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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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erste – aber immerhin, immerhin. Zurückhaltend. Dezent in Kleidung und Auftreten. Fischgrätenmustermantel. Gamaschen. Hut. Regenschirm.
    Eben wollte Pissoladière den zweiten Herrn ersuchen, ein wenig zu warten, da sagte dieser: »Ich brauche nur ein neues Armband für meine Uhr.« Und damit hängte er seinen Regenschirm, so dicht es ging, neben den Regenschirm des Herrn im Stadtpelz, den er scheinbar noch nie im Leben gesehen hatte.
    Und in diesem Moment war Marius Pissoladière sozusagen bereits verloren, verraten und verkauft …
    13
    Die beiden Herren, die einander am Vormittag des 14. Januar 1941 in Pissoladières Juweliergeschäft so fremd gegenübertraten, waren in Wirklichkeit uralte Freunde. Sie hatten sich nur in den letzten zwei Wochen äußerlich und innerlich von Grund auf verwandelt.
    Vor zwei Wochen noch pflegten die beiden Herren wie Droschkenkutscher zu fluchen, auf den Boden zu spucken, knallgelbe Schuhe und Jacken mit übertrieben auswattierten Schultern zu tragen.
    Bis vor zwei Wochen waren ihre Fingernägel immer schwarz und ihre Haare immer zu lang gewesen. Einen halben Monat zuvor hatten sich die beiden Herren noch als deutliche Angehörige jener geheimnisumwobenen asozialen Kaste durchs Leben bewegt, die der gute Bürger gemeinhin schaudernd »die Unterwelt« nennt.
    Wem wohl fiel das Verdienst zu, in so kurzer Zeit und im Rahmen eines allerdings anstrengenden Schnellkurses aus zwei alten Ganoven zwei neue Herren zu machen – wem wohl?
    Der geneigte Leser hat es erraten: einem gewissen Pierre Hunebelle, alias Jean Leblanc, alias Thomas Lieven.
    Um die beiden Ganoven zunächst seelisch auf den geplanten Fischzug bei dem Juwelier Pissoladière vorzubereiten, hatte Thomas Lieven zwei Wochen zuvor ein Essen gegeben.
    Das Mahl wurde in einem Hinterzimmer bei »Chez Papa« serviert, dem berühmt-berüchtigten Schwarzschlächterlokal in der Rue de Paradis, neben der Börse. Außer Thomas Lieven und seiner Geliebten, der schönen Bandenchefin Chantal Tessier, erschienen zu dem Essen nur die erwähnten beiden Ganoven – in ihrer ursprünglichen Gestalt und unter ihrem richtigen Namen: Fred Meyer und Paul de la Rue.
    Sie gehörten seit Jahren zu der Bande, aber sie waren im Außendienst beschäftigt, in Toulouse. Chantals Organisation hatte Filialen. Es war ein gesund aufgebautes Unternehmen.
    Paul de la Rue, Hugenotten-Nachfahre, war groß und schlank und von Beruf gelernter Bilderfälscher. Er sprach mit südfranzösischem Akzent. Trotz aller Ungepflegtheit hatte sein schmaler Schädel etwas Aristokratisches.
    Fred Meyers erlernter Beruf war der eines Kassenschränkers. Er hatte auch auf den Fachgebieten Einbruch, Hoteldiebstahl und Zollbetrug dilettiert, und er sprach ebenfalls mit dem Akzent südfranzösischer Volksgenossen.
    Händereibend und grinsend waren Paul und Fred zu Thomas und Chantal gekommen. Der Hugenotten-Abkomme rülpste: »Wollen wir noch ’nen kleinen Pastis trinken vorm Fressen, wie?«
    »Vor dem Essen«, erwiderte Thomas Lieven eisig, »werden die Herren keinen kleinen Pastis trinken, sondern sich hinunter zum Friseur begeben. Rasieren. Haare schneiden. Hals und Hände waschen. In einem derartigen Zustand geht man nicht zu Tisch.«
    »Ta gueule«, knurrte Fred, der, ebenso wie Paul, diesen Pierre Hunebelle noch nicht näher kannte. »Du kannst uns mal, Chantal ist die Chefin.«
    Mit schmalen Lippen antwortete Chantal darauf: »Ihr tut, was er sagt. Geht zum Friseur. Sauerei, wie ihr ausseht.« Knurrend zogen die beiden ab.
    Allein mit Thomas, bewies Chantal, daß sie ihm zuliebe zwar gewisse Eigentümlichkeiten der Kleidung aufgegeben hatte, sich aber im Inneren treu geblieben war. Wie eine Wildkatze fauchte sie ihn an: »Ich wollte dich nicht bloßstellen. Das wäre nämlich das Ende meiner Autorität vor den Brüdern, wenn es auch noch heißt, ich krache mich mit dir! Aber das ist immer noch meine Bande, kapiert?«
    »Tut mir leid, dann wollen wir die Sache lieber lassen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich bin nicht dein Angestellter. Wir sind entweder gleichberechtigte Partner – oder gar nichts.«
    Sie sah ihn aus halbgeschlossenen Augen an. Sie murmelte etwas Unverständliches. Dann stieß sie mit der Faust gegen seine Schulter und knurrte, halb gereizt, halb belustigt: »Also gut – du verfluchter Hund!« Und hastig: »Bilde dir bloß keine Schwachheiten ein – von wegen, daß ich mich in dich verknallt habe oder so! Da müßte ich aber wirklich lachen. Ich

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