Es gibt kein nächstes Mal
Vignotte ab. »Sie wollen sich Optionen auf alle
anderen Bücher von Diamond sichern und auch für«, fügte er mit vollem Mund
hinzu, »Biskuit und Donut.«
»Nein.« Ihre Reaktion kam unverzüglich. »Nein,
dafür nicht.«
Bertie hatte zwei Werke ganz allein
veröffentlicht. Das erste war das Tieralphabet, sämtliche Buchstaben des
Alphabets mit Tieren illustriert, und die Originalzeichnungen zu dem Buch
hatten in Gemmas Kinderzimmer an den Wänden gehangen. Bei dem zweiten Werk
handelte es sich um eine Serie von Büchern über zwei Puppen, Biskuit, eine
weiche Stoffpuppe, und Donut, ein robuster Pummel, die gemeinsam in einem Haus
mit einer leuchtendroten Tür lebten.
Im Lauf der Jahre waren zahlreiche Angebote für
die Bücher eingegangen, doch abgesehen von den Lizenzen, deren Vergabe den
britischen und amerikanischen Verlagen Vorbehalten war, hatte Gemma gegen jede
weitere Verwertung der Bücher aus der Biskuit-und-Donut-Reihe Einspruch
erhoben. Sie wußte, daß ihre Haltung Jonathan frustrierte, obwohl er zu
vernünftig war, um ihre Abwehr jemals in Frage zu stellen. Es hatte sie
mehrfach erstaunt, daß Daisy nicht mehr Staub aufgewirbelt hatte, wenn große
Geldsummen zur Diskussion standen, aber vielleicht war es die einzige
Gemeinsamkeit, die sie und Daisy immer noch hatten — sie wollten nicht, daß
diese sonderbar persönlichen Geschichten über ihr Heranwachsen in aller Welt
verbreitet wurden.
Gemma begann, die Teller abzuräumen. Sie reichte
Jonathan eine weitere Flasche Wein und einen Korkenzieher.
»Und was hältst du nach all diesen Jahren von
London?« fragte er. Es war deutlich zu erkennen, daß Gemma nicht mehr über den
Nachlaß reden wollte.
»Es ist für mich eine Art Abenteuer... ich habe
London ohnehin nie gut gekannt. Verstehst du, wir sind nur ein- oder zweimal im
Jahr hergekommen. Und später dann etwas öfter, als ich dieses fanatische Interesse
am Ballett entwickelt habe. Erinnerst du dich noch?«
Es hatte eine Phase gegeben, in der Gemma
Ballettunterricht genommen hatte, und damals hatte Bertie mit ihr samstags die
Matineen in Covent Garden besucht. Es war nur etwa eine Fahrtstunde von Whitton
House entfernt, und doch war es eine ganz andere Welt, dieser Lärm nach dem
Frieden ihres ländlichen Feldwegs. Gemma erinnerte sich noch an den Verkehr und
die Busse und das grandiose rotgoldene Spektakel des Opernhauses. Besser als an
alles andere erinnerte sie sich jedoch an die Eistüten, die sie auf dem Heimweg
in einem italienischen Eissalon in Camden kauften und an denen sie verstohlen
leckten, während sie durch die Vororte fuhren; jedesmal wenn er die Spur
wechseln oder eine schwierige Kreuzung bewältigen mußte, nahm Gemma die Eistüte
ihres Vaters in die rechte Hand. Dieses Eis war das Geheimnis, das sie
stillschweigend miteinander teilten. Wenn Daisy etwas davon gewußt hätte, hätte
sie einen schrecklichen Wirbel veranstaltet, und daher war es das beste, dafür
zu sorgen, daß sie es nicht herausfand.
»Mich hat er auch dorthin mitgenommen«, sagte
Jonathan, »in unseren gemeinsamen Londoner Zeiten. Er hat unglaublich gern Eis
gegessen, stimmt’s?«
»Ja. Das scheine ich von ihm geerbt zu haben«,
sagte Gemma und ging wieder zum Kühlschrank, um mit einer bravourösen Geste
eine Packung Sahnepraline von Häagen Dazs herauszuholen.
»Ich auch«, sagte Jonathan und nahm sich eine
beträchtliche Portion.
»Ich frage mich, ob es dieses Eiscafé noch
gibt«, sagte Gemma versonnen.
»Marine Ices? Ja, das Geschäft geht immer noch
blendend. Ich gehe jedes zweite Wochenende mit David und Sarah hin. Du mußt mal
mit uns kommen.«
Gemma spürte Tränen in ihren Augen aufsteigen.
Es löste unbeschreibliche Glücksgefühle in ihr aus, daß Berties Enkel in die
Familientradition des samstagnachmittäglichen Eisessens eingeführt wurden, doch
es machte sie auch traurig, daß er nicht bei ihnen sein konnte. Er liebte
Kinder und hatte immer behauptet, im Greisenalter wolle er von Enkelkindern umgeben
sein.
»Ich glaube, du wirst vorzeitig senil«, hatte
Estella im Scherz darauf erwidert, doch ihre Stimme war verräterisch scharf
gewesen. »Mein Gott, ich habe den größten Teil meines Lebens mit dem Versuch zugebracht,
interessante Erwachsene zu finden, mit denen man reden kann, und jetzt sitze
ich mit einem erwachsenen Mann da, der dann am glücklichsten ist, wenn er auf
den Knien rumrutscht und mit Kleinkindern spielt!«
»Sie sind die besten Studienobjekte«, entgegnete
Bertie
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