Es muß nicht immer Kaviar sein
bist …«
Thomas kehrte umgehend heim in die Rue Chevalier à la Rose. Es gab eine Versöhnung, von der er sich zwei Tage lang erholen mußte. Danach widmete sich unser Freund mit voller Kraft der selbstgestellten Aufgabe, die Bösen im Lande zu schädigen – und dabei einen Haufen, aber wirklich einen Haufen Geld zu verdienen.
Weil das Leben Thomas Lievens so überreich angefüllt ist mit Gefahren, tollkühnen Streichen und schönen Frauen, sehen wir uns gezwungen, ökonomisch vorzugehen. Aus der Fülle seiner Unternehmungen in den Jahren 1941 und 1942 sei uns gestattet, nur drei herauszugreifen, nämlich:
die Sache mit dem Platin aus dem zaristischen Rußland,
die Sache mit den verschobenen Industriediamanten und
die Sache mit den gefälschten Falange-Dekreten.
Wohlan!
Im August 1941 tauchte in Toulouse ein gewisser Wassili Maria Orlow Fürst Lesskow auf. Dieser Mann kam, wie es schien, aus dem Nichts, denn es war einfach unmöglich, seine Spur in die Vergangenheit zu verfolgen. Der hagere, außerordentlich hochmütige Aristokrat bewies sogleich eine magnetische Anziehungskraft auf Agenten des deutschen, englischen, französischen, ja sogar des sowjetrussischen Geheimdienstes sowie auf Mitglieder der Bande von Dantes Villeforte.
Während jedoch alle diese Herrschaften in Toulouse ein auffälliges und dummes Gehabe mit Verschwörermienen, heimlichen Treffs und Kneipenprügeleien an den Tag legten, hielt sich eine
sechste
Gruppe von Interessenten unauffällig im Hintergrund. Es waren ein paar Herren aus Chantal Tessiers Bande. Thomas hatte sie mittlerweile alle so gut erzogen wie die Herren de la Rue und Meyer. Fürst Lesskow erregte nicht umsonst solch Aufsehen, führte er doch – echtes Platin bei sich. Nur einige Barren zur Probe, wie er sagte, es gebe aber einen ganzen Platinbarrenschatz, dessen Verwalter er sei.
Nun, Platin, dieses edle Metall, fand in der Rüstungsindustrie Verwendung und war, insbesondere beim Flugzeugbau, unentbehrlich für die Herstellung von Unterbrechern und Magnetzündungen.
Ein gewaltiges Werben setzte ein. Deutsche, französische und britische Agenten wollten das Platin für die jeweiligen Vaterländer in ihren Besitz bringen; die Sowjets sahen es von vornherein als ihr Eigentum an.
Die Männer um Dantes Villeforte hatten eine noch weit einfachere Eigentumsauffassung!
Thomas Lieven hingegen besaß seine eigene Geschäftsphilosophie. Sie lautete: »Wir wollen warten und hoffen …«
Der Satz raubte Chantal ihr seelisches Gleichgewicht. Sie rief: »Du machst mich schon wieder rasend, du kalter Hund!«
Wie Thomas vorausgesehen hatte, bewies der hochmütige Fürst eine übertriebene Tüchtigkeit. Er spielte die verschiedenen Agenten gegeneinander aus und trug zweifellos die Schuld daran, daß ein sowjetischer und ein deutscher Geheimagent in einem Feuergefecht am 24. August 1941 um 0.30 Uhr morgens ums Leben kamen.
Vierundzwanzig Stunden später wiederum fand man den Fürsten ermordet in seinem Hotelappartement auf. Die Platinbarren, die er stets unter seinem Bett verborgen hatte, waren verschwunden. Rasch wurde die französische Polizei verständigt. Sie verdächtigte zwei Männer in schwarzen Ledermänteln, die den Fürsten als letzte besucht und danach Toulouse mit einem schwarzen Peugeot in nördlicher Richtung verlassen hatten.
Diese beiden Männer tauchten wenige Stunden später in dem Dorf Grisolles vor Montauban wieder auf. Sie hatten ihren Wagen und ihren ganzen Besitz verloren. Sie bewegten sich barfuß und in Unterhosen. Sie gaben an, von einem entgegenkommenden Laster geblendet und zum Halten gezwungen worden zu sein. Eine Bande von sechs vermummten Männern hatte sie ausgeraubt.
Die Platinbarren tauchten in Frankreich nicht mehr auf. Kurze Zeit später jedoch befanden sie sich in dem geräumigen Stahlsafe, das ein gewisser Eugen Wälterli, Schweizer Staatsbürger, am 27. August 1941 bei der Nationalbank in Zürich gemietet hatte. Herr Wälterli war aus dem unbesetzten Frankreich auf unwirtlichen Schleichpfaden in die Schweiz gekommen. Seine Freundin Chantal Tessier, wohlbewandert in illegalen Grenzübertritten, hatte ihm den Weg erklärt. Eugen Wälterli, alias Thomas Lieven, hatte sich seinen falschen Schweizer Paß von ersten Fachleuten des »Alten Viertels« herstellen lassen …
16
Einen Moment!
So etwas erzählt sich leichter, als es sich ereignet. Vor der Deponierung der Platinbarren in der Schweiz hatte Thomas Lieven schwere Stunden zu
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