Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
Perlmuttknöpfe seines Hemds zu öffnen.
     
    Hinterher lag sie nackt auf dem Fußboden und
blickte durch das offene Fenster zu den schwarzen Baumwipfeln und den Sternen
darüber. Sie hatte nicht die Energie, jetzt aufzustehen und die Vorhänge zu
schließen. Oliver hatte ein Handtuch um seine Hüften geschlungen, als er wieder
ins Zimmer kam. Sein Bauch, der immer flach und knabenhaft gewesen war, rundete
sich jetzt ein wenig. Er begann endlich, seinem Alter entsprechend auszusehen.
Er kauerte sich neben ihr hin, küßte sie und reichte ihr ein Glas Rotwein. Sie
nippte ein wenig daran, machte sich aber nicht die Mühe, sich richtig
aufzusetzen, und ein Tropfen rollte über ihr Kinn. Er fing ihn mit seinem
Finger auf und verrieb die purpurne Flüssigkeit wie Lippenstift auf ihren
vollendeten vollen Lippen.
    »Ich liebe dich«, sagte er.
    Das hatte er früher nie gesagt, nicht
regelmäßig, und jetzt schien er es jedesmal zu sagen, wenn sie miteinander
schliefen. Sie fragte sich, warum sie sich mit der Zeit darüber zu ärgern
begann. Sie sah ihn an. In seinen Augen stand fast so etwas wie ein Flehen, in
diesen eigentümlichen Augen, die dunkel und zugleich doch irgendwie hell waren.
    Warum, dachte sie, bin ich sogar nach einem so
zauberhaften Abend nicht mehr restlos glücklich mit dir?
    »Ich liebe dich auch«, sagte sie und wandte sich
von ihm ab, um ihr Kleid aufzuheben. Sie konnte ihn nicht mehr ansehen, wenn
sie das sagte, denn sie war nicht mehr sicher, ob es der Wahrheit entsprach.
Und sie wußte, daß er es ihr sofort angesehen hätte.
     
     
     

9
     
    In den Shepperton Studios hatten sie eine Straße
gebaut, die wie eine Stadt der Zukunft aussehen sollte. In Wirklichkeit, fand
Daisy, sah sie eher so aus wie eine beliebige Straße in einer beliebigen Stadt
im Jahr 1995, mit ihren Burgerbars und Spielhallen, in denen nur Videospiele
gespielt werden konnten. Scharen von Statisten standen herum. Sie trugen
schwere kniehohe Rockerstiefel und aufgeschlitztes Zeug aus Gummi und Leder.
Ihr merkwürdiger Irokesenschnitt war in grellen Neonfarben eingefärbt, blau,
gelb und rosa. Daisy kam nicht dahinter, ob sie kostümiert waren oder ob man
sie in mühsamer Suche einzeln auf der Straße aufgegabelt hatte. Sie war
zwischen zwei Takes eingetroffen, und eine Menge Techniker standen herum und
aßen Speckbrote.
    Der Film, der hier gedreht wurde, trug den Titel Unglückselig, und nach allem, was sie den Pressemitteilungen entnehmen
konnte, handelte es sich um den Versuch einer interplanetarischen Adaption von Romeo
und Julia. Eine Kreuzung aus Aliens und West Side Story, fünfzig Jahre später und ohne Musik schrieb Daisy auf ihren Notizblock.
Außerdem fiel ihr auf, daß sich die synthetische Straße, in der sie stand,
Montague Street nannte, und eine der Burgerbars trug den Namen Capulet.
    Sie fragte einen aus der Horde der Jugendlichen,
wo sie den Pressechef finden könne, und sie war erstaunt, als er ihr in dem
unverkennbaren, hochgestochenen Akzent der Privatschulen antwortete. Er führte
sie zu dem Künstlerzimmer, das in einer Seitenstraße lag, die abrupt endete,
sowie sie nicht mehr von den Objektiven der Kameras in Aufstellung erfaßt
wurde.
    Sie erklärte, sie sei hier, um für Six Pack Cal Costelloe zu interviewen, den Star. Der junge Schauspieler zog die
Augenbrauen hoch. Bereits innerhalb der ersten Monate nach dem ursprünglichen
Auftauchen an den Zeitungsständen war es Six Pack gelungen, den von der
Redaktion angestrebten Ruf exakt zu erringen. Es war ein reines Männermagazin,
jedoch eines von denen, die (kurz) vor der Pornographie haltmachten. Ebenso,
wie es in den späten Achtzigern vollkommen normal gewesen war, daß ein Mann,
sogar ein Londoner Geschäftsmann im Anzug, ein Exemplar des vulgären Comics Viz in seiner Aktentasche trug, verkörperte Six Pack in den Neunzigern die
akzeptable Form des Indiskutablen. Mit ihren hohen Herstellungskosten und Starjournalisten
gelang es der Zeitschrift, erzkonservative männliche Werte in einer
raffinierten und modischen Verpackung zu servieren und an den Mann zu bringen.
In ihrem weiten fliederfarbenen Leinenhänger und der überdimensionalen
Jeansjacke wirkte Daisy nicht wie eine Frau, die für diese Zeitschrift
arbeitete.
    Daisys Entrüstung über einige der Interviews,
die Six Pack in den ersten Ausgaben mit Frauen durchgeführt hatte, hatte
ihr den Auftrag für den Costelloe-Bericht eingetragen. Sie war eines Tages in
den Büros von Six Pack gewesen, als

Weitere Kostenlose Bücher