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Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Titel: Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Spilker
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ihn erscheint. Schon eher über die Tatsache, dass es gar keine Veröffentlichung geben wird, wie Cole in dem Gespräch ankündigt. Die Kunstform alternativ-kritischer Popmusik sei tot, behauptet er, entwertet durch die Maßlosigkeit und Beliebigkeit der Veröffentlichungen im Internet. Er habe darum entschieden, sich ganz aus dem Musikgeschäft zurückzuziehen und sich anderen Kunstformen zu widmen, bis es wieder eine Plattform für ernsthafte, nicht bloß den Mainstream bedienende Popmusik gebe.
    War es das, was mir Frank in der Hamster Bar nicht sagen wollte? Der Auftrag für Tropical Design also tatsächlich null und nichtig?
    »Entschuldigung?« Der Kellner steht noch einmal am Tisch, wo sich jetzt zwei Zeitungen gegenübersitzen.
    »Ja, bitte?«
    »Ist das Ihre Geldbörse?«
    Was er in der Hand hält, kommt mir bekannt vor.
    »Ja, wirklich. Vielen Dank! Wo haben Sie die denn gefunden?« Das hätte ich allerdings auch gesagt, wenn sie mir nicht bekannt vorgekommen wäre.
    »Vielleicht können Sie mir kurz sagen, wie Sie heißen? Damit ich sicher sein kann, dass es auch Ihre ist.«
    »Thomas Troppelmann. Mein Ausweis müsste drin sein.«
    Er kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und reicht mir das Portemonnaie. »Sie haben es drüben im Bistro, wo die Zeitungen verkauft werden, liegengelassen. Der Herr nach Ihnen war so freundlich, es bei uns abzugeben.« Er zeigt auf einen schmächtigen jungen Mann, der ein paar Tische weiter sitzt und jetzt freundlich zu mir herüber winkt.
    »Aber das kann nicht sein«, erwidere ich. «Sie haben mir die Zeitung doch hierher an den Tisch gebracht.«
    »Also, ich ganz bestimmt nicht, daran würde ich mich erinnern. Meine Kollegin vielleicht? Aber das kann ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.« Er schaut nicht auf, während er auf dem Nachbartisch Bierpfützen wegwischt.

    Alkohol, der Rauch von einhundert Zigaretten, knisternde Spannung, Sex: Die Luft in der Bar ist mit allem angefüllt, was Spaß macht. Ursula steht neben mir. Ihr eng anliegender Hosenanzug, dessen Reißverschluss sie weit heruntergezogen hat, um ihr Dekolletée zu modellieren, passt so gar nicht zu der kleinstädtischen Umgebung, in der wir uns befinden. Von der anderen Seite eines Tresens reicht sie mir ein Getränk herüber. Es ist milchig und wird durch das Discokugel-Licht bunt eingefärbt. Ein langer Blick in ihre Augen, die mich verschlingen, bis ich ganz in ihnen verschwunden bin. Die Nacht, das milchige Zeug, Ursula, alles wirbelt durcheinander. Bald darauf stolpern wir aus einem Taxi in die kalte Nachtluft vor ihrem Apartment. Es sind nur ein paar Stufen zu ihrer Wohnung, die wir allerdings ineinander verkeilt bewältigen müssen.
    Drinnen ist es viel zu hell. Über mir hängt eine riesige Lampe, die den ganzen Raum steril beleuchtet. Ich liege auf dem Rücken und starre auf die Glühbirne. Aus dem Nebenzimmer dringen Geräusche. Jemand wühlt in einer Kiste mit Metallsachen herum. Als ich mich umdrehen will, fällt mir auf, dass ich auf einer Liege festgebunden bin und mich nicht bewegen kann. Bald darauf erscheint eine Krankenschwester. »Ursula« steht auf dem Namensschild an ihrem Kittel. Aber es ist nicht Ursula. Sie beugt sich leicht über mich und lächelt freundlich. In ihrer Hand hält sie eine Spritze. »Es tut gar nicht weh.« Ich werde grob auf den Bauch gedreht und blicke auf den Boden. Weiße Kniestrümpfe, die in Gesundheitslatschen stecken. Daneben ein Eimer mit einem roten Schlauch. Tränen schießen mir in die Augen. Ich kann nicht mehr atmen. Es fühlt sich an wie ein Asthmaanfall. Dann spielt mein Magen auch nicht mehr mit. Ich kotze vor Angst auf die Gesundheitslatschen. Ich kotze schwarze Vollkornkrümel, die sich in meinem Schoß sammeln und die ich mit einer Handbewegung auf den Boden wische – als im Zug eine Ansage ertönt.
    »Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten halten wir nun in Dortmund Hauptbahnhof. Aufgrund unserer aktuellen Verspätung von fünfzehn Minuten erreichen Sie dort noch folgende Anschlüsse …«

13
    Die Buslinie 645 fährt seit über hundert Jahren zwischen der Haltestelle der Regionalbahn und dem kleinen Ort hin und her. Und genau so lange sitzt auch der leicht überforderte hagere Mann mit Schnurrbart und Mütze hinter dem Steuer. Die Türen öffnen sich unter Schmerzen und tun das mit einem Ächzen kund. Jeder neue Fahrgast wird mit einem Augenrollen und einem unterdrückten Stöhnen begrüßt, das wohl heißen soll: »Was wollen Sie

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