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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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und lasse sie mit 100 Gramm Zucker und einer kleinen Vanilleschote kochen. Man verquirle fünf Eier und gebe sie mit einer Prise Salz in die leicht abgekühlte Milch. – Man brenne 200 Gramm Zucker zu einem nicht zu dunklen Caramel, lösche es mit wenig Wasser ab, gieße es in eine vorgewärmte Puddingform und verteile es schnell auf alle Seiten, bevor es erstarrt. Man gebe die Milchmasse hinein und koche die geschlossene Form dreiviertel Stunden im Wasserbad. – Man stelle die Form einige Stunden sehr kalt, stürze den Pudding dann auf eine runde Platte, wobei sich das Caramel als Sauce darumlegt.
    Sie trat sozusagen in Thomas Lievens Leben – er wußte es nur noch nicht! Eine sehr schöne Frau. Das Haar – die Augen – die Lippen – die Formen – Donnerwetter! Und eine Haut wie Marzipan. Eine Frische, eine Gesundheit, eine Kraft. Die Dame war einmalig! Man sah sofort: Dunja konnte auf Mieder, Büstenhalter und andere lebenswichtige Hilfskonstruktionen normaler Damen verzichten. Sie kam herein und schloß die Tür und sah Thomas stumm und brütend an. Ihre Lippen öffneten sich halb, und ihre Augen schlossen sich halb …
    Eine wunderschöne Verrückte, durchzuckte es Thomas. Allmächtiger Vater, hilf! Ich glaube, wenn ich sie nicht küsse, erwürgt sie mich mit bloßen Händen. Oder sie ruft einen NKWD -Offizier herein und erklärt mich zum Saboteur.
    Draußen in der Villa erklangen Schritte. Sie fuhren auseinander. Es ist auch höchste Zeit, dachte Thomas.
    Dunja tastete abwesend nach seiner Hühnerkeule. »Rette mich«, flüsterte sie. »Flieh mit mir. Mein Mann liebt mich nicht mehr. Er tötet mich. Ich töte ihn. Oder du fliehst mit mir.«
    »Ma-ma-ma – hrm!!! Madame, wie kommen Sie auf den Gedanken, daß Ihr Mann Sie nicht liebt?«
    Dunja lachte dämonisch. »Du hast ihn gestern im Café besiegt. Früher hat er Männer halb totgeschlagen. Mich auch. Jetzt schlägt er mich überhaupt nicht mehr. Das ist keine Liebe … Ich spreche gut deutsch – nicht?«
    »Sehr gut.«
    »Deutsche Mutter. Du warst mir gleich sympathisch. Ich mache dich glücklich. Nimm mich mit nach drüben …«
    Die Schritte kamen näher.
    Dunja streichelte immer noch Thomas’ Keule, als der Oberst hereinkam. Er lächelte undurchsichtig: »Ach, chier bist du, mein Täubchen. Lernst kochen wie im kapitalistischen Westen, wo die Arbeiter unterdrückt werden? Was chaben Sie, Herr Lieven, ist Ihnen nicht gut?«
    »Es geht gleich vorüber, Herr Oberst. Könnte ich … könnte ich wohl einen Wodka haben?«
    9
    Eines war Thomas völlig klar: Er mußte zusehen, daß er so schnell wie nur möglich wieder zurück in den Westen kam. Diesem Pärchen war er nicht gewachsen.
    Die Sowjets würden also die gefälschten Pläne umsonst bekommen. Ein Glück, daß sie wenigstens wertlos waren …
    Bei Tisch kämpfte er noch verbissen, aber nur zum Schein, weil er wußte, daß die Russen derartige Tauziehereien lieben. Der Oberst widersprach ihm auch entzückt und mit Feuer. Dunja saß zwischen ihnen und betrachtete beide Herren brütend. Und es wurde fürchterlich gegessen und fürchterlich getrunken, aber nach den fetten Blini behielt Thomas diesmal einen klaren Kopf.
    »Also gut, Herr Oberst, ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag: Sie bekommen die Pläne umsonst, und dafür lassen Sie meinen Freund und noch einen anderen Herrn in den Westen.«
    »Anderen Cherrn?«
    »Herrn Reuben Achazian. Ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen. Noch ein bißchen von meiner Keule, gnädige Frau?«
    »Noch sehr viel von Ihrer Keule, Cherr Lieven.«
    »Ob ich diesen Cherrn Achazian kenne!« sprach der Oberst verächtlich. »Diesen Lumpen. Diesen Geschäftemacher. Was Sie wollen mit dem?«
    »Geschäfte machen«, sagte Thomas bescheiden. »Entschuldigen Sie, Herr Oberst, aber wenn die Rote Armee mir gerade eines kaputtgemacht hat, muß ich doch sehen, wie ich weiterkomme.«
    »Wocher Sie kennen dieses armenische Schwein?«
    »Dieses armenische Schwein habe ich in Zwickau kennengelernt, Herr Oberst.«
    In der Tat war Herr Reuben Achazian klein, fett, mit Haifischaugen und kleinem Schnurrbart im »Hotel zum Hirschen« erschienen, als Thomas an diesem Morgen gerade beim Frühstück saß. Ohne Umschweife war Herr Achazian zur Sache gekommen: »Passen Sie auf, lassen Sie mich reden, unterbrechen Sie mich nicht, ich habe es eilig, Sie auch; ich weiß, wer Sie sind .«
    »Woher?«
    »Reuben Achazian weiß alles. Nicht unterbrechen. Ich habe hier Schwierigkeiten.

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