Es gibt kein nächstes Mal
sie hinunter. »Und dann sagt er, aber das reicht jetzt. Ich habe
genug über mich geredet. Was hältst du von meinem Buch?«
»Aber du bist nicht so«, protestierte
sie. »Und überhaupt, ich habe dich schließlich danach gefragt, und mich
interessiert es wirklich.«
»Mein erster Roman war einer dieser, welch
grausige Worte, Romane über das Erwachsenwerden, die Geschichte eines Jungen,
der in einer erdrückenden Atmosphäre aufgewachsen ist. Ich habe darin so eine
Art Mischung aus Der große Gatsby und Love Story gesehen«, sagte
er, um sich über sich selbst lustig zu machen, »und jetzt arbeite ich an einem
Roman über einen jungen Mann, der einen Sommer als Gärtner in den Hamptons
verbringt...«
»Trägt das auch autobiographische Züge?«
»Ja, selbstverständlich. Du glaubst wohl nicht,
daß ich Phantasie habe, stimmt’s?« fragte er lachend.
»So habe ich das nicht gemeint...«
»Ich weiß, daß du es nicht so gemeint hast.
Bestimmt hast du all das schon oft genug gehört. Eigentlich bin ich es gar
nicht, und all dieses Zeug. Ich glaube, in dem Punkt sind die meisten
Schriftsteller ziemlich unaufrichtig. Jedesmal, wenn ich gefragt werde, ob
meine Texte autobiographisch sind, sage ich: ja, durch und durch, wovon
verstünde ich wohl sonst etwas?«
»Ich würde sie gern lesen«, sagte sie schlicht
und einfach, und es war ihr Ernst.
»Ich gebe dir ein Exemplar von meinem ersten
Buch. Am zweiten, Der Gartensommer, schreibe ich noch.«
»Ein guter Titel.«
»Klingt es nicht zu sehr nach einem Handbuch für
Hobbygärtner?«
»Nicht mit dem richtigen Einband.«
»Du meinst, du kannst ein Buch nach seinem Einband
beurteilen?«
»Ja«, sagte sie lachend, »oder zumindest finde
ich, man sollte ein Buch daran erkennen können. Für die meisten Leute ist der
Einband der einzige Anhaltspunkt, wenn sie ein Buch kaufen. War dein erstes
Buch erfolgreich?« Sie konnte sich vage daran erinnern, eine kurze Kritik in
der New York Times gelesen zu haben, die günstig ausgefallen war.
»Tja, laß es mich so sagen. Ich könnte nicht von
dem Geld leben.«
»Und wovon lebst du?« fragte sie, ehe ihr
einfiel, daß das wahrscheinlich eine recht plumpe Frage war.
»Tja, wenn man es genau nimmt, bin ich ziemlich
reich.«
In der Art, wie er das sagte, schwang etwas mit,
was sie glauben ließ, daß er den meisten Leuten nichts davon erzählte. Sie fand
seine Aufrichtigkeit liebenswert.
»Nicht so reich, wie ich sein könnte, wenn ich
das täte, was meine Familie von mir erwartet, aber ich habe sie bisher noch
nicht so sehr vor den Kopf gestoßen, daß sie mir den Geldhahn vollständig
abgedreht haben«, erklärte er, »obgleich ich davon überzeugt bin, daß der dritte
Roman, den ich schreibe, wahrscheinlich zur Folge hat, daß ich augenblicklich
enterbt werde.«
»Sag nichts... es ist die Geschichte der reichen
Eltern eines Jungen, der in einer bedrückenden Atmosphäre aufgewachsen ist und
einen Sommer lang als Gärtner in den Hamptons gearbeitet hat.«
»Erraten!«
Sie blickte in sein Gesicht auf und sah ihm in
die Augen. Seine Augen sprühten vor guter Laune. Sie verspürte den nahezu
unbändigen Drang, ihn zu umarmen. Sie hüpfte neben ihm her und fühlte sich sehr
wohl, fast schon glücklich.
»Warum lebst du in England?« fragte sie.
»Hier werde ich nicht abgelenkt. Es gibt keine
Zerstreuungen. Das Schreiben fällt mir hier leichter. Und außerdem mag ich die
Engländer. Ich spreche ihre Sprache...«
»Französisch sprichst du auch recht gut.«
»Meine Mutter ist Französin.«
Natürlich. Erst jetzt begriff sie, warum Ralphs
Name so vertraut geklungen hatte. Sein Vater war ein bedeutender Finanzier, und
seine Mutter war ein ehemaliges Mannequin, die sich dem Zusammentragen einer
Sammlung von Kunstwerken des zwanzigsten Jahrhunderts verschrieben hatte. Gemma
hatte Fotos von ihr in der Zeitschrift Hello! gesehen, wo sie Bademoden
vorführte, die sich stilistisch auf ihre sieben Mondrians bezogen. Kein Wunder,
daß er anonym in London leben wollte.
Da sie mit Boy zusammengelebt hatte, glaubte sie
zu wissen, was es hieß, gespenstisch reiche Eltern zu haben. Aber Ralph schien
weitaus weniger neurotisch zu sein als Boy. Sie runzelte die Stirn und fragte
sich plötzlich, ob der Umstand, daß er neben ihr herlief und doch so pedantisch
darauf achtete, daß ihre Hände einander nicht berührten, darauf hinwies, daß er
schwul war. Auf den Gedanken war sie bisher nicht gekommen, aber das hätte
erklärt, warum
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