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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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de la Rue hängte …
    14
    Danach ging eigentlich alles sehr schnell.
    Der Juwelier legte Fred Meyer am unteren Ende des Ladentisches eine Reihe von Uhrbändern vor. Am oberen Ende des Ladentisches stand Paul de la Rue, über die neun funkelnden Brillanten-Bracelets geneigt. Die beiden Schirme hingen neben ihm.
    So wie er es stundenlang unter der Aufsicht von Thomas Lieven geübt hatte, ergriff er nun geräuschlos das Armband, dessen Erwerb drei Millionen Franc kosten sollte, neigte sich vor und ließ es geräuschlos in den leicht geöffneten Schirm seines Freundes Meyer fallen. Die Schirmstreben waren vorher natürlich mit Watte umwickelt worden. Dann ergriff er noch zwei weitere Brillantarmbänder und verfuhr mit ihnen in der gleichen Weise.
    Danach wanderte er weit von den Schirmen fort bis zum Ende des Ladens, wo es goldene Armreifen zu bewundern gab. Paul de la Rue bewunderte sie. Dabei strich er mit der rechten Hand über sein neuerdings gepflegtes Haar.
    Auf dieses vereinbarte Zeichen hin entschloß sich Fred Meyer ungemein rasch zum Erwerb eines Uhrenarmbandes im Wert von 240 Franc. Er zahlte mit einem Fünftausendfrancschein.
    Juwelier Pissoladière schritt zur Kasse. Er registrierte den Preis, holte Wechselgeld heraus und rief dabei zu Paul de la Rue hinüber: »Ich stehe sofort wieder zu Ihren Diensten, Monsieur!«
    Pissoladière gab dem Uhrenarmbandkäufer heraus, dieser nahm seinen Regenschirm und verließ den Laden. Hätte der Juwelier ihm nachgeschaut, dann hätte er bemerkt, daß der Uhrenarmbandkäufer trotz strömenden Regens seinen Schirm
nicht
aufspannte. Vorerst wenigstens …
    Eilenden Fußes kehrte Pissoladière zu seinem aristokratischen Kunden zurück. Er sprach: »Und nun, Monsieur …« Aber er sprach nicht weiter. Er sah mit einem Blick, daß drei der wertvollsten Bracelets fehlten.
    Zunächst glaubte der Juwelier noch an einen Scherz. Degenerierte Aristokraten haben manchmal solche Anwandlungen makabren Humors. Er lächelte Paul de la Rue schief an, machte: »Haha«, und sagte: »Monsieur, haben Sie mich erschreckt!«
    Von Thomas Lieven ausgezeichnet trainiert, hob Paul unnachahmlich seine Augenbrauen und forschte: »Wie meinen Sie? Ist Ihnen nicht gut?«
    »Nicht doch, Monsieur, Sie treiben den Scherz zu weit. Bitte, legen Sie die drei Armbänder wieder aufs Tablett.«
    »Sagen Sie mal, sind Sie betrunken? Sie meinen, ich hätte drei Armbänder … Ach so, tatsächlich, wo sind denn die drei schönen Stücke?«
    Jetzt lief Pissoladière blaurot an. Seine Stimme wurde schrill: »Mein Herr, wenn Sie nicht sofort die Stücke hier auf den Tisch legen, muß ich die Polizei alarmieren!«
    Daraufhin fiel Paul de la Rue etwas aus seiner Rolle. Er begann zu lachen.
    Das Gelächter nahm dem Juwelier den letzten Rest von Beherrschung. Mit einem Griff hatte er jene Taste unter dem Ladentisch erreicht, die den Diebesalarm auslöste. Krachend fielen vor den Auslagen, der Eingangstür und dem Hinterausgang schwere Stahlgitter herab.
    Marius Pissoladière hatte plötzlich einen großen Revolver in der Hand und kreischte: »Hände hoch! Keinen Schritt … Keine Bewegung!«
    Lässig antwortete Paul de la Rue, die Hände hochnehmend: »Sie armer Irrer, das wird Ihnen noch leid tun.«
    Wenig später erschien das Überfallkommando.
    In größter Seelenruhe präsentierte Paul de la Rue einen französischen Reisepaß, lautend auf den Namen Vicomte René de Toussant, Paris, Square du Bois de Boulogne. Es war ein einwandfrei gefälschter Paß, die besten Kräfte des »Alten Viertels« hatten sich um ihn bemüht. Trotzdem zogen die Kriminalbeamten Paul de la Rue bis auf die Haut aus, durchsuchten seine Kleider und trennten die Nähte des Mantels auf.
    Es war alles umsonst. Nichts kam zutage, nicht ein einziger Brillant, nicht ein einziger Splitter der drei verschwundenen Bracelets.
    Die Beamten verlangten von dem falschen Vicomte den Nachweis, daß er überhaupt in der Lage gewesen wäre, drei Millionen zu bezahlen.
    Lächelnd bat der Verdächtige, den Direktor des »Hôtel Bristol« anzurufen. Der Direktor des »Hôtel Bristol« bestätigte, daß der Vicomte im Hotelsafe einen Betrag von sechs Millionen deponiert hätte! Kunststück! Paul de la Rue war natürlich wirklich im »Bristol« abgestiegen und hatte sechs Millionen – Bandenkapital – im Safe deponiert!
    Die Kriminalbeamten wurden nun schon bedeutend höflicher.
    Als schließlich die Pariser Polizei auf ein entsprechendes Fernschreiben

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