Es muss nicht immer Grappa sein
Geschenke will.«
»Er kriegt trotzdem was Persönliches von mir.«
Amüsiert schaute Jansen mich an. »Du wirst doch nicht sentimental?«
Ich warf ihm meinen Extremgiftblick zu.
Er ließ sich nicht beeindrucken. »Wolltet ihr nicht im Alter zusammen eine Detektei aufmachen?«
»Ich glaub, er hat die Nase erst mal voll vom Ermitteln. Der verzieht sich auf ein Traumschiff und tuckert über die Weltmeere. Aber … warte mal. Ich hab’s!«
»Was?«
»Ich verehre ihm einen Gutschein für die Rolle des Hauptkommissars in meinen Büchern.«
»Welche Bücher?«
»Wenn ich zu alt für diesen Job hier bin, werde ich Krimis schreiben. Ich erfinde eine Serienfigur und der Polizist darin heißt Brinkhoff. Wie findest du die Idee?«
»Klasse. Bis dahin vergehen aber noch ein paar Jahre. Und – mal ganz ehrlich, Grappa – zum Bücherschreiben braucht man eine Menge Disziplin. Und einen Verlag. Hast du das?«
»Das werden wir sehen. Was machen wir denn jetzt mit den Briefen?«
»Findest du die wirklich so wichtig?«
»Es ist immerhin auffällig, dass die Oma noch auf diese Weise korrespondiert hat. Es bleibt eine Möglichkeit, etwas zu finden.«
»Ich glaube, dass du dich irrst. Sonst hätte die Polizei die Briefe nicht liegen lassen. Die Oma hat mit der Freundin in Kiew bestimmt nur über Kochrezepte oder Häkelmuster philosophiert.« Langsam nervte Jansen mit seinen ewigen Einwänden.
»So eine Oma war die Schöderlapp nicht. Die Frau war eine Kriminelle.«
»Gut, Grappa«, seufzte Jansen. »Wenn es unbedingt sein muss, dann schieß dir einen Dolmetscher. Oder geh runter zu unserem Pförtner. Der Gossen kommt aus Dunkeldeutschland. Im Arbeiter-und-Bauern-Staat war Russisch die erste Fremdsprache. Vielleicht hat er ja noch ein bisschen behalten.«
»Gute Idee«, meinte ich. »Darauf hätte ich auch selbst kommen können.«
Herr Gossen konnte nach eigenen Angaben noch ziemlich gut Russisch. Seine Schicht war in einer halben Stunde zu Ende und wir verabredeten uns in der Kantine.
Er las die Briefe, murmelte ab und zu ein russisches Wort. Dazwischen Kopfschütteln und ein paar Blicke zu mir.
»Was steht denn nun drin?«, fragte ich. Die Spannung ließ meine Kopfhaut prickeln.
»Also«, begann er, »die Frau, die die Briefe geschrieben hat, heißt Galina Gubaidulina. Und die Frau, die die Briefe bekommen hat, heißt mit Vornamen Ekaterina.«
»Hieß. Die letztere ist tot. Und weiter?«
»Ekaterina wollte zurück in die Ukraine. Galina war dabei, für sie ein Haus zu suchen. Die beiden kennen sich schon lange und haben auch über frühere Zeiten geschrieben.«
»Sie wollte ein Haus kaufen?«
»Ja. Ein Haus mit Garten. Die Frau hat ihr einige Vorschläge gemacht. Sie schreibt, dass die Häuser, die direkt am Dnjepr liegen, teuer sind. Das ist der Fluss in Kiew.« Er zog den Zeigefinger über ein paar Zeilen. »Hier steht’s. Achthunderttausend ukrainische Hryvnia! Der Preis für das Haus.«
»Ist das viel?«
»Keine Ahnung«, meinte Gossen.
»Wird irgendwie klar, wie diese Ekaterina an die Kohle gekommen ist?«, fragte ich.
»Nein. Galina hat allerdings gedrängelt. Hier steht: Du musst dich bald entscheiden und das Geld schicken oder bringen. Der Mann wartet nicht ewig und ein Haus in solcher Lage ist in Kiew schwer zu finden. «
Der Brief war zwei Wochen vor Schöderlapps Tod eingegangen. Nachdenklich ging ich in mein Zimmer, warf den Rechner an und fand eine Währungstabelle. Achthunderttausend ukrainische Hryvnia waren rund hunderttausend Euro. Die Polizei hatte aber bei der Oma kein Geld gefunden. Hatte sie das Haus vielleicht schon gekauft? Oder das Geld an die Freundin geschickt? Gab es die hunderttausend überhaupt?
Ich musste mit Galina Kontakt aufnehmen. Aber wie? Plötzlich war mir klar, dass ich ohne die Polizei und ihre offiziellen Möglichkeiten nicht weiterkommen würde. Und das an dem Tag, an dem mein Lieblingskommissar aus dem Dienst ausschied und mir nicht mehr helfen konnte.
Adrian fiel aus allen Wolken, als ich ihm den Inhalt der Briefe wiedergab.
»Vielleicht wird die Kohle ja irgendwann gefunden und ich erbe doch noch«, träumte er.
Falsche Feinkost und … warum werden wir alt?
Das Polizeiorchester spielte gemäßigten Jazz, adrett gekleidete Mädels schleppten Tabletts mit Sekt, Orangensaft und neumodischem Fingerfood durch die Reihen. Die Herren in Dunkelblau oder Grau, die Damen sommerlich und mit Perlen bekettet. Die Bierstädter Prominenz aus Wirtschaft und Politik war
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