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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Sie
hat uns einen Kuchen mit Datteln und Walnüssen gebacken, etwas schwer, aber
sehr sättigend.
    Laurie unterrichtet jetzt an zwei Abenden in der
Woche an der Volkshochschule. Das Geld können wir wirklich gut gebrauchen. Ich
habe gesagt, ich würde seinen Kurs gern besuchen, aber er hat gesagt, ich soll
nicht so albern sein, und damit war das Thema abgeschlossen. Aber ich lerne eine
ganze Menge über das Leben, Shirl. Viel mehr, als ich in der Schule je gelernt
habe.
    Bitte, schreib mir, Shirl.
    Alles Liebe von Estella
     
    Sie konnte in der Person, die diese Briefe schrieb,
ihre Mutter nicht wiedererkennen, und doch kamen ihr die Emotionen und die
Sorge, von der sie ahnte, daß sie sich direkt hinter der aufgesetzten
Fröhlichkeit verbarg, äußerst vertraut vor. Gemma nahm das nächste Blatt aus
dem Schuhkarton und legte es mit der Schrift nach unten in den Fotokopierer.
    Es war eigentümlich, fand sie, wie wichtig ihr
die Briefe plötzlich geworden waren. Am Tag zuvor hatte sie noch nichts von
deren Existenz geahnt, und doch hatte ihre Hand im Lauf der Nacht immer wieder
nach ihnen getastet, um sich zu vergewissern, daß sie noch neben dem Bett auf
dem Boden lagen. Wenn Ralph nicht neben ihr geschlafen hätte und wenn sie ihm
nicht zu allem Überfluß auch noch gesagt hätte, daß sie die Briefe aufbewahrte,
um sie gemeinsam mit Daisy zu lesen, dann wäre sie gewiß die ganze Nacht über
aufgeblieben und hätte einen nach dem anderen verschlungen.
    Am Morgen war ihr kein Platz eingefallen, der
sicher genug war, um sie dort aufzubewahren, und daher hatte sie die Briefe zur
Arbeit mitgenommen und verbrachte ihre Mittagspause damit, sie zu fotokopieren.
Der Schuhkarton war fast voll, doch allmählich arbeitete sie sich nach unten
durch. Sie steckte jeden Brief wieder in den Umschlag, ehe sie zu lesen begann.
     
    Juni 1951
    Liebe Shirl,
    ich habe mich so sehr über Deine Postkarte
gefreut. Ich habe nicht geglaubt, daß Du mich fallenläßt, obwohl inzwischen
schon so viel Zeit vergangen ist, daß ich begonnen habe zu zweifeln. Schreib
mir einen ordentlichen Brief und berichte mir alles über die Flitterwochen.
Torquay sieht sehr hübsch aus. Ich wußte gar nicht, daß in England Palmen
wachsen!
    Laurie und ich haben unseren ersten Krach
gehabt, Shirl. Er war sauer, weil ich mir eine Jacke gekauft habe. Ich weiß,
daß ich es nicht hätte tun sollen, aber ich habe sie vom Bus aus täglich im
Schaufenster gesehen. Sie ist aus dunkelgrünem Kordsamt, und ich habe mein
gesamtes Geld dafür ausgegeben (einschließlich der Summe, die du mir für den
Notfall geliehen hast, aber mach dir keine Sorgen, ich werde dir das Geld zurückbezahlen),
und Laurie hat gesagt, ich sei verantwortungslos. Und wer zahlt hier die Miete?
habe ich zu ihm gesagt, weil ich nämlich mehr Geld nach Hause bringe als er.
Daraufhin hat es ihm gereicht, Shirl. Wir haben die Bude zusammengebrüllt. Er
ist aus dem Haus gestürmt, und ich dachte schon, er sei für immer gegangen.
Aber dann ist er zurückgekommen, und wir haben uns wieder versöhnt. Er hat
gesagt, daß er mich liebt und nie eine andere geliebt hat, und von meiner Seite
sieht es genauso aus. Ich habe nie gewußt, daß Liebe so weh tun kann. Er hat
mich gezeichnet, als ich geweint habe. Er sagt, es ist eine sehr gute
Zeichnung. Ich habe gesagt, du wirst diese Zeichnung doch nicht etwa jemandem
zeigen, aber ich glaube, er wird sie herumzeigen.
    Ich arbeite immer noch bei Lyons. Dort sieht man
die verschiedensten Leute, und wenigstens bekommt man sein Essen umsonst. Und
man kann mit den Mädchen herumalbern. Wenn du mich schlimm findest, Shirl, dann
solltest du erst einmal sehen, wie die Mädchen von der Frühstücksschicht die
Würstchen und die Tomaten auf den Tellern anrichten!
    Schreib mir, wie es dir geht, Shirl.
    Liebe Grüße von Estella
     
    Gemma lächelte. Zumindest nahm das atemlose
Mädchen, das die Briefe schrieb, jetzt eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer
Mutter an. Estella liebte Kleider, und sie konnte kräftigen Farben nicht
widerstehen. Gemma erinnerte sich an eine taillierte Jacke aus dunkelgrünem
Kordsamt mit Schulterpolstern und zwei fehlenden Knöpfen. Sie war gemeinsam mit
einer Menge anderer Kleidungsstücke, die alle die kräftigen Farbtöne eines
Buntglasfensters hatten, zu einer Oxfam-Filiale gewandert. Als sie Whitton
House ausgeräumt hatte, war sie erbarmungslos mit der Habe ihrer Mutter
umgegangen. Als Daisy endlich aufgetaucht war, um ihr zur Hand zu gehen,

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