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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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nachmittag bei Sturmbannführer Eicher ansagen und die Peinlichkeit mit dem falschen Ausweis aus der Welt schaffen.«
    »Sie … Sie wollen zu Eicher gehen?«
    »Ja, natürlich. Es tut mir wirklich leid, daß ich Herrn Canaris solche Unannehmlichkeiten bereite.«
    »Aber warum – warum wollen Sie zu Eicher auch noch hingehen?«
    »Weil morgen Mittwoch ist, meine Herren«, sagte Thomas freundlich. »Und nach meinem kleinen schwarzen Buch ist Mittwoch der Tag der Woche, an dem immer Reichskreditkassenscheine von Bukarest nach Berlin geflogen werden. Wir müssen uns nach dem Essen nur noch einen genauen Zeitplan zurechtlegen. Aber eigentlich kann überhaupt nichts mehr schiefgehen …«
    9
    Mit hingebungsvollem Lächeln half das bildhübsche schwarzhaarige Dienstmädchen Nanette ihrem geliebten Herrn in den Kamelhaarmantel. Thomas Lieven warf einen Blick auf seine Repetieruhr. Es war 16 Uhr 30 am 29. September 1943.
    Thomas sah aus dem Fenster. »Glauben Sie, daß wir heute noch Nebel bekommen werden, schönes Kind?«
    »Nein, Monsieur. Isch glauben nischt …«
    »Möge es so klar bleiben«, sagte Thomas. »Dann werden ein paar Herren heute abend schon im Kittchen sitzen.«
    »Pardon, Monsieur?«
    »Nichts, nichts, Nanette. Ich veranstalte gerade ein kleines Wettrennen. Ich möchte es gerne gewinnen.«
    Ein Wettrennen in der Tat hatte Thomas Lieven arrangiert – jetzt mußte er mitlaufen. Eine Lawine hatte er in Bewegung gesetzt – jetzt mußte er verflucht aufpassen, daß sie ihn nicht überrollte. Denn eben machte er sich auf den Weg zur SD -Dienststelle Paris in der Avenue Foch, zu Sturmbannführer Eicher …
    Die Operation, deren Ende Thomas nun als Sieger mitzuerleben hoffte, hatte 24 Stunden zuvor begonnen. Im aufrichtigen Bemühen, seinem verrückten Sonderführer das Leben zu retten, hatte Oberst Werthe über Fernschreiber einen langen Bericht an Admiral Canaris gesandt.
    Bereits eine Stunde später erschien der weißhaarige Chef der militärischen Abwehr zu einer einstündigen Unterredung bei Heinrich Himmler. Böse Nachrichten hatte er dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei zu überbringen …
    »Ich werde ohne Erbarmen durchgreifen«, tobte Heinrich Himmler.
    Um 18 Uhr 30 am 28. September fing eine Sonderkommission, bestehend aus hohen SS -Führern, zu arbeiten an. Drei Mitglieder dieser Gruppe flogen in der Nacht über Wien nach Bukarest.
    Am 29. September um 7 Uhr 15 verhafteten diese drei SS -Führer auf dem Flughafen von Bukarest einen SD -Kurier, der gerade nach Berlin fliegen wollte – den Unterscharführer Anton Linser. In seinem umfangreichen Gepäck führte er mehrere »Geheime Kommandosachen« bei sich, die man nun öffnete. Für Rumänien bestimmte Reichskreditkassenscheine im Wert von zweieinhalb Millionen Mark wurden gefunden.
    Um 8 Uhr 30 erschienen die drei SS -Offiziere in den Räumen des SD Bukarest, die sich in einem unscheinbaren Seitentrakt der Deutschen Gesandtschaft an der Hauptstraße Calea Victorei befanden. Hier konnten große Mengen von französischen Louisdor-Stücken und Riesenbeträge von Reichskreditkassenscheinen sichergestellt werden. Zwei Personen wurden verhaftet.
    Um 13 Uhr 50 am 29. September landete die Kuriermaschine aus Bukarest auf dem Flughafen Berlin-Staaken. Mitglieder der Sonderkommission verhafteten einen Untersturmführer namens Walter Hansmann, der sich mit allen Anzeichen großer Unruhe bei der Flugzeugbesatzung nach dem Kurier aus Bukarest erkundigte. Nach einem kurzen Verhör brach Hansmann zusammen und gab zu, in der Reichskreditkassenschein-Affäre mitgeschoben zu haben. Er nannte die Namen von vier hohen SD -Leuten, die in Berlin in die Affäre verwickelt waren. Um 14 Uhr saßen diese vier Männer bereits hinter Gittern …
    »Dann können wir jetzt ja in Ruhe Mittag essen gehen«, sagte in Paris Thomas Lieven zu Oberst Werthe. Sie standen vor einem Fernschreiber, über welchen der Admiral seinen Oberst stündlich informieren ließ.
    »Sie scheinen Glück zu haben, Sie verfluchter Hund«, sagte Werthe grinsend.
    »Unberufen.« Thomas klopfte auf Holz. »Wann sind die Herren losgeflogen, die da zu rächen und zu richten haben werden?«
    »Vor einer halben Stunde. Ein SS -Richter, zwei Kriegsgerichtsräte. Sollen zwischen 16 Uhr 30 und 17 Uhr hier landen.«
    Um 16 Uhr 30 ließ Thomas sich von der bildhübschen Nanette in den Kamelhaarmantel helfen und dachte, als er auf die Straße hinaustrat: Mach, daß es wirklich keinen Nebel

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