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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Gedächtnis zurückgerufen
hatte, und sie hatte sich damals sehr geschämt.
    Er war so überzeugend, wenn es um die Ethik
seiner Arbeit ging, aber ab und zu hatte Daisy das Gefühl, insgeheim sei auch
er desillusioniert. Er liebte den erregenden Schauer des Sieges, das Gefühl,
das Establishment überlistet zu haben, doch wenn er sich in den
Juristeninnungen umsah, die in Gebäuden im Stil der Oxford Colleges ihren Sitz
hatten, dann mußte er doch gewiß selbst erkennen, daß er schlichtweg einer
anderen Form von Establishment angehörte, aber nichtsdestoweniger etabliert
war. Er hatte sich entschlossen, ein Rechtsanwalt, der nicht plädierte, und
nicht Barrister zu werden, was hieß, daß er zumindest nicht in diesen albernen
Sachen rumlaufen mußte, doch er trank mit den Barristern und pflegte
gesellschaftlichen Umgang mit ihnen, und diejenigen unter ihnen, die Daisy
kennengelernt hatte, schienen ihr äußerst amoralische Menschen zu sein.
    Manchmal wünschte sie, Olivers Klienten gehörten
tatsächlich zu der Sorte von Menschen, die wegen Verbrechen mit politischen
Beweggründen angeklagt wurden, und es wären nicht diese Mörder und
Vergewaltiger, die er ständig zu verteidigen schien. Sie wußte jedoch, daß es
ratsam war, ihre Meinung für sich zu behalten, denn Oliver hätte ja doch nur
entgegnet, jedes Verbrechen sei im Klassensystem verwurzelt, und er konnte
ausgezeichnet dahingehend argumentieren, daß folglich jedes Verbrechen
politische Beweggründe hatte. Daisy hatte schon vor langer Zeit den Versuch
aufgegeben, Einwände gegen seine praktizierte Polemik zu erheben. Sie konnte
sich nicht vorstellen, daß er wirklich daran glaubte. Wozu also hätte es gut
sein sollen?
    Sie gab sich damit zufrieden, daß sie die
Wahrheit über Olivers Herkunft kannte. Sie wußte, daß seine politischen
Überzeugungen und sein Zorn die entscheidendsten Requisiten waren, um seine
Identität zu definieren, und sie war zu loyal, um das unterminieren zu wollen.
    Er ging ins Schlafzimmer, um seinen Anzug gegen
Jeans einzutauschen.
    »Wir gehen alle gemeinsam zum Abendessen, um den
gewonnenen Fall zu feiern.«
    »Was, etwa mit dem Würger?« fragte Daisy im
Scherz.
    »Nein, aber die Barrister kommen mit. Ich nehme
kaum an, daß du Lust hast mitzugehen.«
    »Nicht wirklich«, sagte Daisy. Sie war zu einem
oder zwei dieser Essen mitgegangen, wenn es etwas zu feiern gab. Es waren
typisch männliche Gelage, mit reichlich Rotwein, Zigarren und
Selbstbeweihräucherung.
    »Dann sehen wir uns später«, sagte er und gab
ihr einen Kuß auf die Stirn, als er aus dem Haus ging.
    Sie wußte, daß er erst sehr spät nach Hause
kommen würde, und wahrscheinlich würde er sehr betrunken sein, und sei es nur,
um sie dafür zu bestrafen, daß sie sich am Vorabend dasselbe geleistet hatte.
    Sie trat ans Fenster und beobachtete, wie er
durch die Straße lief. Sein Gang wirkte matt und schleppend, und seine Haltung
war gebeugter als sonst. Sie dachte, daß sie ihn unglücklich machte.
    Plötzlich erschien ihr die Wohnung kalt und
leer. Sie wünschte, sie hätte sich einen Ruck gegeben und ihn begleitet. Sie
wußte, daß er sich sehr darüber gefreut hätte. Anwälte schienen immer von ihr
angetan zu sein, und sie wußte, daß Oliver insgeheim gern mit ihr angab. Was
war dagegen einzuwenden, daß man einen Abend lang die Trophäe spielte? Sie
erwog, ihm einfach nachzulaufen. Wenn keine Taxis dastanden, würde er noch an
der Straßenkreuzung stehen und auf eines warten. Sie konnte ihn noch erwischen,
wenn sie sich beeilte. Sie sah prüfend ihr weißes T-Shirt an. Es war nicht
gerade besonders sexy, aber es war wenigstens sauber. Sie schnappte ihre
Handtasche. Lippenstift konnte sie im Taxi auftragen. Sie wollte gerade die
Haustür hinter sich zuschlagen, als das Telefon zu läuten begann.
    »Hallo?« sagte sie atemlos.
    Es entstand ein langes Schweigen, und dann sagte
eine kleinlaute, erstickte Stimme: »Daisy?«
    »Gemma!«
    »Daisy, ich bin wieder in London.«
    Die Stimme gewann mehr Zuversicht.
    »Ach, wirklich?« sagte Daisy und heuchelte
Erstaunen, weil sie Gemma ermutigen wollte.
    »Ja. Äh... ich habe mich gefragt, ob du
vielleicht Lust hättest, mit mir zu Mittag zu essen.«
    »Ja, liebend gern!« Die tausend Male, die sie
sich gesagt hatte, falls Gemma sich jemals wieder bei ihr melden sollte, würde
sie kühl und förmlich reagieren, waren schlagartig vergessen. »Wann?«
    »Wann hast du Zeit?«
    »Morgen?«
    Es entstand eine Pause.
    »Okay.

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