Es grünt so grün
schnell, häufig gleich gruppenweise, verhandelt, und es gab selten Freisprüche; Todesurteile wurden noch vor Einbruch der Nacht vollstreckt, um sowohl Gefängnisplatz als auch Rationen zu sparen.
Auf dem Land war der Niedergang nicht so schnell und nicht so weitgehend. Es gab kein Benzin, um Autos oder Traktoren anzutreiben, aber sorgfältig gepflegte Akkumulatoren erzeugten immer noch genug Elektrizität, um im Radio die Nachrichten zu hören oder die Waschmaschine für die Wochenwäsche einzusetzen. Der Bauer gab weitgehend die Abhängigkeit von fabrikgefertigten Waren auf – es sei denn, er konnte sie gegen Eier oder Milch eintauschen –, und wandte sich statt dessen wieder der Lebensweise seines Großvaters zu, wodurch er in fast jeder Hinsicht zum Selbstversorger wurde. Seife aus Asche und überflüssigem Küchenfett mochte vielleicht auf der Haut kratzen und eine Jacke aus Kaninchen oder Wolverine ihn verlegen machen, aber ihm war nicht kalt, und er war weder hungrig noch schmutzig – anders als sein städtisches Ebenbild.
Gegen eine Unsicherheit bereitete der Landbewohner sich entschlossen vor: stromernde Horden aus den Städten, vom Hunger zu Plünderungszügen getrieben und zu träge, um sich ihr Los mit überall käuflichen Konzentraten zu erleichtern. Gewehre wurden geladen, Kornsilos gesichert, Vorratsräume rund um die Uhr bewacht. Aber außer in höchst seltenen Fällen war diese Gefahr überschätzt worden. Dem unterernährten Proletariat fehlte einfach die Initiative, dorthin zu gehen, wo die Lebensmittel herkamen. Generationen hatten sie zu dem instinktiven Glauben geneigt, das Brot käme aus der Bäckerei, das Fleisch vom Metzger, die Milch aus der Molkerei. Von Verzweiflung getrieben, brachen sie in die spärlich gefüllten Lebensmittellager ein, wagten sich aber selten aus dem vertrauten Straßenviertel hinaus. Der Hunger holte sich seine Opfer in den Stadtstraßen, die Bauern hatten weiter zu essen.
Ich traf mit dem Clipper aus London im Januar dieses trübseligen Winters in New York ein. In Croydon hatte ich die Maschine bestiegen; die Fahrt von London durch die traditionell ordentlich gestutzten Heckenreihen, das absolut friedliche und ordnungsliebende England um mich herum, die freundlichen Beamten, die hilfsbereiten, aber nicht servilen Gepäckträger – all das war mir nur unterbewußt aufgefallen. Aber der Kontrast, den Long Island bot, schockierte mich. Es war in langsamen Schritten zu seiner jetzigen Verfassung gekommen, aber der Zusammenbruch erschien dem zurückkehrenden Reisenden so schrecklich abrupt, als hätte er sich über Nacht ereignet.
Spannung und Hysterie machten jedermann zum Nervenbündel. Die Zollbeamten kümmerten sich nicht im mindesten um die Position dessen, den sie gerade abfertigten: entweder untersuchten sie jeden Kubikzentimeter Gepäck mit geradezu lümmelhaftem Argwohn, oder aber sie winkten die präsentierten Reisetaschen mit gespielter Großzügigkeit weiter. Die Highways waren durch Autos, die ihren Geist aufgegeben hatten, und anderen Schrott fast unpassierbar geworden. Die Straßen von Queens, mit Wracks und Abfall übersät, wurden von Häusern gesäumt, die sich in einem Zustand apathischen Verfalls befanden und deren verdreckte Fenster sich weigerten, die Szenerie vor sich zu betrachten. Die großen Brücken über dem East River wurden unsachgemäß gewartet, wie lose Stahlkabel zeigten, die hier und da wie betrunkene Schlangen über dem Wasser baumelten; es war gefährlich, sie zu überqueren, aber einen anderen Weg gab es nicht. Die Fähren hatten den Betrieb schon vor langem eingestellt.
An der Tür meines Hotels, wo ich seit langer Zeit an den rechten Grad von Höflichkeit gewohnt war, bettelte eine kreischende Menge Männer und Knaben aufdringlich um das Privileg, meine Koffer tragen zu dürfen; sie waren zum Schutz gegen die Kälte in Lumpen gehüllt, ihre ungewaschene Haut trat an den Stellen zutage, wo die Fetzen verrutscht waren. Der Teppich in der Hotelhalle war wellig und verdreckt, in den großen Lüstern war die Hälfte der Glühbirnen dunkel. Obwohl das Gebäude von einem eigenen Generator versorgt wurde, funktionierten die Aufzüge nicht mehr, und das heiße Wasser war wie in einer fünftklassigen französischen Pension rationiert. Das Laken auf dem Bett war alles andere als frisch, das Fenster war staubig, und im Bad gab es nur ein einziges Handtuch. Ich war froh, daß ich meinen Diener nicht mitgebracht hatte, er hätte sich im
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