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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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anheuern … Und wenn du nicht für uns arbeitest, dann lassen sie dich hochgehen …«
    Thomas ließ die Verzweifelte allein. In seinem Schlafzimmer setzte er sich an das offene Fenster und sah empor zu den Sternen, die über dem Mittelmeer glänzten. Über sein wildes, wirres Leben sann Thomas Lieven nach, über dieses tolle Abenteuer, das sich nun vollends im Kreise gedreht hatte, seit jenem warmen Tag im Mai 1939, an dem alles begann …

3. Kapitel
    1
    Schöne und charmante Leserin, kluger und geistreicher Leser! Was unserem Freund zwischen Mai 1939 und Mai 1957 widerfuhr, haben wir Ihnen auf den vergangenen Seiten erzählt.
    Ein großer, ein riesengroßer Kreis, der viele Menschen, Länder und Abenteuer, einen Weltkrieg und die Zeit danach umspannt, hat sich soeben geschlossen. Die Geschichte unseres Freundes aber ist noch nicht zu Ende.
    Durchaus nicht! Und so berichten wir denn weiter, was sich noch begab …
     
    Erst beim Frühstück begegnete Thomas der schönen Hélène wieder. Sie war blaß und nervös. Tiefe Schatten lagen unter den schönen Augen. »Kannst du mir verzeihen?«
    »Ich will es versuchen, mein Kind«, sagte er mild.
    »Und … und … und wirst du für uns arbeiten?«
    »Auch das will ich versuchen.«
    Sie stieß einen spitzen Freudenschrei aus. Als sie ihm um den Hals fiel, warf sie das Glas mit seinen weichen Eiern um. Er sagte: »Ich stelle natürlich meine Bedingungen. Ich will meinen Auftrag nicht von dir erhalten und nicht von deinem Chef, diesem Colonel Herrick, sondern vom ersten Mann des FBI .«
    Sie begann zu lachen: »Von Edgar Hoover? Komisch, der will sich nämlich auch unbedingt mit dir unterhalten! Wir hatten den Auftrag, dich unter allen Umständen nach Washington zu bringen …«
     
    Tja, wie es halt so geht im Leben!
    Am 23. Mai 1957 saß Thomas Lieven im Restaurant des Rhein-Main-Flughafens. Er war reichlich unruhig. Seine Repetieruhr zeigte zwanzig Minuten nach sechs. Um dreiviertel sieben startete die Superconstellation, die ihn nach New York bringen sollte. Und dieser verdammte Agent namens Faber war immer noch nicht da! Diesen verdammten Agenten namens Faber hatte ihm Colonel Herrick beim Abschied in Zürich in Aussicht gestellt. – »Faber wird Sie zu Hoover geleiten.« – Und nun kam dieser Faber nicht! Wütend starrte Thomas zum Eingang des Flughafenrestaurants.
    In diesem Augenblick trat eine junge Frau durch die Eingangstür. Thomas stieß ein leises Ächzen aus, eine heiße Woge brandete in ihm hoch, ein Prickeln zog über seinen ganzen Körper.
    Die junge Frau kam direkt auf ihn zu. Sie trug einen roten Mantel, rote Schuhe und eine rote Kappe, unter der schwarzblaues Haar hervorquoll. Der Mund der jungen Frau war groß und rot, die Augen waren groß und schwarz. Die Haut des Gesichtes war sehr weiß. Indessen sein Herz rasend schlug, dachte Thomas: Nein, nein, nein! Barmherzigkeit! Das kann nicht sein, das gibt es nicht! Chantal kommt auf mich zu, meine gute, tote Chantal, die einzige Frau, die ich je geliebt habe. Da kommt sie und lächelt mich an. O Gott, aber sie ist doch tot, sie wurde doch erschossen in Marseille …
    Die junge Frau trat an seinen Tisch. Thomas fühlte, wie ihm der Schweiß über den Rücken rann, als er sich schwankend erhob. Da stand sie, zum Greifen nah. »Chantal …« stöhnte er.
    »Nun, Thomas Lieven«, sagte die junge Frau mit heiserer, rauchiger Stimme. »Wie geht’s?«
    »Chantal …« stammelte er noch einmal.
    »Was sagen Sie?«
    Er holte Atem. Nein, sie war es nicht. Natürlich war sie es nicht. Was für ein Unsinn. Sie war kleiner. Zierlicher. Jünger. Ein paar Jahre jünger. Aber die Ähnlichkeit, diese phantastische Ähnlichkeit …
    »Wer sind Sie?« fragte er mühsam.
    »Ich heiße Pamela Faber. Ich fliege mit Ihnen. Entschuldigen Sie die Verspätung; mein Wagen hatte einen Defekt.«
    »Sie … Sie heißen
Faber?«
Um Thomas drehte sich noch immer alles. »Aber Colonel Herrick sprach von einem Mann.«
    »Colonel Herrick kennt mich nicht. Man sagte ihm etwas von einem Agenten. Da dachte er natürlich an einen Mann.«
    Sie lächelte breit. »Kommen Sie nur, Herr Lieven. Unsere Maschine ist startbereit.«
    Er starrte sie an wie eine Geistererscheinung. Und eine Geistererscheinung war Pamela Faber in der Tat. Eine süße, wehmütige Erinnerung, ein fernes Winken aus dem Reich der Toten …
    In 6000 Meter Höhe über dem Atlantik sprachen sie dann miteinander, leise, vertraut, beinahe die ganze

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