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Es ist nicht alles Gold was glänzt

Titel: Es ist nicht alles Gold was glänzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Street schlängelte.
    Die Polizei stoppte den gesamten Verkehr und sorgte dafür, daß die Menge auf dem Trottoir blieb.
    »Wer sind die Burschen da vorn mit den Keulen in der Hand?« erkundigte sich Harvey.
    »Das ist der Marschall der Universität mit den Herolden. Sie tragen Amtsstäbe, um die Sicherheit der Prozession des Kanzlers zu garantieren.«
    »Das darf ja nicht wahr sein! Natürlich ist die sicher – wir befinden uns doch nicht im Central Park in New York!«
    »Stimmt«, erwiderte Stephen, »aber in den vergangenen dreihundert Jahren ist sie nicht immer sicher gewesen, und in England haben Traditionen ein langes Leben.«
    »Und wer ist das hinter den Heroldknaben?«
    »Der in der schwarzen Robe mit der Goldborte ist der Kanzler der Universität, gefolgt von seinem Pagen. Der Kanzler ist der Right Honourable Harold Macmillan – Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre war er Premierminister von Großbritannien.«
    »Ach ja, ich erinnere mich an den Burschen – versuchte, die Briten in den Gemeinsamen Markt zu bugsieren, und de Gaulle wollte nichts davon wissen.«
    »Nun, das ist sicher auch eine Möglichkeit, sich seiner zu erinnern. Hinter ihm kommt jetzt der Vizekanzler, Mr. Habakkuk, der gleichzeitig der Rektor von Jesus College ist.«
    »Das kapier' ich nicht ganz, Professor.«
    »Also, der Kanzler ist stets ein verdienter Engländer, der in Oxford erzogen wurde, aber der Vizekanzler ist ein führendes Mitglied der Universität selbst und gewöhnlich das Oberhaupt eines der Colleges.«
    »Ah ja.«
    »Nach ihm kommt der Universitäts-Registrar, Mr. Caston, ein Fellow von Merton College. Er ist der höchste Verwaltungsbeamte der Universität und Vizekanzler sowie dem Hebdomadal Council, dem wöchentlich zusammentretenden Rat, den man als Kabinett der Universität bezeichnen könnte, direkt verantwortlich.
    Ihm folgen der Senior Proctor, Mr. Campbell von Worcester College, und der Junior Proctor, Hochwürden Dr. Bennet von New College.«
    »Was ist ein Proctor?«
    »Über siebenhundert Jahre waren Männer wie sie verantwortlich für Anstand und Disziplin an der Universität.«
    »Was? Die beiden alten Männer wollten neuntausend junge Rüpel beaufsichtigen?«
    »Nein, die Bulldoggen helfen ihnen dabei.«
    »Aha, das klingt schon besser. Ein paar Bisse von einer richtigen englischen Bulldogge halten jeden in Schach.«
    »Nein, nein«, protestierte Stephen, sich krampfhaft ein Lachen verbeißend. »Bulldogge ist nur eine Bezeichnung für die Männer, die den Proctoren helfen, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Jetzt können Sie am Ende der Prozession eine kleine bunte Schlange erkennen: die Rektoren der Colleges, die Doktoren der Universität sind, die Doktoren der Universität, die nicht Rektoren eines Colleges sind, und die College-Rektoren, die nicht Doktoren der Universität sind – in dieser Reihenfolge.«
    »Hören Sie, Rod – alles, was Doktoren für mich bedeuten, ist Geld.«
    »Die gehören nicht zu dieser Sorte Doktoren«, erwiderte Stephen.
    »Vergessen Sie's, ich gebe mich geschlagen. Ich verstehe mich nur darauf, wie man Millionen macht.«
    Stephen warf einen prüfenden Blick auf Harvey. Dieser sog das alles förmlich in sich auf und war auch schon etwas ruhiger geworden.
    »Die lange Prozession ist auf dem Weg ins Sheldonian Theatre, wo dann alle Teilnehmer ihre Plätze im Hemizyklus einnehmen werden.«
    »Wie bitte? Was für ein Zyklus ist das?«
    »Der Hemizyklus ist ein Halbrund von Sitzen, den unbequemsten in ganz Europa. Aber keine Angst – infolge Ihres allseits bekannten Interesses für die Erziehung in Harvard ist es mir gelungen, Sonderplätze für uns zu reservieren, und wir haben gerade noch Zeit, sie einzunehmen, bevor die Prozession in den Saal kommt.«
    »Also los, gehen Sie voran, Rod. Wissen die hier wirklich, was sich in Harvard so tut?«
    »Aber natürlich, Mr. Metcalfe. In Universitätskreisen genießen Sie den Ruf eines großzügigen Menschen, der an der akademischen Bildung interessiert und bereit ist, hervorragende Leistungen auf diesem Gebiet finanziell zu fördern.«
    »Donnerwetter, wer hätte das gedacht!«
    Niemand, dachte Stephen bei sich.
    Er führte Harvey zu seinem reservierten Platz auf dem Balkon; ihm lag nicht sonderlich daran, daß sein Gast die einzelnen Damen und Herren allzu deutlich sähe. Aber tatsächlich waren die Honoratioren der Universität im Hemizyklus von Kopf bis Fuß derart vermummt in Talare, Baretts, Querbinder und

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