Es muß nicht immer Kaviar sein
berichtete Thomas. »1942 arbeitete er beim SD in Bukarest …« Zu dieser Zeit mußten die Rumänen Reichskreditkassenscheine als Zahlungsmittel akzeptieren, aber sie waren selig, wenn sie jemanden fanden, der ihnen dafür Dollars, Pfund oder Gold gab. Zu den schlechtesten Kursen. Egal! Egal! Nur wieder weg mit dem Dreckpapier!
Redecker wurde nach Paris versetzt. Hier lernte er den Untersturmführer Petersen kennen. Die beiden entdeckten eine große Seelenverwandtschaft. Redecker erzählte von seinen rumänischen Erfahrungen. Zusammen zogen sie das Geschäft ganz groß auf. Petersen fuhr in Frankreich herum. Er kaufte, stahl, erpreßte und requirierte Gold. Das Gold wurde mit Kuriermaschinen des SD nach Berlin geflogen. Hier saßen zuverlässige »Mitarbeiter« im Reichssicherheitshauptamt. Das französische Gold flog mit SD -Kuriermaschinen weiter nach Bukarest. Auch hier saßen zuverlässige Mitarbeiter.
Nun kauften SD -Leute in Bukarest mit dem französischen Gold zu schlechtesten Kursen Reichskreditkassenscheine der Serie Rumänien auf. Diese wurden als »Geheime Kommandosachen« verpackt und deklariert und über Berlin nach Paris geflogen.
»… es verhält sich genauso, wie der Bankier Ferroud vermutete«, beendete Thomas Lieven seinen Bericht. »Nur Deutsche konnten diese Riesenschiebung aufziehen. Mit den so billig erschacherten Scheinen kauften Redecker und Petersen in aller Seelenruhe Frankreich aus. Aber Petersen traute Redecker niemals ganz. Das hat mir Lilly Page erzählt. Darum führte er ein Tagebuch über alle Operationen, an denen Redecker beteiligt war. Er wollte ihn in der Hand haben.« Thomas hob das schwarze Buch auf. »Nicht nur Redeckers Name steht auf diesen Seiten. Viele Namen stehen darauf. Mit diesem Buch, meine Herren, können wir den ganzen Ring auffliegen lassen.«
»Aber hören Sie mal, Lieven«, knurrte Werthe gereizt, »ist Ihnen klar, mit wem wir uns hier anlegen? Mit dem Schwager Himmlers! Mit einem Gesandten! Mit höchsten SD -Beamten. Sie sagen es selber!«
»Darum wollen unsere nächsten Schritte reiflich erwogen sein, Herr Oberst! Und wo lassen sich schwerwiegende Schritte reiflicher überlegen als bei einem guten Essen? Ich habe zu Hause bereits alles Nötige veranlaßt. Ich erwarte Sie in einer Stunde bei mir.«
Ach, so viel kann geschehen in einer Stunde …
8
Bleich und verstört erschienen Oberst Werthe und Major Brenner sechzig Minuten später in Thomas Lievens reizender kleiner Villa am Square du Bois de Boulogne. Der Major sah aus, als wollte er in Tränen ausbrechen. Der Oberst starrte verbissen vor sich hin, während die hübsche Nanette die Vorspeise servierte.
Thomas wartete, bis sie verschwunden war, dann erkundigte er sich: »Was soll die Trübsal, meine Herren? Fühlen Sie vielleicht ein menschliches Rühren, weil es dem Reichsheinischwager an den Kragen geht?«
»Wenn es nur dem an den Kragen ginge«, sagte Werthe dumpf.
»Wem denn noch?« fragte Thomas und steckte ein Stückchen Melone in den Mund.
»Ihnen«, sagte Werthe.
Weil man mit vollem Mund nicht spricht, schluckte Thomas erst hinunter, bevor er sagte: »Kleiner Scherz?«
Menu, Paris, 28. September 1943
Beim Dessert plant Thomas Lieven, selbst einen
Reichsführer zur Räson zu bringen.
Melonenscheiben
Parmesankoteletts
Schokoladenpalatschinken
Melonenscheiben:
Man serviere eisgekühlte Scheiben einer schönen, festen Melone, die sich jeder Gast nach seinem Geschmack mit Pfeffer und Salz bestreut.
Parmesankoteletts:
Man nehme Schweinekoteletts mittlerer Größe, am besten von dem etwas durchwachsenen Stück zum Halsgrat zu, klopfe, pfeffere und salze diese. Man lege sie in eine gut mit Butter ausgestrichene, flache, feuerfeste Form, bestreue sie dick mit geriebenem Parmesankäse und begieße sie mit dicker saurer Sahne, die aber nicht überstehen darf. Man backe die Speise im Bratofen in zwanzig bis dreißig Minuten hellbraun, serviere sie in der Form und reiche Salzkartoffeln und grünen Salat dazu.
Schokoladen-Palatschinken:
Man backe feine, dünne Eierkuchen, deren Teig man mindestens eine Stunde vorher angerührt hat. Man schlage in einer Schüssel zwei Eigelb mit drei Eßlöffel feinem Zucker schaumig, lasse drei Riegel Schokolade mit einem Glas Milch auf dem Herd schmelzen und mische alles nebst etwas Vanillezucker und einer Prise Salz gut durcheinander. Man rühre diese Masse auf kleinster Flamme zu einer dicken Creme, streiche sie auf die Eierkuchen, die man
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