Es gibt kein nächstes Mal
bereitwillig zugegeben, ich
bin eine absolut unbrauchbare Hausfrau, aber im Grunde genommen macht mir das
nichts aus. Und, dachte sie in selbstbewußteren Momenten, dir sollte es
eigentlich auch nichts ausmachen.
Sie setzte sich wieder an ihre Schreibmaschine.
In der Wohnung im Erdgeschoß hatte der Nachbar gerade mit seinem allabendlichen
Üben auf der Steelguitar begonnen. Sie wappnete sich gegen Olivers gewohnten
Ausbruch.
»Um Himmels willen, sei still !« schrie er
und pochte mit dem Stiel eines Besens, den er eigens zu diesem Zweck im Flur
aufbewahrte, auf den Fußboden.
Daisy störte sich nicht wirklich an dem Lärm.
Sie wußte gern, daß auch noch andere Leute im Haus waren, und sie empfand das
Geräusch als wohltuend und beschwichtigend. Oliver war wild entschlossen, sich
nicht daran zu gewöhnen, doch gleichzeitig war er ebenso wild entschlossen,
sich nicht von Angesicht zu Angesicht mit dem Nachbarn anzulegen. Wenn die
beiden einander in der Eingangshalle begegneten, was selten geschah, dann gab
sich Oliver immer äußerst charmant. Das gehörte zu den vielen Dingen, die Daisy
nie an ihm verstehen würde. Wie zum Beispiel auch, daß er stundenlang wegen
einer Essenseinladung jammern konnte, die sie angenommen hatten, und wenn sie
dann schließlich dort ankamen, war er ein unglaublich einnehmender und
geistreicher Gast. Wenn Daisy jemals anderen gegenüber geäußert hätte, Oliver
könnte zu Hause launisch, unsachlich und regelrecht schwierig sein, dann hätten
die Leute sie absolut ungläubig angestarrt. Vielleicht, sagte sie sich oft,
liegt es an mir. Vielleicht mache ich ihn dazu.
»ALTERNATIVEN IN DER LIEBE«, las Oliver, der
über ihre Schulter schaute. »Jetzt hör bloß auf, Daisy, ist das nicht schon
reichlich abgedroschen, sogar für deine Maßstäbe?«
»Scheiße«, sagte Daisy und schraubte das Tippex
auf. »Ich bringe diese Buchstaben immer durcheinander.«
»Du solltest dir einen Computer kaufen«, sagte
Oliver.
»Das sagst du ständig. Ich bin mit meiner
Schreibmaschine recht zufrieden. Ich weiß ohnehin nicht, wie man einen Computer
bedient.«
»Dann lernst du es eben.«
Sie wußte, daß er recht hatte, aber sie konnte
es nicht leiden, solche Dinge gesagt zu bekommen. Sie hatte ihm schließlich
auch nie erklärt, wie man eine Verteidigung aufbaut. Es war nicht etwa so, als
könnte er persönlich einen Computer bedienen. Sie spürte, wie sie in Wut
geriet, und in dem Bemühen, diese Wut nicht aus sich herauszulassen, spannte
ihr Körper sich an. Sie wollte keinen Streit, nicht heute abend.
»Gemma ist zurückgekommen«, sagte sie.
Sie blickte nicht auf.
»Was?«
»Gemma ist zurück. Sie ist hier, in London. Sie
lebt hier. So scheint es jedenfalls.« Es war ihr beim ersten Mal schon schwer
genug gefallen, diese Worte zu sagen.
»Hat sie angerufen?«
»Nein, sie hat natürlich nicht angerufen«, sagte
Daisy hitzig. »Ich bin Kathy bei Sainsburys über den Weg gelaufen.«
»Kathy wie in Roger der...«
»Ja«, sagte Daisy unwirsch.
Er wußte genau, wer Roger war. Roger hatte eine
Affäre mit Olivers Außendienstmitarbeiterin Emily. Daisy hegte den leisen
Verdacht, daß sie Oliver auch gefiel, denn er äußerte immer wieder
geringschätzig, er könnte nicht verstehen, was sie an Roger fände.
»Oh«, sagte Oliver.
»Was soll das denn heißen?« fragte Daisy.
»Es heißt nicht das geringste«, gab Oliver
zurück.
Sie hatte nie in Erfahrung bringen können, was
Oliver von Gemma hielt. Nachdem all ihre Versuche, den Kontakt zu Gemma
wiederherzustellen, schroff abgewiesen worden waren, hatte Daisy ein paar Jahre
später einen Artikel über posttraumatische Streßsyndrome gelesen und
beschlossen, darunter müsse Gemma leiden. Sie hatte versucht, dieses Thema mit
Oliver zu erörtern, da sie ihre Überlegungen von ihm bestätigt haben wollte,
aber er hatte sie einfach nur angesehen und sich über ihre Versuche amüsiert,
rationale Erklärungen zu finden.
»Sie ist ein dummes kleines Biest«, sagte er
schließlich, als sei der Fall damit abgeschlossen.
»Nein, das ist sie nicht!« Daisy hatte
feststellen müssen, daß sie sich für ihre Schwester einsetzte. Oliver hatte
einfach das Zimmer verlassen, und seitdem hatte sie den Trennungsschmerz allein
verkraften müssen, den Schmerz darüber, daß Gemma sie im Stich gelassen hatte.
Jetzt konnte sie ihn nicht ansehen.
»Komm schon«, sagte er, nachdem ein Weilchen
Schweigen geherrscht hatte, »wir gehen aus.«
»Wohin?« fragte
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