Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
öffnete seine Front, und zum
Vorschein kam alles, was man für eine Cocktail-Party braucht.
    »Praktisch, was?« meinte er, ganz der
joviale Gastgeber, während er den Whisky eingoß, mir dann mein Glas reichte und
sich an seinen breiten Schreibtisch setzte. »Apropos trinken«, fügte er hinzu.
»Wie geht es unserem Freund Cornish?«
    »Er scheint sich wieder ganz erholt zu
haben. Zuletzt habe ich ihn bei dem Brand in der Salem Street vor einer halben
Stunde gesehen. Austin Bigbys Laden hat’s erwischt. Total ausgebrannt.«
    Harmon trank von seinem Bourbon und sah
mich dann an. »Brandstiftung?«
    »Möglicherweise. Es gab eine Art
Explosion.«
    »Der arme Bigby. Tja, die Leute da
drüben haben allerhand Kummer.« Harmon wirkte ehrlich betroffen. »Erst die
Anschläge, dann der Mord an Joan. Ihren Tod wird Charlie wohl nie verwinden.«
    »Ich dachte, die Beziehung zwischen den
beiden wäre abgekühlt. Charlie scheint Sie als Rivalen gesehen zu haben.«
    »Ach Gott.« Er seufzte. »Joan und ich
waren oberflächlich befreundet, und das weiß er ganz genau. Ich verstehe
wirklich nicht, was Joan in ihm sah, aber ich glaube, niemand hätte Charlie aus
ihrem Herzen verdrängen können. Sie hatte eine Schwäche für herrenlose Hunde
und nahm ihn gewissermaßen unter ihre Fittiche, als er in der Salem Street
auftauchte. Das war vor über zwanzig Jahren, gleich nach ihrer Scheidung.«
    »Woher kam Charlie eigentlich?«
    Ich hatte mir vorgenommen, Charlie, der
mich scheinbar so unverfroren belogen hatte, etwas näher unter die Lupe zu
nehmen.
    »Wer weiß das schon?« Harmon breitete
die Hände aus. »Sein Geschäft fing er als Müllsammler an; Sie kennen ja diese
Leute, die nachts die Mülltonnen durchwühlen.«
    Ja, die kannte ich. In unserem Viertel
gab es diese Typen auch, und ich wachte nachts oft auf vom Poltern ihrer Karren
in den Hinterhöfen.
    »Ein ziemlich unappetitlicher Start«,
bemerkte ich.
    Harmon nickte. »Man könnte sagen, daß
Charlie eine unbezähmbare Leidenschaft für Gerümpel hat. Als sein Zimmer sich
mit dem Kram füllte, den er nachts aus den Tonnen gewühlt hatte, mietete er den
Laden in der Salem Street und verkaufte das ganze Zeug. Ich glaube nicht, daß
er erwartete, damit Geld zu machen, aber schon ziemlich bald konnte er das Haus
kaufen, in dem sein Laden war, und die Straße wurde ihm zum festen Zuhause.«
    Und woher hatte er das Geld bekommen,
um den Laden überhaupt zu mieten? fragte ich mich.
    Laut sagte ich: »Sosehr mich Charlie Cornish
interessiert, seinetwegen bin ich nicht gekommen. Ich würde von Ihnen gern
wissen, wann Sie Ihre Vereinbarung mit Joan getroffen haben, nach der Sie die
Grundstücke in der Salem Street erwerben und dort Eigentumswohnungen bauen
können.«
    Harmon fuhr auf. »Woher wissen Sie
davon?«
    »So was spricht sich rum. Wie lange vor
ihrem Tod haben Sie die Vereinbarung geschlossen?«
    Er musterte mich mißtrauisch. »Es geht
Sie zwar nichts an, aber wir vereinbarten das vor mehr als einem Monat — lange
bevor sie starb.«
    »Und als Gegenleistung sollten Sie ihr
einen Ladenraum zu reduzierter Miete zur Verfügung stellen?«
    Er runzelte unwillig die Stirn.
    »Sie scheinen genauestens informiert zu
sein. Joan hätte es sich sonst nicht leisten können, einen anderen Laden zu
nehmen.«
    Mir fiel Hanks Bemerkung über Joans
Nachlaß ein — stattlich.
    »Und für wie lange?«
    »Was meinen Sie?«
    »Wie lange hätte die reduzierte Miete
gegolten?«
    »Oh.« Er wedelte lässig mit der Hand.
»Bis sie wieder Boden unter den Füßen gehabt hätte.«
    Ich beobachtete ihn ein paar Sekunden
stumm, dann fragte ich: »Gab es für Joan — wenn Sie wirklich so knapp bei Kasse
war - einen Grund, an Sie zu verkaufen, obwohl sie doch von der Firma Ingalls
einen wesentlich höheren Preis bekommen hätte?«
    »Wer hat Ihnen das denn erzählt?«
    »Ich habe Mrs. Ingalls gestern
getroffen.« Wenn auch nur aus der Feme, fügte ich für mich hinzu.
    Harmon sagte eine Weile nichts, starrte
nur schweigend in sein Glas. Der Leibwächter hinter mir trat von einem Fuß auf
den anderen.
    »Nun«, erklärte Harmon schließlich mit
einem künstlichen Grinsen, »Sie dürfen nicht vergessen, daß Joan und ich
ausgesprochen gute Freunde waren.«
    Hank hatte Harmon richtig
charakterisiert; er war nicht besonders klug.
    »Eben sagten Sie, Joan und Sie wären
nur oberflächlich befreundet gewesen. Was trifft nun zu?«
    Er war wütend, als er merkte, daß er
sich selbst widersprochen hatte.

Weitere Kostenlose Bücher