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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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durchleben – nicht mit der Polizei, nicht mit Villefortes Leuten, nein, mit Chantal …
    Einer Furie gleich fuhr sie ihm entgegen, als er seinen Plan entworfen hatte. »In die Schweiz? Ah, ich kapiere … Du willst abhauen! Du willst mich hier sitzenlassen! Dir eine andere unter den Nagel reißen! Glaubst du, ich weiß nicht, wen?« Sie schwieg nur einen Moment, um Atem zu holen, weil sie sonst erstickt wäre, und schrie sofort weiter: »Dieser Fetzen Yvonne! Ich sehe es seit Wochen, wie sie sich dir ranschmeißt, ha!«
    »Chantal, du bist meschugge, äh, verrückt. Ich schwöre dir …«
    »Halt’s Maul!
Ich
habe keinen anderen Mann mehr
angesehen
, seit ich dich kenne! Und du – und du – ach, alle Männer sind Schweine! Und noch dazu mit so einer! Einer
Gefärbten!«
    »Sie ist nicht gefärbt, mein Kind«, sagte Thomas sanft.
    »Aaaahhh!« Jetzt ging sie mit Krallen und Zähnen auf ihn los. »Du Hund, woher weißt du das?«
    Sie prügelten sich. Sie versöhnten sich. Eine ganze Nacht benötigte Thomas, um Chantal zu beweisen, daß er die blonde Yvonne nie geliebt hatte und niemals lieben würde.
    Im Morgengrauen sah sie alles ein und war sanft wie ein Lamm und zärtlich wie ein Bademädchen in Hongkong. Und nach dem Frühstück ging sie, ihm einen Schweizer Paß zu besorgen …
    17
    Es hieß, es wäre für Reichsmarschall Hermann Göring eine herbe Enttäuschung gewesen, als er bei seinem ersten Besuch im besetzten Paris die beiden weltberühmten Juweliere Cartier und Van Cleff aufsuchte und dabei von den Verkäufern zu hören bekam, sie könnten den illustren Kunden leider nicht bedienen, weil die Geschäftsinhaber alle kostbaren Stücke vor dem Einmarsch der Deutschen nach London verlagert hätten.
    Was in Paris gelang, war in Antwerpen und Brüssel mitnichten gelungen. Brüssel und Antwerpen sind seit Jahrzehnten die Zentren der internationalen Edelsteinschleifereien. Die hier vorgefundenen Diamanten und -brillanten wurden nach der Besetzung zum Teil von den deutschen Behörden käuflich erworben – oder einfach beschlagnahmt. Dann nämlich, wenn sie sich in jüdischem Besitz befanden, was meistens der Fall war.
    Das Deutsche Reich benötigte sogenannte »Industriediamanten« für die Rüstungsindustrie zum Schleifen von Motorkurbelwellen und zum Bearbeiten von Hartmetallen. Mit der Beschaffung dieses wertvollen Materials wurde Oberst Feltjen vom Amt für den Vierjahresplan beauftragt.
    Er versuchte, Steine und Steinabfälle auch in neutralen Ländern, wie etwa in der Schweiz, zu erwerben. Der größte Teil seiner deutschen Aufkäufer war jedoch korrupt. Die Herren operierten nach einem einfachen System: Sie beschlagnahmten in Belgien jüdischen Diamantenbesitz, lieferten ihn jedoch nur zum Teil oder gar nicht an den Oberst Feltjen ab, sondern schafften ihn mit eigenen Kurieren durch das besetzte und das unbesetzte Frankreich in die neutrale Schweiz. Hier wurde das Material wiederum einem anderen deutschen Aufkaufbevollmächtigten zum Erwerb angeboten. Der Mann kaufte zu höchsten Preisen. Die korrupten Ersteinkäufer lachten sich in das bekannte Fäustchen.
    Zwischen September 1941 und Januar 1942 wurden vier derartige »Kuriere« abgefangen und um die gestohlenen oder beschlagnahmten Steine erleichtert. Diese Industriediamanten und -brillanten tauchten kurze Zeit später in dem geräumigen Stahlsafe der Nationalbank in Zürich wieder auf, das ein gewisser Eugen Wälterli daselbst gemietet hatte …
    Vom Konto des besagten Schweizer Staatsbürgers Eugen Wälterli wurde am 22. Januar 1942 die Summe von 300 000 Schweizer Franken auf das Londoner Konto der Organisation »Wannemeester« überwiesen. Diese Organisation hatte sich zum Ziel gesetzt, mit Bestechung und Geld rassisch und politisch verfolgte Personen aus den von Hitler besetzten Teilen Europas heraus und in Sicherheit zu bringen.
    18
    Im Juli 1942 berief Dantes Villeforte, genannt »Die Glatze«, in Marseille seine Bande zu einer Vollversammlung ein, die in einer Wohnung in der Rue Mazenod 4 stattfand.
    »Meine Herren«, sagte Dantes Villeforte zu seinen Mitarbeitern, »mir reicht es jetzt. Ich habe jetzt den Kanal voll von Chantals Organisation. Die Platinsache hat sie uns vermasselt; wir waren schon so schön am Zuge. Das Portugalgeschäft ist seit einem Jahr abgerutscht. Und jetzt auch noch die Sache mit den Falange-Dekreten!«
    Die Sache mit den Falange-Dekreten war ebenso einfach wie imposant angelaufen. Eingedenk seiner Lektionen

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