Es ist ja so einfach
Fortwährend stänkert er. Ach, wie ich dieses Unterrichten hasse — und ich mache es auch so schlecht! Gestern sagte der gräßliche Mensch zu mir: >Natürlich muß man, will man Unterricht erteilen, auch selber Kenntnisse haben!<...Wenn ich bloß ein bißchen Geld hätte!«
Wir standen zusammen und sahen zu, wie Andy gerade die erste Reihe von Ställen für die Lieblinge fertigzimmerte. Es war Sonntagabend, warm für diese Frühlingszeit, ideales Wetter, still, kaum ein Lüftchen wehte. Andy reckte sich hoch und betrachtete befriedigt sein Werk. »Na also«, sagte er, »geht ja ganz fein vorwärts. Seine Hoheit, der Lord nebenan, wird sich über diese kleine Anlage nicht entrüsten können. Die Dinger werden tipptopp und dauerhaft, und wenn wir den Beton auftragen, lassen sie sich gut sauberhalten.« Plötzlich wandte er sich an Trina: »Da Sie gerade von Geld reden — wie sieht’s denn mit Pension aus? Gibt es für Witwen etwa keine? Müßte es doch, wenn man bedenkt, was einem so an Lohnsteuer abgeknöpft wird. Den Deubel auch — muß doch für solche wie Sie ‘was geben in diesem Wohlfahrtsstaat!«
Zu meiner Überraschung wurde die hemmungslose Trina jetzt rot und zeigte einen ungewöhnlichen, feinen Stolz. »O nein, so etwas würde ich gar nicht nehmen wollen. Schließlich bin ich jung, gesund und vollkommen arbeitsfähig — wenn ich nur etwas finden könnte, was ich auch richtig gut machen kann.«
Als sie gegangen war, sagte Peter: »Trina ist ein sonderbares Ding. Wer hätte gedacht, daß sie den Gedanken an eine Pension glatt verwerfen würde! Der Hinweis darauf ging ihr sehr gegen den Strich. Schien beinahe, als wollte sie anfangen zu weinen. Merkwürdig, nicht wahr?«
»Da irrst du dich, glaube ich. Sonderbar war es freilich, aber weinen wollte Trina keineswegs. Sie versuchte, sich das Lachen zu verbeißen.«
»Was gab’s da zu lachen?«
»Weiß ich nicht, aber sie lacht ja über alles mögliche, und vielleicht hat sie sich noch nicht ganz in den Witwenstand hineingefunden. Sie ist ja noch so jung.«
»Na, ich bin jedenfalls überzeugt, daß um sie ein Geheimnis schwebt.«
Tatsächlich fühlte ich dasselbe, sagte es aber nicht. Ich hatte Trina herzlich gern, und wenn sie ihre Privatangelegenheiten für sich behalten wollte, war ich ganz einverstanden. So sagte ich bloß: »O nein, alles normal und einwandfrei. Sie würde uns in keiner Weise täuschen.«
»Das habe ich auch nicht behauptet. Ich meine nur, daß sie immer schnattert wie toll, über ihre wahre Lage aber nicht das mindeste verlauten läßt. Du wirst mir doch nicht einreden wollen, daß es normal für ein junges Mädchen ist, als waschechte Waise zu erscheinen und sich dann Fremden an den Hals zu werfen, die sie erst ein paar Wochen kennt.«
»Wir sind für sie nicht Fremde. Mir kommt’s vor, als kennte ich Trina schon jahrelang.«
»Dann kannst du mir vielleicht etwas Auskunft über den jüngst Dahingeschiedenen geben. Sie spricht doch nie von ihm und schreckt vor jeder zufälligen Erwähnung zurück. Möchte wissen, was da nicht stimmt.«
»Wahrscheinlich ist alles in Ordnung. Jedenfalls wird sie uns die ganze Geschichte erzählen, sobald sie’s für richtig hält, und du kannst sie inzwischen in deinem Roman als geheimnisvolle Frau aufnehmen.«
Peter gab lachend das Thema auf. Er war jetzt kräftiger und wurde auch ganz schön in Bewegung gehalten, indem er alles Geschäftliche arrangierte und den Zimmerleuten half. Bisher hatte er noch keine Zeit gehabt, um sich ernsthaft dem Schreiben zu widmen, immerhin hatte er zwei Artikel über die leichteren Seiten des Dorflebens verfaßt. Den einen hatte eine Zeitung in der Hauptstadt veröffentlicht, die auch den anderen noch bringen wollte. Das hatte ihn ermutigt, und ich hoffte, daß er, sobald der Sommer vorbei war, mit dem Buch anfing, das in seinen Gedanken bestimmt schon Form annahm.
Einstweilen jedoch war unser Leben ziemlich hektisch, und das mußte sich noch steigern, sobald das Camp fertig und eröffnet war. Aber sicher war es dann auch ein ungeheuer befreiendes Gefühl, wenn erst mal Geld hereinkam. Im Augenblick verflüchtigte es sich in erschreckendem Ausmaß.
»Ja, ich weiß, Liebste, aber denk doch an Venedig und ihre Welpen«, sagte Trina jedesmal, wenn ein besonders großer Betrag bezahlt werden mußte. »Mich würde es kein bißchen überraschen, wenn sie euch praktisch den ganzen Lebensunterhalt lieferte — zwei Würfe im Jahr, und jeder bringt ein
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