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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Jasmine war das vermutlich nie passiert. Ich hatte die dunklen Seiten des Lebens kennengelernt, in Jasmines Leben hatten immer die Funken gesprüht. Wahrscheinlich gefiel sie mir deshalb auch so gut. Nicht nur mir, auch den Männern, die sich in sie verliebten.
    Jasmines Angebot, uns nach dem Essen beim Abwasch zu helfen, schlugen wir aus. Als wir sie verabschiedet hatten, gingen meine Mutter und ich in die Küche. Ich wusch das Geschirr ab, und meine Mutter trocknete ab. Irgendwann schaute sie mir in die Augen und fragte: «Na, was ist? Denkst du dasselbe wie ich?»
    «Das weiß ich nicht. Was denkst du denn?»
    «Dass Jasmine ihren Geburtstag nicht allein feiern will.»
    «Stimmt. Will sie nicht.»
    «Na also. Warum überraschst du sie dann nicht? Ein Urlaub würde dir guttun, und ich wäre ja hier, um auf Ben aufzupassen.»
    Mit den Gummihandschuhen stützte ich mich auf den Rand des Spülbeckens und schaute meine Mutter nachdenklich an. Sie hatte recht, dieselbe Idee war mir auch schon gekommen. Ich brauchte Abstand von meinem Alltag und meiner Umgebung, in der mich alles an Mac erinnerte. Und ich hätte geschworen, dass Jasmine ihren Geburtstag nicht allein feiern wollte, Palmen hin oder her.
    Als ich zu Bett ging, hatte ich ein elektronisch bestelltes Flugticket in der Handtasche und einen kleinen Übernachtungskoffer gepackt.

Sechs
    Am nächsten Tag landete ich eine Stunde vor Jasmine auf dem Miami International Airport. Ich wusste ja, wann sie ankommen würde. Ich stieg aus dem Flugzeug mit meinem Koffer und rollte ihn wenig später an der Gepäckausgabe vorbei. Dort warten musste ich nicht, denn außer dem Koffer hatte ich nichts mitgenommen. Einen Tag nach Thanksgiving hielt sich das Gedränge noch in Grenzen. Das würde wahrscheinlich auf dem Rückflug anders sein. Wann Jasmines Rückflug sein würde, wusste ich nicht, aber ich würde es nicht länger als zwei Tage ohne Ben aushalten.
    Über lange Korridore erreichte ich das Flughafen-Hauptgebäude. Viele Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben, hatte man dort nicht, es sei denn, man liebte Fastfood oder hatte ein paar Einkäufe vergessen. An einer Snackbar namens Miami Express kaufte ich mir einen Styroporbecher mit Kaffee, der abgestanden roch, ließ mich an einem der Außentische nieder und beobachtete die anderen Menschen. In der Zeit vor Ceces Geburt hatten Jackson und ich das auf unseren Reisen liebend gern getan. Wir lernten Dinge wie: Je höher die Schuhabsätze, desto kürzer die Schritte; je gebräunter die Frau, desto tiefer ihr Ausschnitt; je kahler der Kopf eines Mannes, desto behaarter seine Brust, solche Weisheiten eben.
    Jackson fehlte mir noch immer. Und ich
sehnte
mich nach Cece, meiner heißgeliebten kleinen Tochter.
    Auch Mac liebte ich noch immer.
    Ich versuchte, nicht an sie zu denken und mich stattdessen auf die vorbeiziehenden Passagiere zu konzentrieren, die aus allen Ländern der Welt kamen oder dorthin unterwegs waren. Männer, Frauen und Kinder, die ich noch nie gesehen hatte und nie mehr sehen würde, jeder von ihnen eine kleine Welt für sich. Der Menschenstrom schien unendlich und machte mir bewusst, wie klein meine Existenz war. Wie ein Staubkorn kam ich mir vor und ebenso unbedeutend. Was zählte meine nichtige Bürde schon angesichts dieser vorbeiflutenden Massen? Dann begann ich, Ähnlichkeiten wahrzunehmen: Da watschelte ein Mann vorbei, der mich an einen Nachbarn meiner Eltern früher in Montclair erinnerte. Da trug ein Mädchen einen Sonnenhut auf eine Weise, die mir ein anderes Mädchen ins Gedächtnis rief, das ich gekannt hatte, als ich zehn war. Darüber hinaus gab es Menschen, die aussahen, als wären sie wie Puppen vom Fließband gekommen. Da waren die kleinwüchsigen, fülligen Mütter mittleren Alters in legerer, aber teurer Kleidung; da die schlaksigen jungen Väter, wie ihre Söhne in Jeans, T-Shirt und Turnschuhe gekleidet, schließlich die geschniegelten Geschäftsmänner mit forschem Schritt. Dann suchte ich nach
meinem
Typ. Wie ich wohl auf andere wirkte? Das erste Beispiel entdeckte ich schon nach einer knappen Minute. Es war eine große, dünne, halbwegs attraktive Frau in ihren Dreißigern, mit wilder Haarmähne und bis auf einen Hauch Lippenstift ohne Make-up. Sie trug Shorts, T-Shirt und Sandalen, als hielte sie sich noch immer für blutjung. Sie war gekleidet wie für die Schulferien. Dann entdeckte ich den Typus Jasmine: eine schicke Frau Ende zwanzig oder Anfang dreißig, in enganliegendem

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