Es gibt kein nächstes Mal
arbeitete, aber es schien ganz so, als wollten die Leute,
wenn man sich erst einmal auf einem bestimmten Gebiet einen Ruf erworben hatte,
nichts anderes mehr von einem hören. Manchmal erhielt sie einen Brief von einem
Agenten, der mit ihr darüber sprechen wollte, ob sie nicht Lust hätte, ein Buch
zu schreiben, doch da sie sich mit Agenten getroffen hatte, wußte sie, daß sie
entweder Selbsthilfebücher für alleinstehende Mädchen von ihr haben wollten
oder seichte, anzügliche Liebesromane, in denen Pferde vorkamen, und Daisy
wußte, daß sie so etwas nicht schreiben wollte. Für Daisy bestand das Problem
darin, daß sie mit absoluter Sicherheit wußte, was sie alles nicht tun wollte,
aber im selben Maß war sie unsicher, wenn es darum ging, was sie wirklich tun
wollte.
Sogar am Anfang hatte sie nie eine klare
Entscheidung getroffen. Sie hatte sich nicht bewußt vorgenommen, Journalistin
zu werden. Als sie 1985 aus Frankreich zurückgekehrt war, hatte sie keine Pläne
gehabt, wollte lediglich ihren Studienplatz an der Durham University annehmen
und drei Jahre lang Französisch studieren. Dann hatte sie innerhalb eines
Zeitraums von kaum mehr als zwei Monaten Oliver kennengelernt, ihre Eltern
waren auf tragische Weise gestorben, und Gemma war aus England fortgegangen.
Alle außer Oliver hatten sie damals schlagartig im Stich gelassen.
Sie war für ein Semester nach Durham gegangen,
hatte jedoch festgestellt, daß sie sich dort nicht einleben konnte, und sie
hatte auch nicht konzentriert arbeiten können. Eine der Assistentinnen brachte
Verständnis für sie auf und schlug eine Beratung vor. In ihrer ersten Sitzung
hatte Alice, die Beraterin, Daisy aufgefordert, einen Bericht darüber zu
schreiben, wie man sich fühlte, wenn man beide Elternteile verloren hatte. Das
hatte sich als die beste Therapie erwiesen. Oliver las den Bericht und sagte,
sie sollte ihn veröffentlichen. Da sie keine Ahnung hatte, wie sie das
anstellen sollte, schickte sie den Bericht zu einem Wettbewerb für junge
Nachwuchsjournalisten ein, und kurz vor Weihnachten hörte sie zu ihrem
Erstaunen, daß sie den Wettbewerb gewonnen hatte. Sie wurde mit Angeboten von
Zeitschriften überschwemmt, und diese Angebote waren in erster Linie deshalb
verlockend, weil die Zeitschriften in London saßen, und dort befand sich auch
Oliver, der bei einer Kanzlei von linksorientierten Anwälten ein Praktikum
machte.
Sie beschloß, das Studium für den Moment auf Eis
zu legen und zu ihm zu ziehen. Er hatte in einem feuchten Haus in Brixton ein
Zimmer gemietet. Sein Einkommen reichte gerade für die Miete, das Essen und die
Fahrscheine. Daisys Einnahmen gingen dafür drauf, angemessene Kleidung für die
jeweilige Arbeit der beiden zu kaufen und auswärts zu essen, wenn sie mit dem
Kochen dran war. Sie waren arm und rasend glücklich. Die klumpige
Beschaffenheit des Bettes schien ihre Liebesspiele zu bereichern und zu
stimulieren. Der Sex war wie eine Droge, mit deren Hilfe sie schwierige Zeiten
überstanden. Fast jeden Morgen liebten sie einander schläfrig, ehe sie aus dem
Bett sprangen, der Kälte trotzten und zum nächstgelegenen Schwimmbad rannten.
Dort schwammen sie ein paar Minuten, Oliver zügig und Daisy zurückhaltend, ehe
sie sich unter die heiße Dusche stellten (zu Hause hatten sie nie heißes
Wasser). Dann liefen sie, sauber und Chlorgeruch verströmend, wieder nach
Hause, und oft konnten sie es einfach nicht lassen, sich noch einmal zu lieben,
ehe sie mit der U-Bahn zur Arbeit fuhren. Heute, in ihrer wunderschönen Wohnung
in Hampstead, sehnte sich Daisy manchmal nach diesem schäbigen Zimmer in
Brixton zurück und auch danach, wie sie damals waren, auf dem Höhepunkt ihrer
Leidenschaft füreinander.
Nachdem der Nachlaß von Bertie und Estella aufgelöst
und das Haus in Whitton verkauft worden war, stellte Daisy fest, daß sie außer
dem festen Einkommen, das ihr ein Anteil von einem Drittel an Berties
literarischem Nachlaß sicherte, auch eine ganz beträchtliche Geldsumme geerbt
hatte. Jetzt konnte sie, während Oliver ihr eine emotionale Stütze war, für sie
beide eine finanzielle Stütze sein, und zwar in einem Maß, das weit über ihre
kühnsten Träume hinausging. An dem Tag, an dem das Geld auf ihr Konto
überwiesen wurde, kaufte sich Daisy einen Sportwagen. Oliver wurde wütend, als
er ihn sah.
»In dieser Straße übersteht der nicht einmal die
erste Nacht«, sagte er.
»Dann werden wir eben umziehen müssen«,
erwiderte Daisy und
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