Es ist niemals vorbei
Sommerkleid, die Beine mit Wachs enthaart, sodass sie glänzten, Finger- und Zehennägel perfekt rot lackiert und selbstsicher lächelnd.
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und stellte erstaunt fest, dass ich erst vor zwanzig Minuten gelandet war. Mir kam es vor, als säße ich hier schon seit Stunden. Mit einem Seufzer widmete ich mich wieder meinem Spiel.
Vier Frauen glichen meiner Mutter, sechs ältere Männer sahen aus wie mein verstorbener Vater, ein weiteres Dutzend erinnerte mich an meinen Bruder Jon, und es gab drei Ebenbilder seiner Frau Andrea. Ich beschloss, meine Betrachtungen auszuweiten, und wandte mich kleineren Gruppen zu. Das erbrachte elf Familien wie meine eigene, sowohl mit Jackson als auch mit Mac, also Elternpaare mit Kleinkind, Junge oder Mädchen. Anschließend besah ich mir die alleinstehenden Mütter und Väter, denen Kinder in unterschiedlicher Anzahl und Alter folgten. Da klingelte bei mir nichts. Und dann entdeckte ich Danny – einen Mann mit Jungengesicht, auf dem graue Bartstoppeln wuchsen, enger Jeans und T-Shirt mit Aufschrift, und das verdarb mir die Spiellaune. Denn der richtige Danny saß in Haft und wartete auf seine Verhandlung im Januar. Rosie hatte sich geweigert, seine Kaution zu bezahlen. Auch einen Anwalt hatte sie nicht engagiert, deshalb würde er lediglich einen Pflichtverteidiger bekommen. Mittlerweile glaubte sogar ich an seine Schuld. Aber warum nur sollte er seine Eltern getötet haben? Für einen Anteil an ihrem bescheidenen Erbe? Wegen eines Brillantrings, der, soweit ich wusste, noch immer nicht gefunden worden war?
Zu guter Letzt hatte ich mich müde geschaut, kaufte einen zweiten Becher Kaffee und kehrte zu meinem Tisch zurück. Als ich den Plastikdeckel abzog, spritzte der heiße Kaffee auf meine Finger. Ich fluchte so laut, dass ich mich umschaute, um festzustellen, ob mich jemand gehört hatte. Ein Mann, der einen kleinen schwarzen Rollkoffer hinter sich herzog, hielt kurz inne und drehte sich um.
Mac.
Ich sprang auf, stieß gegen den Tisch und kippte den Kaffeebecher um. Der Schwall ergoss sich über den Tisch und tropfte auf den Boden.
War das Mac gewesen oder nur ein Mann, der ihm glich?
«Warte!» Ohne Koffer lief ich ihm hinterher.
Aber er hatte ihm auf unheimliche Art geglichen.
Der Schritt war der gleiche gewesen, auch die Art, wie er die Schultern gestrafft hatte, selbst die Kleidung war täuschend ähnlich: Jeans, Turnschuhe, Hemd und Digitaluhr. Der Mann beschleunigte seinen Schritt, und ich fing an zu rennen.
«Mac! Warte!»
Ich war mir nicht sicher, ob er mich gehört hatte oder aber wusste, dass ich ihm folgte, denn er marschierte ungerührt weiter, stieß eine verglaste Schwingtür auf und steuerte draußen den Taxistand an.
«Mac!»
Ohne sich umzudrehen, schlüpfte er in ein wartendes Taxi und beugte sich zu dem Fahrer vor. Das Taxi fuhr los.
Ich hatte nur einen flüchtigen Blick auf ihn erhascht, nur in diesem kurzen Moment, als er sich umgedreht hatte, weil ich geflucht hatte. Aber es war Mac. Ich wusste es ohne jeden Zweifel.
Oder? War er es wirklich gewesen?
Ich weiß nicht, wie lange ich da stand und dem Taxi nachschaute, das über die von Palmen gesäumte Straße davonfuhr, bis es sich in der Ferne im dunstigen Sonnenlicht verlor und wie ein Trugbild verschwand. Irgendwann stieß jemand mit einem Koffer an mein Bein.
«Entschuldigung», sagte eine Frau und lief weiter.
«Kein Problem», murmelte ich, ohne dass sie mich hörte.
«Jasmine!» Ich stürzte auf sie zu, als sie aus dem Gate trat. Flüchtig registrierte ich, dass sie ein leuchtend gelbes Neckholder-Kleid trug. «
Ich habe ihn gesehen.
Mac, meinen Mann
. Er war hier
.»
Völlig entgeistert schaute sie mich an.
«Ja, sag mal», brachte sie schließlich hervor. «Was tust du denn hier?»
«Ich wollte dich überraschen. Ich dachte, das geht doch nicht, dass du deinen Geburtstag allein verbringst.»
Jasmine lächelte. «Du bist wirklich eine gute Freundin.»
«Hör zu, Jasmine, du wirst es nicht –»
Jasmine unterbrach mich. «Hast du eben gesagt, du hättest hier deinen Mann gesehen?» Sie glaubte mir nicht. Aber warum sollte sie auch? Warum sollte das überhaupt jemand tun? Der Fall war abgeschlossen. Mac war tot.
«Ja, ich habe in der Flughafenhalle gesessen und auf dich gewartet – und da kam er.
Es war Mac.
Er ist hier einfach durch den Flughafen spaziert.»
«Das ist doch verrückt.»
«Du meinst, ich bin verrückt.»
«Nein! Ich
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