Es gibt kein nächstes Mal
der Umgang mit ihm so locker war und gleichzeitig eine
körperliche Unbeholfenheit zwischen ihnen herrschte. Ihr fiel wieder ein, wie
sensibel er reagiert hatte, als sie ihm bei ihrer ersten Begegnung von Boy
erzählt hatte, und wie besorgt er gewesen war.
Der Schlamm wurde zu tief, um noch weiter
hinauszulaufen. Ralph hob einen Stein auf und ließ ihn über das Wasser
springen. Gemma lächelte. Wie kam es, fragte sie sich, daß jeder Mann am Strand
darauf programmiert schien, Steine aufzuheben und sie ins Meer zu werfen?
»Ich kenne eine großartige Patisserie in Le
Touquet«, sagte Ralph und drehte sich zu ihr um. Die Sonne stand hinter ihm,
und sein Haar bildete einen kupferfarbenen Heiligenschein um sein Gesicht.
»Sollen wir noch Kaffee trinken, ehe wir zurückfahren?«
»Es war ein ganz bezaubernder Tag«, sagte Gemma
und leckte sich den Zeigefinger ab, mit dem sie den letzten Krümel Millefeuille aufgetupft hatte. »Ich fühle mich meilenweit von zu Hause entfernt, als sei ich
eine Woche lang in Urlaub gewesen. Ich will nicht nach Hause!«
Ralph wirkte ein paar Sekunden lang
nachdenklich, und dann sagte er: »Mußt du denn unbedingt zurück? Hast du Pläne
für morgen?«
»Nicht wirklich«, sagte Gemma und spürte einen
Anflug von Panik. Es war nicht wirklich ein Vorschlag gewesen. Sie hatte nur
etwas Nettes sagen wollen.
»Warum bleiben wir dann nicht einfach hier? Wir
könnten zu Abend essen und einen guten Wein trinken. Am Strand gibt es ein
Hotel. Es ist zweckmäßig, nichts Besonderes, aber man kann in der Nacht das
Meer hören. Man kommt sich vor wie in einem Bunker in den Sanddünen.«
»Du kommst wohl oft hierher?« Der Tag war etwas
ganz Besonderes für sie gewesen, und irgendwie fand sie die Vorstellung
abschreckend, daß er dasselbe jedes Wochenende tat.
»Ich habe einen Freund, der gern um Geld spielt.
Ich bin ein paarmal mit ihm hier gewesen.«
Dann war er also schwul. Nun, gut. Das machte
alles viel unkomplizierter.
»In Ordnung«, sagte sie, »aber du mußt mir
erlauben, dich zum Abendessen einzuladen.«
Sie checkten im Hotel ein. Das schöne Wetter
hatte viele Menschen aus dem Haus gelockt, und es war nur noch ein Zimmer frei.
Sie sah den besorgten Ausdruck auf Ralphs Miene, als die Empfangsdame die
Situation erklärte. Dann drehte er sich zu Gemma um und fragte sie, ob es ihr
etwas ausmachen würde, ein Zimmer mit ihm zu teilen.
»Es hat zwei Betten«, sagte er.
»Von mir aus, solange du nicht schnarchst«,
sagte sie lachend und fragte sich, warum er einen solchen Wirbel veranstaltete.
Ralph war sicher, daß er das Restaurant finden
würde, in das er gehen wollte, aber er konnte sich nicht an den Namen erinnern,
und daher beschloß er, sich zu Fuß auf die Suche zu machen und einen Tisch zu
reservieren, während Gemma Zahnbürsten kaufte.
Ein Hemdchen aus rosefarbenem Seidensatin war
Gemma im Fenster des extrem schicken Wäschegeschäfts neben der Patisserie
aufgefallen. Sie hatte sich bereits überlegt, daß es ein ideales Top für den
Abend abgeben würde. Sie ging zurück. Ihr Hosenanzug aus Leinen war nach dem
langen Tag ein wenig zerknittert, und die Hosenbeine hatten von dem Spaziergang
am Strand Wasserflecken, aber damit würde sie leben müssen. Ihr schwarzes
Baumwollhemd war verschwitzt, und sie wollte es gern wechseln. Das
Trägerhemdchen, rechnete sie sich aus, als sie vor dem eleganten Drehspiegel
hinter dem rosa und weiß gestreiften Vorhang hinten im Laden eine Pirouette
drehte, kostete einen Wochenlohn, aber es war schräg geschnitten und in seiner
Schlichtheit überzeugend. Nachdem sie erst einmal beschlossen hatte, es zu
kaufen, erschien ihr die dazu passende Hose relativ preisgünstig.
Gemma duschte gerade, als Ralph in das
Hotelzimmer zurückkehrte. Sie kam in ihren Neuerwerbungen aus dem Bad und hatte
sich ein großes weißes Handtuch wie einen Turban um den Kopf geschlungen. Ralph
stieß einen Pfiff aus. Sie beugte sich vor und begann, sich das Haar
trockenzureiben. Es klopfte. »Ich habe um ein Bügeleisen gebeten«, erklärte
sie, und Ralph verschwand im Bad, während sie, immer noch in ihrer neuen
Unterwäsche, ihren Hosenanzug bügelte.
»Du siehst phantastisch aus, einfach umwerfend«,
sagte er zu ihr, als sie in die kühlere Abendluft hinaustraten, und die
Traurigkeit versetzte Gemma einen Stich, als ihr einfiel, wie angenehm es war,
einen schwulen Mann um sich zu haben, der Kleider und Stoffe zu schätzen wußte
und keine Hemmungen hatte,
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