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Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Titel: Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Spilker
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fruchtbarer.
    Wir sitzen auf Gartenstühlen in einem Park vor einer riesigen weißen Muschel. Aus Langeweile schrauben wir an den Möbeln herum, bis sie unter uns zusammenbrechen. Dann kommt immer jemand und schimpft. Die Gartenstühle sind aus glattem Holz, und die baumwollene Sitzfläche geht an etlichen Stellen aus den Nähten. Die Löcher lassen sich mit den Fingern vergrößern.
    Auf meinem Handy kann man Nachrichten löschen, ohne sie vorher lesen zu müssen. Diese unglaublich praktische Funktion probiere ich heute zum ersten Mal aus. Leider nehme ich dabei unabsichtlich einen Anruf von Dimitri an. Er ist außer sich, doch ich bin entschieden zu weit weg, um mich dafür zu interessieren. Die Lautstärke, mit der er mich beschimpft, zwingt mich dazu, das Handy etwas weiter entfernt von meinem Ohr zu halten. Auch das ist allerdings nicht besonders hilfreich, wenn ich erfahren will, was vorgefallen ist. Ein Grundrauschen, gemischt mit »Arschloch«, »Versager« und sonst was für Beschimpfungen, das ist alles, was ich seinem Ausbruch entnehmen kann.
    Weil es mir jetzt doch keine Ruhe lässt, rufe ich Matthias an, der offenbar schon vor mir in Dimitris Zielradar geraten ist. Seinem Bericht nach hat sich Folgendes zugetragen: Dimitri ist im Keller gewesen und hat nach zwei Stunden Suche endlich den Haupthahn gefunden, aber erst nachdem ihm dort Hausmeister Schröter begegnet ist, der die Situation schamlos ausgenutzt und Dimitri gezwungen hat, mit ihm zu sprechen. Es hat sich herausgestellt, dass auch der Swinger Club kein Wasser mehr hat und der Betrieb des Whirlpools somit unmöglich geworden ist. Gemeinsam haben sie an dem Haupthahn herumgefummelt. Keiner von ihnen hat sich daran erinnern können, ob der Wasserhahn nach rechts oder links gedreht werden muss, um das Wasser durchzulassen. Schröter hat sich nur an den Spruch »Solange das deutsche Reich besteht, wird die Schraube nach rechts gedreht« erinnert, aber nicht mehr gewusst, ob dieser sich auch auf Wasserhähne bezieht. Als Hausmeister sei er ein Versager, das ist Dimitris Meinung. Genau das Gleiche denke er übrigens über mich. Und nicht nur er allein. Eigentlich sei die ganze Stadt dieser Meinung. Vor allem mein tätlicher Angriff auf Frank, den Manager von Cole, mache in der Gerüchteküche die Runde. Was das denn sollte?
    Der ganze Vorgang ist offenbar ordentlich aufgebauscht worden. So als hätte ich gestern Abend in der Hamster Bar eine Kalashnikov bei mir gehabt, in der Absicht, den armen Manager zu erschießen. Ob ich vorhätte, meine Kunden in Zukunft immer auf diese Art zu akquirieren, und ob ich den Verstand verloren hätte und so weiter und so fort – das seien die Fragen, die Matthias gestellt würden, weil ich nicht erreichbar sei.
    »Wo steckst du eigentlich?«
    »In einem Zug.«
    »Und was machst du da? Also, ich meine, ich habe eine Ahnung, wovor du abhaust, aber wohin geht die Reise?«
    »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht besuche ich mal wieder meine Eltern.«
    »Oh«, entfährt es ihm erschrocken und dann, nach einer längeren Pause: »Soll ich noch irgendwas für dich regeln, oder ist dir schon egal, was aus uns wird?«
    »Ach, weißt du, um dich mache ich mir keine Sorgen, und das ist ja die Hauptsache. Du kriegst das schon hin. Und am Schicksal von Tropical Design könnten wir beide auch mit vereinten Kräften nichts ändern.«
    »Kann sein. Wahrscheinlich hast du recht. Aber mir macht es immer noch Spaß, mich für den Laden einzusetzen.«
    Ausgerechnet derjenige, der am wenigsten von ihr abhängig ist, kümmert sich um den Erhalt der Firma. Auch irgendwie komisch. Aber vielleicht logisch. Alles ist nur ein Spiel, wenn es nicht wirklich um die Existenz geht. Im übrigen eines, das mich nicht mehr interessiert. Ich bin nicht sicher, ob mir wirklich alles am Arsch vorbeigeht. Aber wenn man für nichts mehr Energie aufbringen kann, bedeutet das wohl, dass einem alles egal ist.
    Ein quäkendes Geräusch dringt aus der riesigen weißen Muschel. Es ist Musik. Aber das Muschelding, das eine Bühne sein soll, ist leer. Die Musik kommt aus zwei Lautsprechern direkt daneben. Manchmal wird sie ganz laut, dann wieder leise. Es sollen wohl Geigen sein, aber sie klingen so, als ob jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzt. Der Wind verweht die Töne zu einem Spuk. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich einen erkälteten Engel vor mir, der aus dem Himmelreich verbannt wurde, weil seine Harfe verstimmt war. Alles, was er jetzt noch

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