Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
nach der Punktmethode gebleicht hatte, waren alle unbrauchbaren Angaben verschwunden, auch die zu früh liegenden Daten in den Visen und Grenzpolizeistempeln und die Daten der Ausstellung und des Ablauftages.
    Nun entspannte der Meister eine halbe Stunde lang. Er tanzte ein bißchen, um wieder locker zu werden.
    Thomas kochte Kaffee. Bevor Pereira ihn trank, zerschlug er ein Ei und goß das Eiweiß auf einen flachen Teller: »Damit die Luft eine große Angriffsfläche hat. Wir sagen: Es muß gestanden haben!«
    Nach zehn Minuten füllte er sodann die Rillen und Täler, welche die Bleichmittel trotz aller Vorsicht in das Papier gefressen hatten, sorgfältig mit dem zähflüssigen, schnell trocknenden Eiweiß aus, damit wieder vollkommen ebene Flächen entstanden. Über diese stäubte er glanzloses Malerfixativ.
    Nun holte er das herausgelöste Foto des Kaufmanns Puntareras wieder herbei, schlug es in hauchdünnes Seidenpapier ein und verklebte dieses auf der Fotorückseite, damit es nicht verrutschen konnte. Mit einem Achatstift zog er auf dem Seidenpapier die Konturen des Stempelteiles nach, der sich auf dem Foto befand.
    Danach beschnitt er eines der vier Fotos des Majors Débras so, daß es um eine Winzigkeit größer war als das Bild Puntareras’, und legte ein Stückchen Kohlepapier darüber, dessen Farbe genau der Stempelfarbe entsprach. Von dem alten Foto löste er das Seidenpapier ab, legte dieses über das Kohlepapier auf Débras’ Foto und verklebte es wieder. Noch einmal zog er die gewonnenen Konturen mit dem Achatstift nach.
    Vorsichtig löste er danach die Hüllen. Débras’ Bild trug nun den Stempel.
    Schnell fixierte der Meister sein verwischbares Werk.
    Mit einer scharfen Zange lochte er nun Débras’ Foto an vorher genau festgelegten Stellen und befestigte es mit Gummiarabikum und zwei Schuhösen im Paß. Mit einer anderen Zange bördelte er die Ösen zu.
    Danach beschriftete er mit Tusche alle Stellen neu, die er gelöscht hatte. Der Meister sprach: »Man verändert, wo es geht, die alten Zahlen natürlich in neue, ähnliche, also eine 3 in eine 8, eine 1 in eine 4 …«
    Nach sechseinhalb Stunden angestrengter Arbeit stempelte Pereira ein portugiesisches Durchreisevisum und ein Einreisevisum für Dakar in den Paß und füllte sie aus.
    »Fertig!«
    Thomas applaudierte begeistert. Der Meister verneigte sich mit Würde: »Stets gerne zu ähnlichen Diensten bereit.«
    Thomas schüttelte ihm die Hand. »Ich werde nicht hiersein, um von Ihrer einmaligen Begabung weiterhin zu profitieren. Doch seien Sie guten Mutes, Reynaldo, ich schicke Ihnen eine hübsche Kundin. Ich bin sicher, Sie werden sich wundervoll miteinander verstehen …«
    9
    Unter dem Dach des großen Zeitungsgebäudes auf dem Praça Dom Pedro IV . liefen die letzten Nachrichten über ein Leuchtschriftband. Blicke aus tausend Augenpaaren waren voll Spannung, voller Angst auf die flimmernden Buchstaben gerichtet. Portugiesen und Emigranten drängten sich auf dem schönen Platz mit seinem schwarz-weißen Mosaikpflaster, saßen in den Straßengärten der Cafés, die den Platz säumten, starrten zu dem Leuchtschriftband empor, lasen …
    (United Press): Madrid – Gerüchte über deutsch-spanische Geheimverhandlungen behaupten sich hartnäckig – Deutsche Wehrmacht fordert angeblich freien Durchmarsch, um Gibraltar angreifen und Mittelmeer schließen zu können – Franco entschlossen, neutral zu bleiben – Britischer Botschafter warnt Spanien mit aller Entschiedenheit – Antibritische Demonstration in Barcelona und Sevilla …
    Zwei Männer saßen an einem Kaffeehaustisch am Straßenrand, Gläser mit Pernod vor sich. Der kleine, dicke Luis Tamiro blätterte in dem an diesem Nachmittag gefälschten Paß. Er brummte bewundernd: »Prima Arbeit, also wirklich!«
    »Wann fliegt Ihre Maschine?«
    »In zwei Stunden.«
    »Grüßen Sie Débras von mir. Er soll machen, daß er herkommt. In fünf Tagen läuft mein Schiff aus.«
    »Hoffentlich schafft er es bis dahin!«
    »Was heißt das?« fragte Thomas Lieven.
    Luis Tamiro zog sorgenvoll an seiner kleinen Brasilzigarre: »Die Spanier sind nach außen hin neutral. Aber sie lassen deutsche Agenten ganz hübsch arbeiten. Drei deutsche ›Touristen‹ bewachen den Major in Madrid auf Schritt und Tritt, Tag und Nacht. Jeder immer acht Stunden lang. Er weiß es. Die Kerle sind nicht abzuschütteln. Löffler, Weise und Hart heißen sie. Wohnen im ›Palace-Hotel‹ wie er.«
    »Was ist der Witz

Weitere Kostenlose Bücher