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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Art …«
    »Ha!«
    »… weil allein die Zubereitung mit Ananas und Gewürzen den feinen Entengeschmack unverfälscht erhält, ja, mehr noch, ihn erst richtig herausarbeitet und unterstreicht!«
    »Lächerlich«, sagte der Riese. »Vom Rost, das ist das einzig Senkrechte!«
    »Weil Sie eben keine Eßkultur kennen«, sagte Thomas. »Gentlemen bevorzugen chinesisch.«
    »Hören Sie mal, Sie feiner Pinkel, wenn Sie damit sagen wollen …«, begann Bastian und wurde von dem kleinen Zahnarzt unterbrochen, der ihn am Ärmel zupfte.
    »Was ist los, Bastian? Warum streiten? Wir haben doch zwei Enten! Versucht doch beides, Rost und chinesisch! Ich habe noch stundenlang zu tun.«
    Bastian knurrte: »Du meinst ein Wettkochen?«
    »Meine ich«, sagte der Kleine und schmatzte wieder, »ich mache euch den Schiedsrichter!«
    Bastian begann plötzlich zu grinsen. Er fragte Thomas: »Sind Sie einverstanden?«
    »Selbstverständlich. Ich brauche allerdings gewisse Zutaten. Pilze, Tomaten, Ananas, Reis.«
    Der Zahnarzt kicherte: »Gehen Sie runter zu Henri. Henri hat alles.« Er klatschte vergnügt in die Hände. »Jetzt wird’s gemütlich! Ich bringe euch was bei! Ihr bringt mir was bei! An die Gewehre, Mitbürger!«
    Danach entwickelte sich in Küche und Laboratorium des Dr. René Boule ein geschäftiges Treiben.
    Während Bastian
seine
Ente mit Knoblauch abrieb, Kräuter hinzufügte und das Tierchen mit der Brust nach unten auf den Rost des Ofens legte, entbeinte Thomas Lieven das seine, zerhackte die Knochen und bereitete aus diesen und dem Entenklein eine kurze, kräftige Brühe. Während er wartete, daß die Brühe kochte, ging er zu dem kleinen Künstler, der im Labor arbeitete, und sah ihm bei
seiner
Tätigkeit zu.
    Dr. Boule hatte in sieben Kuchenformen mittlerweile sieben dünne Goldwannen hergestellt. Nun füllte er die erste von ihnen mit flüssigem Blei. Der Zahnarzt sprach: »Das Blei erkalten lassen. Jetzt ist nur noch eine Seite der Goldverkleidung offen. Man lege eine Schamotteplatte darauf, damit das Blei nicht wieder flüssig wird, wenn es mit dem flüssigen Gold in Berührung kommt. Diese letzte Schamotteplatte ist sehr wichtig. So vermeidet man Verfärbungen der Goldoberfläche, die jeden Fachmann mißtrauisch machen würden.«
    Thomas wanderte in die Küche zurück, um nach seinem Süppchen zu sehen, schnitt das Entenfleisch in Stücke und wanderte zurück ins Labor, um nach seinen Barren zu sehen.
    Dr. Boule hatte mittlerweile in einem Tiegel wieder Gold flüssig gemacht und goß dieses nun über die Schamotteplatte in die Kuchenform. Er sprach: »Man warte, bis die Schaumkronen verschwunden sind. Das Gold setzt sich von selber. Die Oberfläche muß einen kleinen erhöhten Rand haben – wie ein Stück Schmierseife. Nun, bevor das Metall erkaltet, schnell das Wichtigste: die Punze.«
    »Bitte, die was?«
    »Die Punze. Der Prägestempel, der die Echtheit und den Goldgehalt ausweist.« Dr. Boule schrie in die Küche. »Was für einen Stempel soll ich nehmen, Bastian?«
    »Scheideanstalt von Lyon!« schrie der Riese zurück. Er bepinselte gerade sein Tierchen mit ausgebratenem Fett.
    »Na schön«, sagte Dr. Boule. »Ich habe nämlich eine ganze Sammlung von Punzen der verschiedensten Scheideanstalten und Banken.« Er zeigte sie Thomas. »Ich habe sie als Negativ in Linoleum geschnitten und die Linoleumstückchen auf Holzklötze geklebt. Nun passen Sie auf!«
    Er nahm den entsprechenden Prägestempel und beschmierte das Linoleum mit Olivenöl. Sodann drückte er den Stempel in eine Ecke der noch weichen Goldoberfläche des ersten Barrens. Zischend verbrannte der Ölfilm. Blitzschnell hob Dr. Boule den Stempel wieder ab, bevor das heiße Metall das Linoleum zerstören konnte. Der Augenblick des Aufpressens hatte genügt. Der Barren trug jetzt den Stempel genau so, als wäre er hineingeschlagen worden. Der Zahnarzt sagte: »Die Unebenheiten, die Asche, die Schwitze – das alles lasse man am Barren. Echte Barren werden auch nicht gereinigt.«
    »Und daß der Betrug entdeckt wird?«
    »Praktisch ausgeschlossen.« Dr. Boule schüttelte den Kopf. »Der Bleikern ist jetzt auf allen Seiten von einer drei Millimeter dicken Goldschicht umgeben. Der Käufer prüft mit einem Ölstein und mit Salzsäure. Er kratzt mit dem Stein über eine Kante des Barrens und hat danach einen Goldstrich auf seinem Stein. Den betupft er jetzt nacheinander mit verschiedenen Säurekonzentrationen, die den verschiedenen Karatgehalten

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