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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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jemandem, der ihm vielleicht einen Job vermitteln kann, und ich
soll das Abendessen kochen. Ich habe mir das kleine bißchen Hackfleisch
angesehen, das er aufgetrieben hat, und dann ist mir auch noch das Gemüse
aufgefallen, und ich habe mir gesagt: Was, zum Teufel, soll ich damit anfangen?
Daher habe ich alles geschält und in einen Kochtopf mit Wasser geworfen.
Bereitet man so einen Eintopf zu? Ich wünschte, Du wärst hier und könntest mir weiterhelfen.
    Wir haben inzwischen eine feste Bleibe gefunden
— Post ist uns immer willkommen! Es ist hübsch hier, und ich kann Dir gar nicht
sagen, wie glücklich ich bin. Hier blühen überall die Kirschbäume. Es heißt
Notting Hill Gate und liegt im Bezirk Kensington, falls dir das etwas sagt. Das
Haus, in dem wir leben, muß früher einmal eine grandiose Villa gewesen sein,
und jetzt ist es in Einzimmerwohnungen unterteilt. Die Decken sind hoch und an
den Rändern mit Laub und Blüten verziert. Wir haben ein hübsches Zimmer, und es
fehlt uns an nichts. Auf dem Treppenabsatz gibt es ein Bad. Wir haben den
Vermietern erzählt, daß wir verheiratet sind, und Laurie hat mir einen Ring
gekauft. Er ist aus Silber und sehr schlicht, und ich trage ihn an dem Finger,
an dem man einen Ehering trägt. Hier leben die verschiedensten Typen, und ich
glaube, den meisten wäre es ohnehin egal. So geht es in London nun mal zu,
verstehst Du, einfach kosmopolitischer.
    Wie steht es übrigens mit deinen
Hochzeitsplänen? Es tut mir leid, daß ich Dich als Brautjungfer versetze, aber
ich glaube kaum, daß es Dad lieb wäre, wenn ich wie Banquos Geist in Macbeth
bei dem Fest in Erscheinung treten würde. Da müßte ich doch glatt Rot tragen
oder so was! Was sagen sie überhaupt alle dazu? Beantworte mir diese Frage
nicht, ich kann es mir ohnehin denken...
    Inzwischen habe ich einen Job. Ich bin
Serviererin im Lyon’s Corner House in Charing Cross. Erinnerst Du dich noch
daran, wo dieser Mann am Tag des Sieges die Trompete gespielt hat? Ganz in der
Nähe ist es. Ich bin im Selfservice tätig. In erster Linie arbeite ich am
Kuchenbüffet. Wir sorgen dafür, daß von allem möglichst viel bereitsteht. Ich
muß eine Süßspeise zubereiten, die aus zwei Sorten Gelee besteht, und darauf
kommt Obst und dann Eiscreme, und obendrauf ein Klacks rotes Zeug, und man muß
peinlich die Reihenfolge beachten. Man wird genau dabei beobachtet. Kürzlich
ist mir eine dieser Süßspeisen mißlungen, und daher habe ich sie selbst
gegessen, als gerade niemand hingesehen hat! Ich würde lieber als Kellnerin
arbeiten, weil sich die Trinkgelder ganz schön summieren, aber dafür muß man
sich mit dem Silber auskennen, und diese Tabletts sind ziemlich schwer, und
wenn einem jemand hochmütig kommt, muß man sich auf die Zunge beißen. Die
Arbeit macht mir ziemlich viel Spaß. Man verdient nicht schlecht, und ich
bekomme das Essen umsonst. Das ist auch gut so, denn Laurie sagt, wenn wir auf
mich angwiesen wären, würden wir beide verhungern!
    Laurie sagt, es ist nur vorübergehend. Sowie er
ein Bild verkauft, geht es nach Paris. Paris, Shirl, kannst Du dir das
vorstellen? Ich habe es bis jetzt noch nicht verkraftet, in London zu leben.
Ich schaue ständig nach oben, wenn ich durch die Gegend laufe. Samstags arbeite
ich, aber an den Sonntagen geht Laurie mit mir in eine Galerie. Es ist einfach
wunderbar, Shirl. Du machst dir keine Vorstellung davon, wie viele unbekannte
Bilder es gibt.
    Ich weiß, daß Du meine Entscheidung mißbilligst,
aber ich hoffe, daß Du Laurie eines Tages mögen wirst. Ich wünschte nur, er
wäre nicht verheiratet. Das wünscht er sich auch! Seine Frau wird gut
zurechtkommen, ganz ehrlich, weil sie ohnehin ihr eigenes Geld hat — das hat
sie ihm immer wieder ins Gedächtnis gerufen, und ich kann dir versichern, daß
er das gar nicht mochte. Nun, wir sind arm und selig miteinander wie in einem
Roman.
    Ich hoffe, daß Dein großer Tag sich gut anläßt,
Shirl. Grüße Ken von mir und schreib mir bitte, Shirl.
    Alles Liebe von Deiner Estella
    P. S. Ich habe beschlossen, mich Estella zu
nennen. Das klingt doch nett, findest Du nicht auch?
     
    Gemma faltete den Brief sehr sorgfältig wieder
zusammen. Es war billiges liniertes Papier, das aus einem Schulheft
herausgerissen worden war. Es fühlte sich an, als würde es zu Staub zerfallen,
wenn man es mißhandelte. Sie steckte die Zettel wieder in den Umschlag und
legte ihn in den Schuhkarton auf ihrem Schoß. Wie seltsam es doch war,

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