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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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ganze Tafel, vorbei an fünfzehn staunenden Ganoven. Vor Chantal hielt der Transport. Sie hob den Teller vom Wagen. Ein paar Männer lachten verblüfft, einer klatschte.
    Thomas ließ die Lok mit dem leeren Wagen zurückrollen, indessen er gleichmütig fragte: »Der Herr zur Linken von Chantal wünscht?«
    Ein wüster Geselle mit Augenklappe verzog den Mund zu einem mächtigen Grinsen und schrie: »Schwein!«
    »Schwein, bitte sehr«, sagte Thomas. Wieder fixierte er die Riesenpastete, drehte sie, schnitt aus einem anderen Drittel ein Stück Schweinefilet und beförderte es in der gleichen Weise.
    Jetzt wurden die Männer munter. Der Einfall amüsierte sie. Sie redeten durcheinander. Einer schrie: »Mir Rind!«
    »Aber gern«, sagte Thomas und bediente ihn. Nun klatschten schon ein paar Männer.
    Thomas sah Chantal an. Er kniff ein Auge zu. Da mußte sie wider Willen lächeln. Die Tafelrunde wurde immer lauter, immer ausgelassener. Durcheinander bestellten die Männer. Und immer wieder rollte die kleine Lokomotive über den Tisch.
    Zuletzt saß nur noch François, der Pferdefuß, vor einem leeren Teller. Thomas wandte sich an ihn: »Und Sie, Monsieur?« fragte er, während er sein Tranchiermesser neuerlich schärfte.
    François sah ihn lange brütend an. Dann erhob er sich langsam und griff in die Tasche. Chantal schrie auf, Bastian zog heimlich seine Pistole, als er sah, daß Pferdefuß plötzlich sein gefürchtetes Messer in der Hand hielt. Blitzend sprang die Klinge heraus. Lautlos machte Pferdefuß einen hinkenden Schritt auf Thomas zu. Noch einen. Und noch einen. Nun stand er vor ihm. Nun war es totenstill. So lange, wie man braucht, um bis zehn zu zählen, sah François dem ruhig stehenden Thomas Lieven in die Augen. Dann grinste er plötzlich und sagte: »Nehmen Sie mein Messer, das ist schärfer. Und geben Sie mir Schwein. Sie elender Hund!«
    11
    Am 8. Dezember 1940 erschienen Sturmbannführer Eicher und sein Adjutant Winter – zivil gekleidet natürlich – in Marseille und verlangten die Übergabe der Herren de Lesseps und Bergier. Sie brachten die beiden sofort nach Paris. Hier erst wurden die Einkäufer gründlich verhört.
    Am 10. Dezember 1940 gab der SD Paris eine Fahndungsmeldung an alle seine Dienststellen heraus.
    Am 13. Dezember geschah es dann in einem Zimmer des zweckentfremdeten Pariser Hotels »Lutetia«, der Dienststelle der Deutschen Abwehr:
    Hauptmann Brenner von der Abteilung III las die Fahndungsmeldung des deutschen Konkurrenzunternehmens. Er las sie einmal flüchtig, stutzte und las sie ein zweites Mal – aufmerksamer.
    Ein gewisser Pierre Hunebelle wurde da gesucht; warum, umschrieb das Blatt vage mit »Verrat von SD -Leuten an französische Behörden«.
    Und Hauptmann Brenner las noch einmal: Pierre Hunebelle. Schmales Gesicht. Dunkle Augen. Schwarzes, kurzes Haar. Etwa 1,75 groß. Schlank. Im Besitz einer goldenen Repetieruhr, mit der er häufig spielt. Besondere Kennzeichen: kocht gerne.
    Hm.
    Kocht gerne.
    Hm!!!
    Hauptmann Brenner rieb sich die Stirn. Da war doch mal … Da gab es doch einmal … Da war doch mal ein General aufs Kreuz gelegt worden von einem Herrn, der gerne kochte. Bei der Eroberung von Paris war das gewesen. Es gab einen Akt darüber …
    Akt darüber – Akt darüber …
    Eine Stunde später hatte Hauptmann Brenner im Archiv gefunden, was er suchte. Ein dünner Akt war das. Aber die Erinnerung hatte den Hauptmann nicht getrogen. Da stand es: Thomas Lieven, alias Jean Leblanc. Etwa 1,75 groß. Schmales Gesicht. Dunkle Augen. Dunkles Haar. Besitzt eine altmodische goldene Repetieruhr. Besondere Kennzeichen: leidenschaftlicher Koch.
    Jagdfieber erwachte in Hauptmann Brenner. Er hatte seine privaten Verbindungen zum SD . Er horchte drei Tage lang herum, dann wußte er, warum der Sturmbannführer Eicher so erbittert hinter Herrn Hunebelle, alias Leblanc, alias Lieven, her war. Grinsend verfaßte Brenner eine Meldung an seinen höchsten Vorgesetzten.
    Admiral Wilhelm Canaris las den Bericht des Hauptmanns Brenner in seinem Berliner Büro am Tirpitzufer mit einem immer stärker werdenden Schmunzeln. Die Heiterkeit, die schon seinen Mann in Paris ergriffen hatte, erfaßte auch ihn. Schau mal an, das Reichssicherheitshauptamt! Raubt das unbesetzte Frankreich aus. Das will ich Herrn Himmler mal unter die Nase reiben! Und hereingelegt hat sie ein gewisser Hunebelle, alias Leblanc, alias …
    Der Admiral wurde ernst. Er las den letzten Absatz noch einmal. Und

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