Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
Vom Netzwerk:
Unterstand für die Nacht. Jede Bewegung sitzt – Sammy trägt die Gene seiner Ahnen, der Jäger und Sammler, in sich. Er reibt zwei Steine aneinander, Funken fliegen. Wie durch ein Wunder liegt genau an der Stelle, an der Sammy übernachten will, ein Haufen brennbares Material. Flugs hat das Kleine Krokodil ein Lagerfeuer entfacht.
    Schwenk. Langsam und fast lautlos schiebt sich ein Blasrohr durch den Blätterwald. Sammy sitzt arglos am Feuer und löffelt eine Dose Ravioli. Der Firmenname ist gut zu erkennen.
    »Product-Placement«, sagte Vanessa. »Die Zigarettenmarke des Grafen ist auch immer voll im Bild. Und sogar das Hundefutter. Das war, als der Graf Sandy den weißen Yorkshireterrier geschenkt hat. Wie hieß der noch gleich?«
    »Püppi«, ergänzte Sarah.
    »Was ist aus Püppi geworden?«, fragte ich.
    »Die Gräfin hat ihn totgefahren«, erinnerte sich die Azu-Biene. »Als sie Sandy verfolgt hat und töten wollte. Aber sie hat nur den Fifi erwischt. Der war platt wie ’ne Pizza.«
Eine Wohnung erzählt
    Ich hatte Adrian Schöderlapp angerufen, um ihm mitzuteilen, dass es nichts Neues gab über seine Großmutter. Er wirkte bedrückt und ich hatte mich mit ihm verabredet. Es hatte zu regnen angefangen und wir saßen in einer Kneipe, wie es sie an fast jeder Ecke gab. Vom Rauchverbot in Gaststätten hatte hier noch niemand etwas gehört.
    »Ich muss den Haushalt meiner Oma auflösen«, berichtete er. »Das Polizeisiegel ist weg. Der Hausbesitzer hat von den Bullen meinen Namen bekommen und mir eine Frist gesetzt. Den Schlüssel kann ich bei einem Nachbarn abholen. Herr Gogol will neu vermieten. Haben Sie nicht Lust, mitzumachen? Vielleicht finden wir ja noch etwas Interessantes.«
    Ich schaute zweifelnd. »Die Polizei wird alles Wichtige mitgenommen haben. Aber gut, wer weiß? Manchmal sind es die scheinbar lapidaren Dinge, die einem Fall die Wendung geben.«
    »Dann lassen Sie uns doch gleich hinfahren, um uns einen ersten Überblick zu verschaffen«, schlug er vor. »Vielleicht hat Oma ja doch ein geheimes Geldversteck angelegt, das die Polizei nicht gefunden hat.«
    Wir zahlten unsere Zeche und los ging es. Der Nachbar rückte den Schlüssel heraus, nachdem Adrian den Personalausweis gezückt hatte.
    »Irgendwie gruselig«, flüsterte Adrian, als er die Tür aufschloss.
    »Wir sollten erst mal lüften«, rümpfte ich die Nase. »Leichengeruch ist ziemlich hartnäckig. Vielleicht stinkt es aber auch nach verdorbenem Kaviar.«
    Schon würgend stürzte ich zu einem der Fenster, riss es auf und atmete durch. Adrian hielt sich ein Taschentuch vor den Mund. Nach einer Runde Flachatmen schien die Luft schließlich erträglich. Ein Schwarm großer, pechschwarzer Fliegen hatte sich über der Deckenlampe niedergelassen. Adrian nahm ein Handtuch und wedelte sie hinaus, so gut das ging.
    Ich blickte mich um. Der teure Flachbildschirm wirkte wie ein viereckiges totes Auge. Die Blumen auf der Tapete blühten unverdrossen. Das Sofa war von der Spurensicherung nach Fusseln und Hautpartikeln untersucht worden. Es sah aus wie frisch gesaugt. Dem Sofakissen fehlte der Mittelscheitel. Auf dem Tisch lagen allerlei Nippes.
    »Dann mal los«, schlug ich vor.
    Adrian machte jedoch keine Anstalten, aktiv zu werden. Er schaute sich still um. Die braunen Augen hatten einen seltsamen Ausdruck.
    »Was ist mit Ihnen?«
    »Wo hat man sie gefunden?«
    »Im Schlafzimmer«, antwortete ich.
    »Haben Sie sie gesehen?«
    »Nein.« Er brauchte nicht zu wissen, dass ich schon einmal in der Wohnung gewesen war. »Journalisten kommen gewöhnlich erst dann an einen Tatort, wenn die Leiche schon im Aluminiumsarg liegt. Aber ich habe ein Foto von ihr gesehen.«
    »Hat sie sehr leiden müssen?«
    »Ersticken ist nicht gerade eine qualfreie Todesart«, meinte ich. »Aber vielleicht ging es schnell. Immerhin war sie eine alte Dame.«
    Er nickte. Eine leichte Brise bewegte die Luft im Raum.
    »Lassen Sie uns mal in die Schränke schauen. Es muss ja auch persönliche Dinge geben, die die Polizei nicht interessiert haben. Fangen wir mit diesem Schränkchen an.«
    Das Teil war ein sogenanntes Vertiko aus dunklem Holz mit vier geräumigen Schubladen. Ich zog die Fächer auf und schaute hinein: russischer Folklorekram, jede Menge lose Fotos und ein Album, Postkarten – die meisten mit Landschaftsmotiven. Pappkartons unterschiedlicher Größe.
    Adrian nahm das Fotoalbum und blätterte. »Schauen Sie mal. Das war Oma als junge Frau. Und hier auch – da war

Weitere Kostenlose Bücher