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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Telefon läutete. Daisy hob den
Kopf und sagte gähnend: »Ach, lassen wir doch den Anrufbeantworter rangehen.«
    Gemma beschloß, nicht noch einmal eine Nachricht
zu hinterlassen. Im Lauf der Woche hatte sie schon zwei Nachrichten auf das
Band gesprochen. Es war eigentümlich, daß Daisy sie nicht zurückgerufen hatte.
Einen Moment lang fragte sie sich, ob etwas nicht in Ordnung war. Dann lächelte
sie. Zehn Jahre lang hatte sie nicht mit ihrer Schwester gesprochen, und jetzt
machte sie sich nach wenigen Tagen schon Sorgen. Als sie den Hörer gerade
aufgelegt hatte, läutete ihr Telefon.
    »Ja?«
    »Tut mir leid. Habe ich einen ungünstigen
Zeitpunkt erwischt?« fragte Ralph.
    »Oh, hallo! Nein. Ganz und gar nicht. Wie geht
es dir?«
    »Gut. Ich weiß, daß es etwas plötzlich kommt,
aber hast du heute schon etwas vor? Ich habe nämlich einen Wagen geliehen
bekommen, und da es sonnig zu werden scheint, habe ich mich gefragt, ob du
vielleicht Lust hättest, zum Mittagessen rauszufahren?«
    Es klang, als hätte er die beiläufige Form der
Einladung einstudiert, bis er genau das richtige Gleichgewicht zwischen Eifer
und Gelassenheit hingekriegt hatte. Sie war gerührt. Es war ein schönes Gefühl,
so offenkundig gemocht zu werden.
    »Ja, liebend gern«, sagte sie.
    »Okay, gib mir deine Adresse, und ich bin in
einer halben Stunde bei dir.«
    Er wollte ihr nicht sagen, wohin sie fuhren. Als
sie London auf der A2 verließen, dachte sie an Kent. In Whitestable gab es eine
Austernfarm, über die sie am vergangenen Wochenende auf der Heimfahrt von
Shirley etwas gelesen hatte. Die Besprechung war äußerst positiv ausgefallen.
Vielleicht hatte Ralph sie auch gelesen, aber nein, sie fuhren an der Abfahrt
vorbei. Vielleicht würde er sie nach Canterbury bringen. Das war ein
geschichtsträchtiges Städtchen mit einer Kathedrale, wie Amerikaner sie lieben,
doch auch dort bogen sie nicht ab. Erst als sie in einer Wagenschlange standen
und warten mußten wie alle anderen auch, begriff sie, daß sie Le Shuttle durch
den Tunnel nehmen würden.
    »Aber ich habe meinen Paß nicht dabei!« sagte
sie.
    Er hielt eine dunkelblaue Brieftasche hoch, die
sie erkannte.
    »Ich dachte mir, du seist die Art Frau, die
ihren Paß in der Nachttischschublade aufbewahrt«, sagte er, und jetzt fiel ihr
wieder ein, daß er die Toilette hatte benutzen wollen, als er sie abgeholt
hatte. »Ein hübsches Paßbild, nebenbei bemerkt.«
    Sie war ein wenig verärgert.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Ich dachte
mir, ich gehe dieser Ahnung nach. Wenn dein Paß nicht dort gewesen wäre, dann
hätte ich dich danach gefragt, das kann ich dir versichern. Aber damit hätte
ich die Überraschung verdorben. Du bist doch noch nicht durch den Tunnel
gefahren, oder?«
    »Er ist doch erst vor kurzem eröffnet worden,
nicht wahr?«
    »Ja.«
    Er sah sie an wie ein Kind, das Lob hören
möchte, obwohl es etwas Ungezogenes angestellt hat.
    »Es ist eine reizvolle Überraschung«, sagte sie,
»aber nach meinem Paß hättest du mich trotzdem fragen sollen.«
    Dann setzten sie sich in Bewegung, und es war
ein seltsames Gefühl von Intimität, nebeneinander in dem Wagen im Tunnel zu
sitzen. Gemma saß stocksteif auf ihrem Sitz, als würde jede zufällige Berührung
von Knien oder Händen zu einem elektrischen Schlag führen. Als sie aus dem
Tunnel auftauchten, stieß sie den Atem aus, als hätte sie während der gesamten
Fahrt durch den Tunnel die Luft angehalten. Ihr fiel auf, daß sie kein Wort
miteinander geredet hatten.
    »Hast du dich gefürchtet?« fragte Ralph.
    »Ein bißchen. Aber nicht so sehr, wie ich geglaubt
hätte. Was ist mit dir?«
    »Mir geht es genauso«, sagte er. »Bist du
inzwischen schon restlos ausgehungert, oder sollen wir noch ein Stück
weiterfahren und uns etwas suchen, das abseits liegt?«
    »Es ist noch früh«, sagte Gemma nach einem Blick
auf ihre Armbanduhr. Sie konnte nicht glauben, daß sie so kurz nach dem
Aufstehen schon in Frankreich war. »Laß uns weiterfahren. Entschuldige, aber
ich glaube, du fährst auf der falschen Straßenseite.«
    Ralph riß das Steuer herum. »Ich habe mich
anscheinend daran gewöhnt, auf der falschen Seite zu fahren«, sagte er.
    »Du machst deine Sache gut«, erwiderte Gemma,
und er belohnte sie dafür mit einem entwaffnend offenen Lächeln.
    Sie fuhren eine Stunde lang direkt nach Süden, bis
die kleine Straße, auf der sie gefahren waren, in einem Fischerdorf endete.
Nachdem sie etliche Speisekarten

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