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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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hin.»
    Ich schüttelte ihre Hand ab und gesellte mich zu Sergeant Jones und Billy. Billy legte einen Arm um mich. Verwundert nahm ich wahr, wie warm er sich anfühlte, und plötzlich spürte ich auch, wie kalt mir war, denn das hatte ich gar nicht gemerkt. Billys Miene war ausdruckslos. Vielleicht wusste auch er nicht, was er empfinden sollte, jetzt, da er sah, dass Mac nicht in dem Wagen war.
    «Die Fahrertür stand tatsächlich offen, als der Wagen geborgen wurde», bemerkte Jones, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Ich wusste, was das hieß. Die Leiche konnte hinausgetrieben und mit der Strömung weiter hinaus aufs Meer gezogen worden sein.
    «Aber was ist, wenn er gar nicht in dem Wagen war?»
    Jones sah mich an und schwieg. Ob ihre Krankheit wohl ihre Einstellung zum Tod beeinflusst hatte? Zählte ein leerer Wagen, den man aus dem Meer herausholte, für sie überhaupt? Interessierte sie der Tod eines anderen, nun da sie doch selbst den Tod vor Augen hatte?
    «Seit zwei Wochen sind wir ohne Lebenszeichen von Mac.» Billy schüttelte den Kopf. «Das sieht wirklich nicht gut aus.»
    «Billy, das kann ich jetzt nicht –», begann ich in so scharfem Ton, dass es mir umgehend leidtat und ich den Rest herunterschluckte. Aber noch ehe ich mich entschuldigen konnte, kam einer der Ermittler auf uns zu. Er hielt eine Papiertüte in der Hand.
    «Zeigen Sie es ihr», forderte Jones ihn auf.
    Der Mann trat vor mich und öffnete die Tüte. Ich schaute hinein und entdeckte einen braunen Lederschuh. Ein Teil der Sohle hatte sich gelöst und hing herab.
    Ich wusste sofort, wessen Schuh das war. «O Gott», flüsterte ich und hoffte gleichzeitig, dass mich niemand hörte. Vielleicht war es dann gar nicht wahr. Vielleicht würde ich ein paarmal blinzeln und dann feststellen, dass dies hier niemals der Schuh meines Mannes gewesen war.
    Die anderen standen reglos da. Es war, als hätte ich
Mein Mann ist tot
geschrien und eben erst etwas begriffen, was allen anderen längst klar war.
    «Wo war der Schuh?», fragte ich.
    «Eingeklemmt unter dem Fahrersitz», entgegnete Jones.
    Mir wurde so schwindlig, dass ich fürchtete, gleich in Ohnmacht zu fallen. Billy packte mich und hielt mich fest. Dann nahm er mich in die Arme, und ich spürte seine Kraft, die mich stützte. Ich bin weiß Gott keine kleine Frau, aber Billy schaffte es, mich mit sanfter Hand hochzuheben und behutsam auf den Rasen zu legen. Den Kopf bettete ich auf Sergeant Jones’ Schoß. Ihre Hand, die mir über die Stirn strich, fühlte sich trocken und knochig an. In meiner Verwirrung glaubte ich tatsächlich, es wäre der Tod, der mich berührte. Wie in einem Traum sah ich Mac, der mir vom Ende der Straße her zum Abschied winkte und mir eine Kusshand zuwarf. Er trug die braunen Schuhe. Dann kehrte ich in die Wirklichkeit zurück, sah Sergeant Jones und Billy wieder und erkannte den blauen Wagen auf dem abschüssigen Streifen Asphalt.
    Macs Schuh.
    Wäre nicht in dem Wagen gewesen.
    Wenn Mac nicht auch darin gewesen wäre.
    Als er ihn in den Sund fuhr.
    Eine Weile später saß ich auf der schattigen Terrasse, und Sally Owen reichte mir eine Tasse mit gezuckertem Tee und einen Brownie. Noch ein wenig später verfrachtete Billy mich in seinen Wagen und fuhr durch den Stoßverkehr zurück. Vor uns ging eine orangefarbene Sonne unter und blendete mich.
     
    «Er hat sich nicht umgebracht.»
    «Karin, bitte.» Billy warf einen Blick zu meiner Mutter hinüber.
    «
Bitte
, Schätzchen.»
    Meine Mutter wollte meine Hand berühren. Ich zog sie fort. «Nein, das kann ich einfach nicht glauben. Das ist völlig ausgeschlossen.»
    «Du weißt, wie das ist», sagte meine Mutter. «Wir glauben, jemanden zu kennen, und stellen fest, dass es doch nicht so war.»
    «Unter so einer Last hätte jeder zusammenbrechen können», meinte Billy. «Mord an den Eltern. Der Bruder im Gefängnis.»
    «An unserem Hochzeitstag hat Mac mir Blumen geschickt. Er hat unsere Verabredung bestätigt.»
    Die beiden tauschten einen Blick und schwiegen. Zu guter Letzt stand meine Mutter auf und schenkte Billy Kaffee nach. Die Kaffeekanne trug sie umständlich zurück und machte sich auf dem Tresen an etwas zu schaffen, ehe sie wieder an den Tisch zurückkehrte. Mir kam es vor, als säßen wir seit langer Zeit an diesem Tisch, zwei Tage und Nächte, seit unserer Rückkunft aus Connecticut. Wenn ich geschlafen hatte, konnte ich mich nicht daran erinnern; wenn ich gegessen hatte, wusste ich nicht, was. Nur

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