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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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setzte, denn ich erinnerte mich nur zu gut daran, wie das Gras den Feuerwehrleuten die Leiter entwunden und mit welcher Bosheit es die Ausrüstung des Rundfunkreporters attackiert hatte.
    Die Panzerwagen rückten stetig vor, bis der Grashügel scharf nach oben stieg und die Ausläufer, statt hinter ihnen gehorsam flach am Boden liegen zu bleiben, sich auf bizarre Weise drehten und kräuselten und sanft gegen die undurchdringliche Stahlpanzerung schlugen, wenn die Wagen über sie hinfuhren. Kleine Büschel, verstümmelt und gequetscht, richteten sich wieder auf, größere flatterten träge, wenn ihre stützenden Stengel beiseite geschoben wurden.
    Dann war plötzlich der Panzerwagen, dem wir folgten, verschwunden, ohne jede Vorwarnung. In der einen Sekunde war er noch seinem Weg gefolgt, ein unerbittlicher Vollstrecker, in der nächsten war er in das Unkraut getaucht und nicht mehr zu sehen. Trotzig schlossen sich die Spitzen des Grases hinter ihm, verwoben sich miteinander, verknüpften sich unter unseren Blicken zu einer undurchsichtigen Decke. Abgeschnitten von einem grünen, drahtgleichen Fallgatter, endete der glatte Weg abrupt.
    Ich war bestürzt, aber der Captain schien glücklich. „Jetzt kommen wir weiter“, rief er aus. „Die kleinen Teufel nagen sich genau ins Herz des alten Scheißkerls.“
    Wir standen da und starrten unserem verlorenen Vorkämpfer dämlich hinterher, aber der geheimnisvolle Grashügel gab uns keinerlei Information über sein Fortkommen. Eine Kontrolle der anderen Schneisen zeigte, daß sich auch hier die Tankwagen wie eine Hundemeute auf der Hatz nach einem Karnickel in die Mitte des Unkrauts vorgegraben hatten.
    „Nun denn“, sagte der Captain, der mich inzwischen offenbar als einen Vertrauten akzeptierte, „hören wir uns mal an, was über Funk kommt.“
    Ich war froh, daran erinnert zu werden, daß die Panzerwagen nicht einmal zeitweise verloren waren und wir schon bald über ihr Vorankommen informiert würden. Das Einsatzhauptquartier war in einem Haus zwei Blocks entfernt eingerichtet worden, und dorthin führte mich der Captain nach dem Austausch von militärischen Grüßen, Parolen und etlichen Scherzen. Die Männer, die den Kontakt zu den Panzerwagen aufrechterhielten, saßen mit gebeugten Schultern, Block und Bleistift in den Fingern in einer Reihe an der Wand, auf die eine große, detaillierte Karte des Viertels geheftet worden war.
    Zusätzlich zu ihren Kopfhörern war klugerweise auch ein Lautsprecher installiert worden, offenbar, um neugierigen Besuchern wie uns einen Gefallen zu tun. Der bald erkennbare Nachteil war der, daß kein Plan entwickelt worden war, die Funkberichte der verschiedenen Panzerwagen voneinander zu trennen. Die Folge war, daß sie sich gegenseitig überlagerten, wenn zwei oder drei gleichzeitig einkamen, und aus dem Lautsprecher nur ein Durcheinander unverständlicher Geräusche drang.
    „Brf brf brmm“, tönte es gerade, als wir eintraten. „Rrr rrr etwa hundert Meter koroff koroff koroff Nordnordost. Können Sie mich hören, Hauptquartier. Hauptquartier, kommen!“
    Wieder ein Wirrwarr von Worten, dann: „Ich glaube, mein Motor gibt seinen Geist auf. Soll ich mich zurückziehen, Hauptquartier? Kommen!“
    Ich dachte noch darüber nach, was wohl mit SMT 5 geschehen war, als der Lautsprecher wieder verständlicher wurde: „… und das Vorrücken wird immer schwerer. Ich glaube, diese verdammten Grasschneider sind einen Scheißdreck wert. Die Dinger hängen fest. Ich käme weiter, wenn ich sie abwerfen könnte.“
    Seine Beschwerden wurden ausgelöscht. Einen Moment herrschte das totale Babel, dann: „… richtig sehe, ist es irgendwo in den Motor gedrungen und hat die Zündung kurzgeschlossen. Ich muß es riskieren, rauszugehen und mir die Sache anzuschauen. Hier ist SMT 3 für Hauptquartier. Ich verlasse jetzt das Funkgerät.“
    „… eingeschlossen, ich muß die Scheinwerfer einschalten. Hören Sie mich, Hauptquartier? Kommen! Okay, okay, keine Aufregung. So, jetzt sind die Scheinwerfer an. Ich komm’ mir nicht gerade wie ein Köder vor, aber das Zeug ist ganz schön gruselig. Oben sieht es ja hübsch grün aus, vor allem im Tageslicht, aber von hier aus ist es wie eine Illustration zu Grimms Märchen – so was wie der Ort, wo der böse Menschenfresser lebt. Kein bißchen Licht, bis auf mein eigenes, und das dringt gerade einen halben Meter weit und dann Ende. Gelbe und rötlichbraune Stengel. Ganz dicht und verklammert. Ich möchte

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