiden, ob sie nur eine
vorübergehende Phase des Zweifels durchlebte, die jeder in einer langjährigen
Beziehung irgendwann durchmachen muß, oder ob es sich um etwas Grundlegenderes
handelte. Sie hatte niemanden, mit dem sie darüber
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