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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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waren
sämtliche Kleiderschränke leergeräumt, und das war auch gut so, denn Daisy
hätte alles aufgehoben.
    Wo steckte Daisy jetzt? Gemma hatte mehrere
Nachrichten auf Band hinterlassen, doch ihre Anrufe wurden nicht beantwortet.
Sie drückte auf die Mikrofontaste des Telefons und wählte erneut die Nummer
ihrer Schwester. Es läutete einmal.
    »Ja?«
    Seine Stimme ließ sie zusammenzucken. Er wirkte
unwillig, als nähme er den Anruf im Büro und nicht etwa zu Hause entgegen.
    Sie hatte sich den Moment, in dem sie nach
Jahren wieder mit ihm sprach, eine Million Mal ausgemalt, und doch war sie
vollkommen unvorbereitet auf die Realität. Eilig nahm sie den Hörer ab. »Ist
Daisy da?« stammelte Gemma und versuchte, sich zu fassen.
    »Nein. Einen Moment...« Oliver hatte seinen
Liverpoolakzent weitgehend abgelegt, doch er sprach das stumme »g« am Wortende
immer noch aus. »Falls ich etwas zu schreiben finde, notiere ich Ihren Namen
und Ihre Telefonnummer.«
    Sie hörte, wie am anderen Ende der Leitung
Papiere umhergeschoben wurden und Oliver, der keinen Bleistift finden konnte,
fluchte.
    »Oliver? Hier ist Gemma. Richte ihr einfach nur
aus, daß ich angerufen habe.«
    »Gemma?« War er überrascht, erfreut, verstimmt?
Gemma wartete auf einen Hinweis, und ihr Herz schlug heftig. Sie hatte das
sichere Gefühl, er könnte es hören.
    »Die Sache ist die, Gemma, daß ich sie nicht
sehen werde«, sagte er mürrisch. »Ich bin nur schnell in meiner Mittagspause
hergekommen, um ein paar Sachen zu holen. Sie hat mich vor die Tür gesetzt,
aber gewiß weißt du das längst.« Etwas Drohendes schwang in seiner Stimme mit.
    Sie glaubte nicht, daß sie ihn richtig
verstanden haben konnte. »Wie meinst du das?« fragte sie.
    »Daisy und ich leben nicht mehr zusammen«, sagte
er so langsam und deutlich, als spräche er mit einem Kind.
    »Ach.«
    »Das war dir wohl neu, was?« erkundigte er sich
und fügte sarkastisch hinzu: »Dann ist es wohl ein reiner Zufall, daß es
ausgerechnet dann passiert, wenn du wieder nach Hause kommst?«
    Sie hatte vergessen, wie boshaft er sein konnte,
wenn er wütend war. Was wollte er damit andeuten? »Ja.« Ihr Erstaunen war so
offenkundig, daß sein Tonfall sich veränderte.
    »Oh... also, dann, es tut mir leid, Gemma, ich
dachte einfach nur...«
    »Und wo wohnst du jetzt?« fragte sie.
    »Im Moment schlafe ich bei verschiedenen Leuten
auf dem Fußboden... Sieh mal, ich sollte jetzt besser gehen. Ich habe von Daisy
gehört, daß es dir gutgeht.«
    »Ja.« Sie versuchte, sich etwas einfallen zu
lassen, was sie jetzt sagen konnte.
    »Und was ist mit dir? Geht es dir gut?« fragte
sie.
    »Gut? Es ist mir schon bessergegangen, Gemma.«
Dann wurde sein Tonfall freundlicher, vielleicht, weil ihm selbst aufgefallen
war, wie unangebracht feindselig er wirkte. »Ja, vermutlich geht es mir gut.
Sieh mal, ich kann jetzt nicht reden. Ruf mich bei Gelegenheit mal in der
Arbeit an. Wir könnten uns auf einen Drink treffen und über die alten Zeiten
plaudern... Also, mach’s gut, Gemma.«
    »Mach’s gut«, sagte Gemma, doch er hatte bereits
aufgelegt.
    Sie hielt den Hörer noch eine Zeitlang in der
Hand, denn sie war nicht sicher, ob sie sich dieses Gespräch nicht nur
eingebildet hatte. Dann rief ihr eine Stimme, die auf Band aufgezeichnet war,
durch die tote Leitung zu: »Der Teilnehmer am anderen Ende hat aufgelegt!«
    Ihr war so flau im Magen, als hätte sie einen wichtigen
geschäftlichen Termin vor sich. Sie schluckte und machte sich auf den Weg zur
Toilette. Ihr Gesicht war bleich. Sie wusch sich die Hände und bürstete sich
das Haar. Dann ging sie wieder in ihr Büro, nahm ihre Notizen zur Hand und
erledigte sämtliche anstehenden Anrufe. An jenem Nachmittag schaffte sie mehr
Arbeit als in der gesamten vorangegangenen Woche. Sie wollte sich keine einzige
Sekunde Zeit zum Nachdenken lassen.
     
    Gemma stieg zwei Haltestellen eher als sonst aus
dem Bus. Sie lief die Straße entlang und blieb vor einer der großen weißen
Doppelhaushälften stehen. Neben der leuchtendgrünen Haustür mit dem
Messingtürklopfer in Form eines Löwen, der in der Sonne funkelte, war nur eine
einzige Klingel angebracht. Das Haus war offensichtlich wieder zurückverwandelt
worden, von Wohnschlafzimmern, die einzeln vermietet wurden, in ein nobles
Stadthaus. Im Erdgeschoß stand ein großes hölzernes Schaukelpferd im
Erkerfenster. Gemma lugte in das Souterrain. Die Küche war mit Birke und
rostfreiem Stahl kostspielig

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